Alter Markt (Potsdam)

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Der Alte Markt (2016)
Stadtplan von Heinrich Berghaus, 1840
Der Alte Markt (2005)

Der Alte Markt ist ein zentral gelegener Platz in der Potsdamer Altstadt und bildet den historischen Kern der Stadt. Der Markt reicht vom Bereich des heutigen Staudenhofes im Norden bis zum als Brandenburgischer Landtag rekonstruierten Stadtschloss im Süden sowie von der heutigen Außenstelle der Fachhochschule Potsdam bis zum Komplex des Potsdam Museums. In der Mitte des Platzes stehen die Nikolaikirche als Potsdamer Stadtkirche und der Obelisk[1]. Der Alte Markt ist - bis auf den Zentralbau Karl-Friedrich Schinkels im Wesentlichen eine Raumschöpfung Friedrichs des Großen und seiner Architekten aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nach internationalen Vorbildern, vorwiegend aus Italien und Frankreich.[2][3] Im Gegensatz zum Neuen Markt wurde der Alte Markt in der Nacht von Potsdam schwer beschädigt bzw. vollständig zerstört. Seit mehreren Jahren betreibt die Stadt Potsdam den systematischen Wiederaufbau des Marktplatzes nach alten Plänen.

Geschichte

Blick auf das Stadtschloss um 1772

Das Stadtschloss wurde ursprünglich ab 1666 auf Befehl des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm erbaut. An derselben Stelle stand vorher bereits eine Burganlage, die den Havelübergang an der Langen Brücke schützte. Der Alte Markt wurde unter Friedrich dem Großen in der Mitte des 18. Jahrhunderts als römische Piazza umgestaltet und alle Bauten, auch das Stadtschloß, überformt bzw. mit neuer Fassade versehen. Die Fassaden wurden vom König vorzugsweise an in seiner Zeit beispielgebende und bekannte Bauwerke aus Italien, Frankreich und den Niederlanden angelehnt, die Friedrichs Baumeister auf die Potsdamer Größenverhältnisse skalierten und nachempfanden.

Auf dem Alten Markt fand schon zu Zeiten Friedrichs Dienstags und Samstags der Wochenmarkt der Residenzstadt Potsdam statt. Den Markt prägten neben der Kirche und dem Obelisk das Rathaus, die Marktflügel des Stadtschlosses und der Palast Barberini. Über den Markt führte seit 1880 die Potsdamer Pferdebahn, seit 1904 die Straßenbahn Potsdam. In einer Wohnung auf der Ostseite des Stadtschloßes wohnet Alexander von Humboldt und verfasste dort wesentliche Teile seiner Schrift Kosmos, ihm zu Ehren trägt die frühere Straße Am Schloß seinen Namen. Mitte des 19. Jahrhunderts ließ König Friedrich Wilhelm IV. den Palast Barberini kommunalisieren und machte die Festsäle der Öffentlichkeit zugänglich. Die übrigen Räume wurden Potsdamer Vereinen zur Verfügung gestellt. Nach dem Ende der Monarchie tagte die Stadtverordnetenversammlung im ehemaligen Schloßtheater an der Norseiteseite des Stadtschlosses. Weitere Räume wurde von der Stadtverwaltung genutzt, das Stadtschloß wurde Museum.

