Canagliflozin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. Juli 2016 um 10:44 Uhr durch Rax (Diskussion | Beiträge) (→‎Weblinks: entferne leeren abschnitt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Canagliflozin
Allgemeines
Freiname Canagliflozin
Andere Namen

(2S,3R,4R,5S,6R)-2-[3-[ [5-(4-fluorophenyl)thiophen-2-yl]methyl]-4-methylphenyl]-6-(hydroxymethyl)oxan-3,4,5-triol

Summenformel C24H25FO5S
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 842133-18-0
PubChem 24812758
DrugBank DB08907
Wikidata Q5030940
Arzneistoffangaben
ATC-Code

A10BX11

Wirkstoffklasse

Antidiabetikum

Wirkmechanismus

SGLT-2-Inhibitor

Eigenschaften
Molare Masse 444,52 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Canagliflozin ist ein orales Antidiabetikum zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2. Es wurde von Janssen-Cilag International NV entwickelt.

Pharmakologie

Wirkmechanismus

Canagliflozin ist ein selektiver SGLT-2-Inhibitor. Die Glucose, welche durch den Glomerulus abfiltriert wird, wird zu 99 % rückresorbiert. Daran beteiligt sind die Transportproteine SGLT1 und SGLT 2, welche im proximalen Tubulus Glucose zusammen mit Natrium aus dem Primärharn in die Tubuluszellen transportieren. Treibende Kraft hierfür ist das Natrium-Konzentrationsgefälle, welches durch die Na+/K+-APTase aufrechterhalten wird. Bei SGLT1 handelt es sich um einen Cotransporter mit geringer Kapazität aber hoher Affinität, bei SGLT2 ist die Kapazität hoch aber die Affinität gering. Unter Behandlung mit Canagliflozin kommt es daher nur selten zu Hypoglykämien, da SGLT2 unter euglykämischen Bedingungen nur 50 % seiner Kapazität ausschöpft. Unter eu- und hypoglykämischen Bedingungen verfügt SGLT1 über eine höhere Kapazität als SGLT2 und kann somit eine Inhibition von SGLT2 kompensieren.[2][3]

Pharmakokinetik

Maximale Plasmaspiegel erreicht Canagliflozin 1–2 Stunden nach peroraler Einnahme, steady state Plasmaspiegel nach 4–5 Tagen. Die Bioverfügbarkeit liegt bei 65 %, die Plasmaproteinbindung bei 99 %, wobei es hauptsächlich an Albumin gebunden vorliegt. Canagliflozin muss nur einmal täglich eingenommen werden, da es den renalen Schwellenwert der Glucosereabsorption für 24 Stunden senkt. Die Halbwertszeit beträgt bei einer Dosis von 100 mg 10,6 Stunden, bei einer Dosis von 300 mg 13,1 Stunden. Metabolisiert wird Canagliflozin hauptsächlich durch eine O-Glucuronidierung über die Uridin-Diphosphat-Glucuronosyltransferase 1A9 (UGT1A9) und die UGTB4. Hierbei entstehen inaktive Metaboliten, die zu 33 % renal eliminiert und zu 42 % über den Faeces abgegeben werden. Es unterliegt nur einem minimalen Cytochrom P450-Metabolismus, wodurch es nur geringes Wechselwirkungspotential mit anderen Wirkstoffen aufweist.[4]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei Canagliflozin gehören sowohl ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfektionen als auch für Pilzinfektionen im Genitalbereich aufgrund der hohen Glucosekonzentration im Urin.[5] Seltener kommt es durch die osmotische Diurese zu Kopfschmerzen, orthostatischer Hypotension, Schwindel, erhöhtem Harndrang und Diarrhoe.[6]

Zulassungsstatus

Im November 2013 erhielt Canagliflozin unter dem Namen INVOKANA die Zulassung von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA. Die Indikation umfasste Patienten mit Typ-2-Diabetes im Alter von mehr als 18 Jahren:

  • als Monotherapie bei Patienten, bei denen Ernährungsumstellung und körperliche Aktivität zur Blutzuckersenkung nicht ausreichen und die für eine Therapie mit Metformin nicht infrage kommen
  • als Ergänzungstherapie mit anderen Antidiabetika, wenn diese, zusammen mit Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität, zur Blutzuckersenkung nicht ausreichen.[7]

Im September 2014 wurde jedoch bekannt, dass Janssen-Cilag den Vertrieb von INVOKANA in Deutschland einstellt. Grund dafür ist ein schlechtes Abschneiden in einer frühen Nutzenbewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dieses stellte INVOKANA keinen Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie mit Glimepirid plus Metformin aus. Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) schloss sich dieser Bewertung an. Janssen-Cilag musste aufgrund dieser Bewertung mit Problemen bei der Preisverhandlung mit den Krankenkassen rechnen und beschloss INVOKANA vom Markt zu nehmen. Der G-BA wurde für diese Entscheidung von der deutschen Diabetes-Gesellschaft scharf kritisiert, da der G-BA mit dieser Entscheidung die Einführung von neuen, effektiveren Arzneimitteln mit besserem Sicherheitsprofil verhindere.[8] Nachdem der G-BA am 5. Februar 2015 auf Basis einer entsprechenden IQWiG Stellungnahme auch für die Fixkombination aus Canagliflozin und Metformin mit dem Handelsnamen Vokanamet keinen Zusatznutzen feststellte,[9] kündigte Janssen-Cilag am 19. Februar 2015 an das Arzneimittel vom deutschen Markt zu nehmen.[10]

Einzelnachweise

  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. T. Nagata, M. Fukazawa, K. Honda, T. Yata, M. Kawai, M. Yamane, N. Murao, K. Yamaguchi, M. Kato, T. Mitsui, Y. Suzuki, S. Ikeda, Y. Kawabe: Selective SGLT2 inhibition by tofogliflozin reduces renal glucose reabsorption under hyperglycemic but not under hypo- or euglycemic conditions in rats. In: Am J Physiol Endocrinol Metab. 304, 2013, S. 414–423, doi:10.1152/ajpendo.00545.2012, PMID 23249697.
  3. L. H. Opie: Sodium glucose co-transporter 2 (SGLT2) inhibitors: new among antidiabetic drugs. In: Cardiovasc Drugs Ther. 28, 2014, S. 331–334, doi:10.1007/s10557-014-6522-0, PMID 24825435.
  4. E. Dietrich, J. Powell, J. R. Taylor: Canagliflozin: a novel treatment option for type 2 diabetes. In: Drug Des Devel Ther. 7, 2013, S. 1399–1408, doi:10.2147/DDDT.S48937, PMID 24285921.
  5. A. K. Niazi, S. H. Niazi: A novel strategy for the treatment of diabetes mellitus - sodium glucose cotransport inhibitors In: N Am J Med Sci. 2, 2010, S. 556–560, doi:10.4297/najms.2010.2556, PMID 22558567.
  6. Pfister M, Whaley JM, Zhang L, List JF (2011) Inhibition of SGLT2: a novel strategy for treatment of type 2 diabetes mellitus In: Clin Pharmacol Ther. 89, S. 621–625, doi:10.1038/clpt.2011.16, PMID 21346749.
  7. Product information Invokana. European Commission's Directorate for public health and risk assessment.
  8. Vertriebsstopp: Kein Canagliflozin für deutsche Diabetiker. Pharmazeutische Zeitung online.
  9. G-BA: Jardiance und Vokanamet ohne Zusatznutzen Deutsche Apotheker Zeitung online.
  10. Nach G-BA-Beschluss: Janssen stellt Vokanamet-Vertrieb ein Deutsche Apotheker Zeitung online.