Benutzer:Zwikki/Relativistische Masse

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Die relativistische Masse (auch: dynamische Masse) bezeichnet (gemäss der speziellen Relativitätstheorie) die veränderliche Grösse einer Masse bei Relativbewegung zu einem Bezugssystem, in dem sie bei Ruhe die Ruhemasse besitzt. Die Masse eines Körpers wächst mit zunehmender Relativgeschwindigkeit gemäss der Formel

Hierin bedeuten die relativistische Masse, die Relativgeschwindigkeit, die Ruhemasse und die Lichtgeschwindigkeit.

Wichtig: Im Hauptartikel Relativistischer Impuls wird die korrektere und allgemeinere Auffassung dargestellt (Vierervektoren bzw. physikalische Vektoren oder Tensoren). Dort wird auch auf die Unterschiede und Vorteile gegenüber der historischen Interpretation eingegangen.


Modere theoretische Physiker betrachten den Begriff der relativistischen Masse als eine Interpretation verschiedener Gleichungen aus den Anfangstagen der speziellen Relativitätstheorie. Er ist unpräzise und wird deshalb in theoretischen Abhandlungen nicht mehr verwendet. Es hat lange gedauert um diesen noch klassischen Begriff los zu werden und ein moderneres und allgemeineres Konzept - ohne relativistische Masse - einzuführen. Statt dessen wird heute in der Regel der relativistische Impuls[1] verwendet.

Das Intrinsitäts-Problem

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Die Ruhemasse eines Elementarteilchens ist eine intrinsische Eigenschaft, d.h. sie haftet dem Teilche unmittelbar an, sie gehört (zu) ihm. Die relativistische Masse ist hingegen keine solch intrische Eigenschaft, sondern eine Funktion der Relativgeschwindigkeit gegenüber Teilchen oder Körpern, die in anderen Bezugssystemem "ihre" eigene Ruhemasse haben. Sie ist keine Eigenschaft die einem Teilchen anhaftet, sondern Systemeigenschaft zweier Teichen in einer Geschwindigkeitsbeziehung (Relativgeschwindigkeit). Genau genommen kann also von einer relativistischen Masse eines betrachteten Teilchens gar nicht gesprochen werden, denn für sich betrachtet hat es keine; haben kann ein Teilchen nur eine Ruhemasse. Der Begriff relativistischer Impuls kennt dieses Intrinisitäts-Problem nicht. Er enthält per Definition eine Geschwindigkeit und ist damit selbstverständlich eine (extrinische) relativistische Systemeigenschaft.

In populärwissenschaftlichen Büchern, Handbüchern und teilweise auch Vorlesungen zur Experimentalphysik ist der Begriff der relativistischen Masse jedoch immer noch sehr verbreitet. Vor allem verwenden ihn alle Ingenieure und Techniker, beispielsweise zur Berechung der elektrischen und magnetischen Felder von Teilchenbeschleunigern. Überhaupt ist obige relativistische Massenformel eine der wichtigsten, in der Ingenieurpraxis angewendeten, Ergebnissse der beiden Relativitätstheorieen. Wie die in der Praxis bewährte (also richtige) Massenformel trotz dieses Intrinsitätesproblems in drei einfachen Schritten und mit nur wenigen, einfachen Rechnungen hergeleitet werden kann, wird nachfolgend gezeigt.

Einfach Herleitung der bewährten Massenformel

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Die beiden Grundsätze

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Die relativistische Massenformel ergibt sich aus zwei einfachen physikalischen Grundsätzen[2]:

  • Relativistisches Additionstheorem: Wenn sich in eine Masse gegenüber einem (anderen) Bezugssytem mit der Geschwindigkeit bewegt, und dieses System relativ zum eigenen Bezugssystem eine Systemgeschwindigkeit besitzt, so beträgt die Geschwindigkeit der betrachteten Masse gegenüber dem eigenen Bezugssystemsystem:
  • Erhaltung des Schwerpunkts: Bei Wechselwirkungen zwischen (zwei) Körpern bleibt deren Schwerpunkt (genauer deren Massenmittelpunkt) erhalten. Entsprechend gilt für zwei Massen , und deren Schwerpunktsabstände ,