Nachdem nur einige Gebäude des historischen Ensembles die Bombardierungen des Zweiten Weltkrieges überstanden hatten, wurde der Platz umgestaltet. Nach 1945 wurden die Nikolaikirche und das Alte Rathaus wiederaufgebaut, der Marmorobelisk mit russischem Marmor 1979 restauriert. Der Schaft des Obelisken zeigte ursprünglich Medaillons der vier Hohenzollernherrschern, die das Bild Potsdams nachhaltig prägten: Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm sowie die Könige Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. Bei der Restaurierung wurden sie durch Porträts vier bedeutender Architekten Potsdams ersetzt: Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Carl Philipp Christian von Gontard, Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius, um den Bezug zu den Hohenzollern aufzuheben[4]. Das wiederaufbaufähige Potsdamer Stadtschloss wurde 1960 nach einem Politbürobeschluß der SED gesprengt und die Überreste abgetragen. Auch die teils schwer beschädigten Gebäude an der Südseite des Platzes wurden vollständig abgetragen und der Platz zu einem sozialistischen Stadtzentrum umgestaltet[5]. Der Alte Markt war damit an seiner Südseite offen und verlor den Charakter eines geschlossenen Platzes. Westlich wurde zwischen 1971 und 1977 ein modernes, zweckdienliches Lehrgebäude für das "Institut für Lehrerbildung" für die zentrale Lehrerbildung erbaut, das 1977 von Margot Honecker eingeweiht wurde und kurz vor dem Mauerfall an der Stelle des Stadtschlosses ein Theaterneubau begonnen. Dessen Rohbau wurde nach einigen Jahren aber wieder abgerissen, nachdem die Stadtverordnetenversammlung bereits 1990 beschlossen hatte, die Entwicklung des Stadtbildes wieder an die historische Gestalt anzupassen. Nachdem am Ufer des Tiefen Sees eine neue Spielstätte für das Hans-Otto-Theater eröffnet worden war, konnte 2007 das hierfür errichtete provisorische Theaterhaus, wegen seiner Wellblechfassade auch Blechbüchse genannt, wieder abgebaut und die schrittweise Rekonstruktion des Platzes begonnen werden.

Bauwerke

  • Das Alte Rathaus (Ostseite), eine 1753-55 durch Jan Bouman entstandene Kopie der unausgeführten Palastfassade Palladios für den Grafen Angarano in Vicenza. Das Gebäude mit vergoldeter Atlasstatue nach Motiven des ehem. Amsterdamer Rathauses beherbergt heute das Potsdam Museum, das sich auch auf die Nebenbauten erstreckt, das sogenannte Windelbandsche und Lehmannsche Haus (auch häufig als Knobelsdorffhaus bezeichnet, obwohl dieser dort nie gewohnt hat)[6].
  • Die evangelische Nikolaikirche, ein klassizistischer Zentralbau nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel.
  • Der Marmorobelisk wurde 1753 nach einem Entwurf von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff errichtet, um den Charakter als römischen Platz zu betonen. Die Nikolaikirche wurde nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel 1830 bis 1837 als Zentralbau im klassizistischen Stil errichtet. Der Obelisk wurde 2014 saniert[7]
  • Der Bau des Brandenburgischen Landtages mit der Außen- und Hoffassade des ehem. Stadtschlosses. Das Fortunaportal als marktseitiger Eingang des Schlosses wurde bereits 2002 dank einer Spende des Fernsehmoderators Günther Jauch originalgetreu wiederhergestellt. Stück für Stück erhält der Bau seine Attikafiguren wieder. Auch die beiden tempelartigen Kopfbauten des Stadtschlosses (Theaterflügel im Osten und Luisenflügel im Westen) erhalten nach und nach ihre Attikabekönung zurück. Im Inneren nur Originalteile des berühmten Treppenhauses eingefügt.
  • An der Südseite des Platzes ist der Palast Pompei als Nachbau des 1540 errichteten veroneser Palazzo Pompei von Michele Sanmicheli wiedererstanden. Die erste Kopie des Renaissance-Adelspalastes besorgte Carl Ludwig Hildebrandt im Jahr 1754. In die Fassade sind originale Maskarons des ersten Potsdamer Baus eingefügt worden, die als dunkle Bauelemente auffallen[8].
  • Ebenfalls an der Südseite errichtete der Software-Milliardär Hasso Plattner das Museum Barberini (Eröffnung im Januar 2017 geplant) als Kopie des Vorgängerbaus Palast Barberini unter Hinzufügung neuer, havelseitiger Seitenflügel des Architekten Thomas Albrecht. Den barocken Bau errichtete Carl von Gontard 1771/2 nach Motiven des römischen Renaissancepalastes Palazzo Barberini, vor allem dessen Zitat der Mittelfassade von Gian Lorenzo Bernini.
  • Beide Palastkopien werden durch das Noacksche Haus[9] verbunden, das Carl von Gontard 1777 im palladianischen Stil auf dem schmalen, dazwischen liegenden Grundstück entwarf. Auch dieser Bau ist eine Fassadenkopie der friderizianischen Fassung des Hauses. Eine mitunter behauptete Verwandtschaft des Noackschen Hauses mit dem Chiericati-Palast in Vicenza ist nicht belegbar und wohl ein Marketinggag des Bauträgers. um die entstandenen Eigentumswohnungen besser zu vermarkten.[10][11]
  • An der Westseite steht noch heute das Gebäude des in den 1970er Jahren errichteten ehem. Instituts für Lehrerbildung der DDR, in dem heute noch zwei Fakultäten der Fachhochschule Potsdam untergebracht ist. Der Stahlbetonbau ist eine Fassadenkopie eines Bankgebäudes Mies van der Rohes, das dieser 1962 in Des Moines, Iowa, USA errichtete. Offenbar wollten die Bauverantwortlichen die Weltläufigkeit ihrer Baupolitik unterstreichen.

