Bickenriede

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Bickenriede
Gemeinde Anrode
Koordinaten: 51° 15′ N, 10° 21′ OKoordinaten: 51° 15′ 9″ N, 10° 20′ 54″ O
Höhe: 298 m ü. NN
Fläche: 17,6 km²
Einwohner: 1460 (9. Jun. 2016)Einwohner-Bestandsstatistik
Bevölkerungsdichte: 83 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1997
Postleitzahl: 99976
Vorwahl: 036023
Bickenriede (Thüringen)
Bickenriede (Thüringen)

Lage von Bickenriede in Thüringen

Zu den Wahrzeichen des Ortes zählt die Kirche St. Sebastian
Zu den Wahrzeichen des Ortes zählt die Kirche St. Sebastian

Bickenriede ist ein Pfarrdorf am Rand des Eichsfeldes mit 1.460 Einwohnern.[1] Der Ort liegt im Unstrut-Hainich-Kreis, im nordwestlichen Teil Thüringens. Zum 1. Januar 1997 wurde Bickenriede Teil der neu gegründeten Einheitsgemeinde Anrode[2], der auch noch Lengefeld, Zella, Hollenbach und Dörna angehören.

Geschichte

Der Ort wurde erstmals in einer Schenkungsurkunde derer von Kirchberg am 12. August 1146 urkundlich erwähnt.[3]

An diesem Tag bestätigte Erzbischof Heinrich I. von Mainz dem Erfurter Peterkloster eine Mühle und 8 Hufen mit ebenso viel Hofstätten und 2 Wäldchen zu „Bichenrid“ als Geschenk von den Brüdern Folrad und Flartog von Kirchenberg. Bis 1294 waren die Grafen von Gleichenstein die Herren über Bickenriede. Ursprünglich wurde dieses Gebiet nur Eichsfeld genannt und erstreckte sich von Ammern und Lengefeld bis Heiligenstadt. Am 15. November 1294 verkauften die Grafen von Gleichen infolge hoher Verschuldung das Eichsfeld an das Erzstift Mainz. Im Jahr 1802 wurde das Fürstentum Eichsfeld, damit auch Bickenriede dem Königreich Preußen zugewiesen.

Das Dorf Bickenriede wurde 1816 dem Kreis Mühlhausen zugeordnet. Aber auch von Überschwemmungen, Seuchen und Hungersnöten blieb Bickenriede nicht verschont. In den Jahren 1836 bis 1888 verließen viele Bürger ihr Heimatdorf und wanderten in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Nachweislich sind in diesem Zeitraum mit Genehmigung 254 Personen nach Amerika ausgewandert.

Der Dorfname Bickenriede wird verschieden erklärt. Außerdem änderte er sich im Laufe der Zeit bis zum heutigen Bickenriede. Die wahrscheinlichste Erklärung ist wohl in der Ableitung von dem urkundlichen Wort „Bickenrid“ zu sehen. Der Name könnte hernach von „Buchenried“ herrühren und bedeutet somit eine sumpfige Niederung, die mit Buchen bewachsen ist.[4]

Anfang April 1945 rückten von Westen Truppen der US Army auf Bickenriede zu. Es kam zu einem Gefecht am Ortsrand und Beschuss durch US-Artillerie, wodurch mehrere Gebäude im Dorf abbrannten. Bickenriede wurde zweimal von den Amerikanern besetzt, am 4. und am 7. April. Auf dem Friedhof Bickenriede liegen die Gräber von sechs deutschen Soldaten; davon drei namentlich unbekannte, die bei diesen Kämpfen in der Bickenrieder Flur gefallen sind. Anfang Juli 1945 wurden die Amerikaner durch die Rote Armee abgelöst. So kam Bickenriede zur SBZ, dann DDR, und machte alle entsprechenden gesellschaftlichen Veränderungen mit.