Das Gedankenexperiment

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Gegenstand des folgendes Gedankenexperiments sind zwei identische Massen A und B im (ideal) kräftefreien Weltraum. A und B berühren jeweils ein Ende einer (ideal) masselosen Spiralfeder die mittels eines an den Enden befestigten (ideal) masselosen Fadens vorgespannt ist. A und B bilden somit zusammen ein Massensystem, dessen Schwerpunkt S in der Mitte der Feder liegt. Bei Durchtrennungi des spannenden Fadens werden die beiden Massen zunächst kurzzeitig beschleunigt. Danach haben sie genau entgegengesetzte Geschwindigkeiten gegenüber dem Schwerpunkt S, womit dieser stets erhalten bleibt.

Ein mit der Masse A bewegter Beobachter sieht dann die im Schwerpunkt S zurückgebliebene Feder mit der Geschwindigkeit v davonfliegen; für die andere Masse B wird er aber nicht die Gescheindigkeit 2v messen, sondern nur eine kleinere Geschwindigkeit.

Weil der mit A bewegte Beobachter weiss, dass sich das gemeinsame Bezugsystem S mit der Relativgeschwindigkeit bewegt, und sich die Masse B relativ dazu mit der Geschwindigkeit bewegt, kann er die Geschwindigkeit w der Masse B relativ zur in seinem eigenen System ruhenden Masse A gemäss dem relativistischen Additionstheorem sofort berechnen. Für ergibt sich durch Einsetzen von für und in die obige allgemeine Formel

Nun weiss der Beobachter in A aber auch, dass bei diesen Abläufen der Schwerpunkt S des Systems A und B noch immer in der Mitte der Feder liegt, denn die Federwirkung auf die beiden Massen ist eine objektive Tatsache von absoluter Bedeutung, welche den Schwerpunkt nicht verschiebt. Anderseits fliegt die Masse B weniger als doppelt so schnell davon als der Schwerpunkt S, so dass sich S stets näher bei B als bei A befindet.

Daraus folgt, weil die Schwerpunktsabstände stets umgekehrt proportional zur Grösse der Massen sind, dass B nicht mehr die Masse m besitzen kann, sondern eine etwas grössere Masse m' haben muss. Die Grösse diese Masse m' ergibt sich aus obiger Beziehung zwischen Massen und deren Schwerpunktsabständen mittels der relativistischen Massengeschwindigkeit w und der relativen Systemgeschwindigkeit v zu

Zwei inverse Umformungen

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Damit ist die relativistische Masse m' von B erst durch die Geschwindigkeit v des Systemschwerpunkts S dargestellt, aber noch nicht als Funktion der relativistischer Geschwindigkeit w gegenüber A. Um diese Abhängigkeit (relativ einfach) zu berechnen wird zunächst der Ausdruck von w quadriert

Weiters wird der inverse Ausdruck m / m' ebenfalls quadriert, danach der Zähler durch den Nenner ausgedrückt und schliesslich der Ausdruck für w² eingesetzt

Die Wurzel aus dem inversen Ergebnis m² / m'² ergibt dann sofort die Formel für das relative Massenverhältnis als Funktion der relativistischen Geschwindigkeit w

In der Literatur wird diese Beziehung meist (wie oben) in folgender Form dargestellt

  1. Siehe z.B. D. Meschede: Gerthsen Physik, Springer 2006, 23. Auflage, ISBN 3-540-25421-8, Abschnitt 12.8 S. 639. In der 23. Auflage wird vom relativistischen Impuls gesprochen, in der 22. Auflage davor hingegen noch von relativistischer Masse.
  2. Siehe z.B. D. Meschede: Gerthsen Physik, Springer 2004, 22. Auflage, ISBN 3-540-02622-3, Abschnitt 18.2.6, S. 892. (Der „Gerthsen“ gehört zu den beliebtesten und bekanntesten deutschsprachigen Kompendien der Physik.)