Andokides-Maler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Bilingue Bauchamphora München, Staatliche Antikensammlungen 2301: rotfigurige Seite, Herakles beim Gelage
Bilingue Bauchamphora München, Staatliche Antikensammlungen 2301: schwarzfigurige Seite, Herakles beim Gelage (Detail)

Der Andokides-Maler war ein attischer Vasenmaler der Spätarchaik. Der von etwa 530 bis 510 v. Chr. tätige Künstler gilt meist als der „Erfinder“ der rotfigurigen Vasenmalerei.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der eigentliche Name des Andokides-Malers ist nicht überliefert. Seinen Notnamen erhielt er nach dem Töpfer Andokides, der fünf von ihm bemalte Gefäße signierte. Abgesehen von drei Augenschalen sind alle seine Vasen Bauchamphoren des sogenannten „Typus A“. Der Maler gilt als Schüler des bedeutenden schwarzfigurigen Vasenmalers Exekias. Ihm werden die ersten Versuche, im rotfigurigen Stil zu malen, zugeschrieben. Daneben experimentierte er auch mit weißgrundiger Bemalung.

Sieben der ihm zugeschriebenen Vasen, sechs Bauchamphoren und eine Augenschale, sind sogenannte Bilinguen mit einer rotfigurig und einer schwarzfigurig bemalten Seite. John D. Beazley schrieb die schwarzfigurige Seite dieser Vasen dem Lysippides-Maler zu, wie auch eine Reihe weiterer, ganz schwarzfigurig bemalter Gefäße. Schon Beazley war sich nicht sicher, ob es sich hierbei um zwei Malerpersönlichkeiten handelte oder um einen Maler mit unterschiedlichen Stilelementen in den Techniken. Letztlich entschied er sich jedoch für zwei verschiedene Maler; die Gründe dafür wurden vor allem von Beth Cohen wie auch von Heide Mommsen deutlich herausgearbeitet. Für die Einheit der beiden Maler sprachen sich etwa Konrad Schauenburg, Herbert Marwitz und John Boardman aus; Martin Robinson und andere hielten sich unentschieden in der Frage. Gegen eine Identität sprechen die deutlichen stilistischen Unterschiede in der Detailzeichnung von rotfigurigen und schwarzfigurigen Bildern besonders bei anatomischen Angaben. Die Befürworter sehen dies als absichtliches Stilelement, als gewollte Gegenüberstellung der verschiedenen Möglichkeiten der beiden Malstile. „Die Diskrepanz zwischen der traditionell-gebundenen Malweise des Lysippides-Malers und den unbefangenen und sensiblen rotfigurigen Bildern [des Andokides-Malers], trotz gegenseitiger Anpassung, lässt sich nur mit dem unterschiedlichen Charakter von zwei Meistern erklären“ (H. Mommsen).

Die Bilder des Andokides-Malers zeigen meist mythische Themen, wobei Heraklesdarstellungen überwiegen. Die Figuren wirken etwas eckig und steif, „strahlen aber einen naiven, heiteren Charme aus“ (Irma Wehgartner). Auffällig ist die sparsame Binnenzeichnung der Körper im Gegensatz zur sehr ornamentalisierten Darstellung der Bekleidung. Die Möglichkeiten der rotfigurigen Malerei schöpfte der Andokides-Maler noch nicht aus, das blieb der Pioniergruppe um Euphronios vorbehalten. Die Nähe seines Stils zu dem der Friese des Schatzhauses der Siphnier in Delphi lassen eine Datierung der frühesten Werke und somit der frühesten rotfigurigen Vasenmalerei um das Jahr 530 v. Chr. zu.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bilingue Bauchamphoren, bemalt zusammen mit dem Lysippides-Maler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

bilingue Bauchamphora 151
Vorderseite: Dionysos zwischen Mänade und Satyrn, Rückseite: Herakles und der nemeische Löwe[1]
  • Boston, Museum of Fine Arts
bilingue Bauchamphora 99.538
Vorder- und Rückseite: Herakles und der kretische Stier[2][3]
bilingue Bachamphora 01.8037
Vorder- und Rückseite: Achill und Ajax beim Brettspiel[4][5]
  • London, British Museum
bilingue Bauchamphora B 193
Vorderseite: Herakles und der nemeische Löwe zwischen Athena und Iolaos, Rückseite: Ajax und Achill beim Brettspiel[6][7]
  • München, Antikensammlung
bilingue Bauchamphora 2301
Vorder- und Rückseite: Herakles beim Gelage
  • Paris, Louvre
bilingue Bauchamphora F 204
Vorderseite: Herakles und Kerberos, Rückseite: Dionysos mit Kantharos zwischen Mänade und Satyrn[8][9]

Sonstige Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Berlin, Antikensammlung
Bauchamphora F 2159
Vorderseite: Streit um den Dreifuß, Rückseite: Ringer (signiert vom Töpfer Andokides)[10]
  • Budapest
Augenschale 51.28
  • Leipzig, Antikenmuseum der Universität
Bauchamphora T 635
  • New York, Metropolitan Museum
Bauchamphora mit schwarzfiguriger Lippe 63.11.6
Vorderseite: Streit um den Dreifuß, Rückseite Dionysos mit Kantharos zwischen Mänade und Satyr (signiert vom Töpfer Andokides; Maler der Lippe: Lysippides-Maler)[11]
  • Orvieto, Museo Claudio Faina
Bauchamphora 64
  • Palermo, Museo Archeologico Regionale
bilingue Augenschale V 650 (2051)
Krieger und Bogenschützen (signiert vom Töpfer Andokides; zusammen mit dem Lysippides-Maler)[12]
  • Paris, Louvre
Bauchamphora F 203
Vorderseite: Amazonen, Rückseite badende Frau (signiert vom Töpfer Andokides)[13][14]
Bauchamphora G 1
Vorderseite: Kämpfende Krieger zwischen Athena und Hermes, Rückseite: Jüngling mit Kithara (signiert vom Töpfer Andokides)[15][16]
  • Basel, Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (ehemals Schweiz, Privatbesitz)
Bauchamphora BS 491
  • Taranto, Museo Archeologico Nazionale
Fragmente einer Bauchamphora