Ausblick

Die FH wird nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 2017 abgebrochen. Anstelle des quer zur ehem. Altstadt stehenden DDR-Gebäudes sollen die historischen Straßenzüge Schwertfegerstraße und Kaiserstraße mit etwa 50 neu zu errichtenden Häusern wiederentstehen. An der Ecke zum Alten Markt soll die Rekonstruktion des Klingnerschen Hauses wiederentstehen, das von Johann Boumann errichtet wurde und im Krieg verloren ging. Zusammen mit dem Lehmannschen Haus bildete der Bau ein gegenüberliegendes Gebäudepärchen mit Dreiecksgiebeln. Auf der Nordseite des Alten Marktes sollen zwei weitere Fassaden nach Andrea Palladio entstehen.

Gegen diese Pläne sammelten verschiedene Initiativen in Potsdam Unterschriften und strebten ein Bürgerbegehren gegen die Umgestaltung und zum Erhalt des Baus des ehem. Instituts für Lehrerbildung an. Trotz ausreichender Unterschriftenzahl von mehr als 10 Prozent der Stimmberechtigten wurde das Bürgerbegehren von der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. Die Initiatoren kündigten hiergegen verwaltungsrechtliche Schritte an[12].

Bauvorhaben am und um den Alten Markt:


Näheres Umfeld des Alten Markts:

Weblinks

Commons: Alter Markt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Friedrich Nikolai, Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten, Berlin 1779, S. 869, "Auf dem Platze selbst stehen die Nikolaikirche undder Obelisk".
  2. Friedrich Mielke, das klassische Potsdam, München 1981.
  3. Hans Kania, Potsdamer Baukunst: Eine Darstellung Ihrer Geschichtlichen Entwicklung, Potsdam 1923
  4. Helmut Caspar: Fürsten,Helden, große Geister, Denkmalgeschichten aus der Mark Brandenburg, Berlin Edition 2004, S.77-78
  5. Christina Emmerich-Focke, Stadtplanung in Potsdam 1945-1990, Potsdam 1999
  6. Friedrich Mielke, Das Bürgerhaus in Potsdam, Textteil, Tübingen (Ernst Wasmuth Verlag) 1972, S. 330.
  7. PNN – Obelisk am Alten Markt fertig saniert; 24. November 2014
  8. Vgl.: Hans-Joachim Giersberg, Friedrich als Bauherr, Berlin (Siedler-Verlag) 2001
  9. Friedrich Nikolai, Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten, Berlin 1779, S. 863.
  10. Die Autorin der jüngsten Gontard-Monographie, Astrid Fick, bekennt, dass beim Noackschen Haus ein "Vorbild nicht bekannt" sei. In: Astrid Fick: Potsdam - Berlin - Bayreuth, Carl Philipp v. Gontard und seine bürgerlichen Wohnhäuser, Immediatbauten und Stadtpalais, Petersberg (Imhof Verlag) 2000, Seite 87.
  11. Herbert Pée, Die Palastbauten des Andrea Palladio, Würzburg (Konrad Triltsch Verlag) 1941, S. 30 (zum Chiericati).
  12. http://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Streit-um-Kompromiss-zur-Potsdamer-Mitte
  13. Tagesspiegel – Potsdam hat sein Herz wieder; 10. Oktober 2013
  14. Warten auf Steuben
  15. Neues Leben an der Alten Fahrt. MAZ-Online, 4. September 2015, abgerufen am 5. November 2015.
  16. PNN – Baustart an der Alten Fahrt vom 30. September 2013

Koordinaten: 52° 23′ 45″ N, 13° 3′ 40″ O