Einwohnerentwicklung

Entwicklung der Einwohnerzahl von 1675 bis heute:

Jahr Einwohner
1675 319
1727 605
1787 774
1819 930
1840 1.125
1994 1.682
2009 1.536
2011 1.487
2013 1.470
2014 1.468
2016 1.460

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Traditionspflege

  • Die Bickenrieder Kirmes (Kirchweih) beginnt jeweils am Sonntag nach dem 9. Oktober mit einem Gottesdienst. Montag findet ein Umzug statt, der Dienstag dient der „Hammelfahrt“. Zum Abschluss der Kirmes findet das Hammelessen und die „Rasur der Hammeljungen“ statt.
  • Der Maisprung ist das bedeutendste Fest im Frühjahr, das Abbrennen der Maifeuer beginnt in den Abendstunden des 30. Aprils (Walpurgisnacht), zur „Kulthandlung“ wird der um Mitternacht angesetzte Sprung über das noch lodernde Feuer (wenn vorhanden mit Partner). In manchen Jahren wurden bis zu 120 Feuerstellen gezählt.[5]

Kloster Anrode

Am Mühlhäuser Landgraben bei Bickenriede im Spätherbst
Steinerner Tisch auf dem Bickenrieder Anger

Das Kloster Anrode wurde vermutlich 1267 durch die Zisterzienserinnen des Klosters Beuren gegründet. Es wurde 1810 im Zuge der Säkularisation aufgehoben. 1993 wurde das Kloster von der Gemeinde Bickenriede gekauft und wird seitdem überwiegend mit Landes- und Bundesmitteln restauriert.

Der Mühlhäuser Landgraben

Der Mühlhäuser Landgraben ist eine spätmittelalterliche Befestigungsanlage der ehemaligen Reichsstadt Mühlhausen und verläuft auch durch die Flur von Bickenriede. Von der Anlage blieben der Graben und Grenzsteine aus jüngerer Zeit erhalten. Der bewaldete Graben ist auch als Bodendenkmal und Naturdenkmal geschützt.

Katholische Pfarrkirche St. Sebastian

Von der spätmittelalterlichen Kirche blieb nur der auch als Warte genutzte Turm aus dem Jahr 1499 erhalten. Die heutige Kirche wurde von A. Wagner in den Jahren 1920 bis 1924 als Wandpfeilerkirche erbaut und von Johann Baumann und Norbert Krohmer im Neobarockstil ausgemalt.[6] Die 1999 durchgeführte Sanierung wurde von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bezuschusst.[7]

Die Dorfschule

Erstmals wurde die heutige Bickenrieder Schule als so genanntes Schulhaus im Jahr 1674 erwähnt. Der „alten Schule“ in der Schulstraße folgte 1971 ein Neubau in der Struther Straße. Beide waren zusammen die Polytechnische Oberschule „Friedrich Engels“. Nach der Wiedervereinigung wurde daraus die Grund- und Regelschule Bickenriede. Diese verfügt derzeit über zehn Lehrkräfte für rund 100 Schüler. In Eigeninitiative bereitet sich die Schule auf die Umgliederung zur Gemeinschaftsschule im Jahr 2011 vor.

Luhnemühlen

Durch Bickenriede fließt die Luhne, die bei Ammern vor den Toren von Mühlhausen/Thüringen in die Unstrut mündet. Von ihr wurden in Bickenriede drei und im Kloster Anrode eine Wassermühle angetrieben. Sämtliche Wehre und Mühlgräben wurden im Laufe des vergangenen Jahrhunderts rückgebaut. Die drei Mühlengebäude sind noch vorhanden. Die Gebäude der Obermühle werden gegenwärtig saniert, eine Wiederaufnahme des Mühlbetriebes ist nicht vorgesehen. Die Gebäude der Klostermühle sind nicht mehr vorhanden.

Weitere Sehenswürdigkeiten

  • der Anger mit Steinernem Tisch und alter Eiche
  • einige denkmalgeschützte Fachwerkgebäude vom Beginn des 18. Jahrhunderts
  • ein frühgeschichtlicher Ringwall von geringer Größe liegt in der Südwestecke des Wilhelmswaldes.[8]
  • die Hünenlöcher sind zwei nebeneinander gelegene, etwa 5 m tiefe und seit 1941 als Naturdenkmal geschützte Erdfälle mit einem Durchmesser von je 25 m in der Hollau, einem Waldgebiet nordwestlich von Bickenriede.[9]
  • Die drei Eichen sind ein Wanderziel im Wald von Anrode

Persönlichkeiten

Gedenktafel für Vitus Recke an der Bickenrieder Kirchmauer
  • Vitus Recke (* 14. November 1887; † 18. Januar 1959), Zisterzienserpater, Abt von Himmerod zwischen 1937 und 1959, war maßgeblich für den Wiederaufbau der Kirche des Klosters Himmerod verantwortlich.