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Konrad Wernicke: Andokides 2. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2129.
  • John D. Beazley: Attic Black-figure Vase-painters. Oxford 1956, S. 254.
  • Konrad Schauenburg: Eine neue Amphora des Andokidesmalers. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 76, 1961, S. 48–71.
  • Herbert Marwitz: Zur Einheit des Andokidesmalers. In: Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes 46, 1961–63, S. 73–104.
  • John D. Beazley: Attic Red-Figure Vase-Painters. 2nd. ed. Oxford 1963, S. 2–6. 1617.
  • Elfriede R. Knauer: Die Berliner Andokides-Vase. Reclam, Stuttgart 1965 (Werkmonographien zur Bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek 103).
  • Dietrich von Bothmer: Andokides the Potter and the Andokides Painter. In: The Metropolitan Museum of Art Bulletin 24, 1965–66, S. 201–212.
  • János György Szilágyi: Une coupe du Peintre d’Andokidès. In: Bulletin du Musée hongrois des beaux-arts 28, 1966, S. 13–29.
  • John D. Beazley: Paralipomena. Additions to Attic black-figure vase-painters and to Attic red-figure vase-painters. Oxford 1971, S. 320–321.
  • John Boardman: Schwarzfigurige Vasen aus Athen. Ein Handbuch (= Kulturgeschichte der Antiken Welt. Bd. 1). Philipp von Zabern, Mainz 1977, ISBN 3-8053-0233-9, S. 114–115.
  • Beth Cohen: Attic Bilingual Vases and their Painters. New York 1978, ISBN 0-8240-3220-9.
  • John Boardman: Rotfigurige Vasen aus Athen. Die archaische Zeit (= Kulturgeschichte der Antiken Welt. Bd. 4). Philipp von Zabern, Mainz 1981, ISBN 3-8053-0234-7, S. 17–20.
  • Marianne Pécasse: Une coupe du Peintre d’Andokidès. In: Bulletin du Musée hongrois des beaux-arts 72, 1990, S. 15–26.
  • Martin Robertson: The art of vase-painting in classical Athens. Cambridge 1992, S. 9–14.
  • Irma Wehgartner: Andokides (2). In: Der Neue Pauly (DNP). Band 1, Metzler, Stuttgart 1996, ISBN 3-476-01471-1, Sp. 685.
  • Heide Mommsen: Lysippides-Maler. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 7, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01477-0, Sp. 610.
  • Marianne Pécasse: Recherches sur l’atelier d’Andokidès: transmission de modèles et circulation d’artisans. Dissertation Université Panthéon-Sorbonne Paris 2001.
  • Elizabeth Simpson: The Andokides Painter and Greek Carpentry. In: Essays in honor of Dietrich von Bothmer. Amsterdam 2002, S. 303–316 (Digitalisat).
  • Beth Cohen: Bilingual Vases and Vase-Painters. In: Beth Cohen: The Colours of Clay. Special Techniques in Athenian Vases. Los Angeles 2006, S. 18–25.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Andokides Painter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 200010, Bologna, Museo Civico Archeologico, Bologna, Museo Civico Archeologico, 18107. Beazley Archive, abgerufen am 9. April 2014.
  2. Boston 99.538 (Vase). Perseus.tufts.edu, abgerufen am 26. September 2010.
  3. Museum of Fine Arts, Boston: Collections Search Results. mfa.org, abgerufen am 1. Mai 2021.
  4. Boston 01.8037 (Vase). Perseus.tufts.edu, abgerufen am 26. September 2010.
  5. Museum of Fine Arts, Boston: Collections Search Results. mfa.org, abgerufen am 1. Mai 2021.
  6. London B 193 (Vase). Perseus.tufts.edu, abgerufen am 26. September 2010.
  7. 200008, London, British Museum, B193. Beazley.ox.ac.uk, abgerufen am 9. April 2014.
  8. Louvre F 203 (Vase). Perseus.tufts.edu, abgerufen am 26. September 2010.
  9. Site officiel du musée du Louvre. Cartelfr.louvre.fr, abgerufen am 26. September 2010.
  10. Berlin F 2159 (Vase). Perseus.tufts.edu, abgerufen am 26. September 2010.
  11. Terracotta amphora (jar) | The Metropolitan Museum of Art. Metmuseum.org, abgerufen am 13. Juni 2022.
  12. Beazley Archive Pottery Details. Beazley.ox.ac.uk, archiviert vom Original am 11. März 2007; abgerufen am 9. April 2014 (englisch).
  13. Louvre F 204 (Vase). Perseus.tufts.edu, abgerufen am 26. September 2010.
  14. Site officiel du musée du Louvre. Cartelfr.louvre.fr, abgerufen am 26. September 2010.
  15. Louvre G 1 (Vase). Perseus.tufts.edu, abgerufen am 26. September 2010.
  16. Site officiel du musée du Louvre. Cartelfr.louvre.fr, abgerufen am 26. September 2010.