Sonstiges

Als Zeugnisse eines derben Volkshumors bildeten sich bereits vor Jahrhunderten Besonderheiten des jeweiligen Dorfes charakterisierende Neck- und Spitznamen heraus. Demnach lebten hier im Ort die Beckreder Strumplecher - Bickenrieder Strumpflöcher, von der im Ort betriebenen Strumpfstrickerei hergeleitet.[10] Der Spitzname Strumplecher ist heute nahezu unbekannt. Weitaus bekannter ist der Spitzname der Mauschwörmer also der Bickenrieder Milchwürmer. Wahrscheinlich hiervon abgeleitet ist der Name des Nachbarortes Milch-Lengefeld zur sprachlichen Abgrenzung von Stein-Lengenfeld.

Weblinks

Commons: Bickenriede – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Nikolaus Görich: Chronik des eichsfeldischen Dorfes Bickenriede : nach archivalischen Quellen. Selbstverlag, Bickenriede, 1934.
  • Edgar Rademacher: Bickenriede in der Franzosenzeit : Interessantes und Kurioses aus alten Gemeinderechnungen. In: Eichsfeld, Bd. 45 (2001), Mecke, Duderstadt, S. 376-378.
  • Gemeinde Bickenriede (Hrsg.): 850 Jahre Bickenriede : 1146 - 1996. Bickenriede, 1996.
  • Helmut Godehardt: Landsteuerzahler aus den einstigen Klosterdörfern Bickenriede und Bebendorf 1547/48. In: Eichsfeld, Bd. Bd. 50 (2006), Mecke, Duderstadt, S. 353-354.
  • Matthias Stude: Die Geschichte des Gutes Anrode im Eichsfeld: Eine Chronik von 1927 bis zur Gegenwart anhand ausgewählter kommentierter Quellen mit einer Rückschau in die Klostergeschichte; Mecke Druck und Verlag, Duderstadt; Förderverein Kloster Anrode 2014.

Einzelnachweise

  1. Gemeinde Anrode: OT Bickenriede
  2. StBA: Änderungen bei den Gemeinden, siehe 1997
  3. Peter Acht (Bearb.): Die Urkunden seit d. Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis z. Tode Erzbischof Konrads (1200). In: Historischer Verein für Hessen (Hrsg.): Mainzer Urkundenbuch. Band II-1 (1137 –1175 ). Darmstadt 1968. (87)
  4. Geschichte von Bickenriede. 9. Juni 2016, abgerufen am 9. Juni 2016.
  5. Das Brauchtum wurde in den letzten Jahren durch Verordnung des Bürgermeisters nur noch Vereinen gestattet, dadurch erfolgte ein starker Rückgang bei den Besucher- und Teilnehmerzahlen.
  6. Netzpräsenz der Pfarrgemeinde
  7. Ingrid Scheuermann, Katja Hofmann: Förderprojekte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Hrsg.: Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Band 1 (Sakralbauten). Monumente, Bonn 2012, ISBN 3-935208-10-3, S. 313.
  8. Michael Köhler: Thüringer Burgen und befestigte vor- und frühgeschichtliche Wohnplätze, Jenzig-Verlag,2001, ISBN 3-910141-43-9, S. 276
  9. Weise et al.: Naturdenkmale im Unstrut Hainich Kreis, 2007, Naturschutzinformationszentrum Nordthüringen e.V., Mühlhausen, S. 14
  10. Rolf Aulepp Spitznamen der Orte und ihrer Bewohner im Kreise Mühlhausen In: Eichsfelder Heimathefte, Heft 1, Heiligenstadt 1987, S. 78-83.

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