Canal de Marseille

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Der Canal de Marseille ist ein im 19. Jahrhundert geschaffener Trinkwasserkanal, der im Département Bouches-du-Rhône in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur verläuft und bis heute die wichtigste Quelle der Trinkwasserversorgung der Stadt Marseille darstellt. Er weist eine Länge von etwa 80 Kilometern auf, rechnet man die Verzweigungen im Stadtgebiet von Marseille noch hinzu, wird eine Länge von 160 Kilometern erreicht.

Der Kanal ist heute im Besitz der Métropole d’Aix-Marseille-Provence,[1] Betrieb und Unterhalt sind aber an die Groupe Eaux de Marseille delegiert, ein Tochterunternehmen von Veolia.[2]

Die Durance oberhalb von Pertuis

Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tunnelführung bei Coudoux
Aquädukt von Roquefavour
Die Wasserführung über den Aquädukt von Roquefavour
Das Palais Longchamp

Die Wasserversorgung wird vom Fluss Durance abgeleitet, wo die einstmalige Abzweigstelle nahe der Stadtbrücke von Pertuis in einer Höhe von 185 Meter errichtet wurde. Von da verläuft der Kanal in westlicher Richtung bis Le Puy-Sainte-Réparade, dann nach Nordwesten bis Saint-Estève-Janson. Seit der Errichtung des Kraftwerkskanals der EDF, der die Durance in diesem Bereich begleitet, ist die Wasserentnahmestelle für den Canal de Marseille nach Saint-Estève-Janson verlegt worden, wo das Wasser nun direkt aus dem EDF-Kanal abgezweigt wird. Der oberste Abschnitt des Kanals ist von der ehemaligen Entnahmestelle bis zum Wasserkraftwerk über ca. zehn Kilometer zwar physisch noch vorhanden, wird aber nicht mehr im Sinne der Erbauers genutzt. Ab dem Kraftwerk verläuft der Canal de Marseille weiter nordwestlich bis zur Brücke von Cadenet, wo sein Wasser im Bassin von Saint-Christophe aufgestaut wird. Weiter geht es über La Roque-d’Anthéron nach Charleval, wo er die Durance und den EDF-Kanal verlässt, sich nach Süden wendet und in einem langen Tunnel das westliche Ende der Bergkette Chaîne des Côtes durchquert. Nach Lambesc sind zahlreiche Brücken und Tunnel notwendig, um die Täler und die Hügel bis nach Coudoux zu überwinden. Er umgeht im Osten den Hügel von Ventabren und überquert den Fluss Arc mit dem imposanten Aquädukt von Roquefavour. Die weitere Streckenführung erfolgt über das Plateau du Grand Arbois, das trotz seines Namens nicht sehr flach ist, sondern zahlreiche weitere Kunstbauten erfordert, bis er im Bassin von Réaltor in der Gemeinde Cabriès aufgestaut wird. Nach weiteren fünf Kilometern erreicht er in einer Höhe von 150 Metern den nördlichen Stadtrand von Marseille beim Stadtteil Saint-Antoine, im 15. Arrondissement.

Verzweigungen in der Stadt Marseille[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Saint-Antoine führt ein erster Zweigkanal in den Westen der Stadt, nach L’Estaque, im 16. Arrondissement. Der Hauptkanal umgeht das Tal des Bächleins Aygalades und verläuft an der Flanke der Chaîne de l’Étoile in östlicher Richtung. Im Ortsteil Le Four de Buze, im 14. Arrondissement, splittet sich der Kanal neuerlich auf: der historische Hauptast wendet sich nach Süden, befüllt das Bassin von Merlan, passiert Chutes-Lavie im 4. Arrondissement und erreicht schließlich im Palais Longchamp sein Ende in einem repräsentativen Wasserschloss. Der andere Ast führt weiter nach Osten, an den Hügeln entlang, um auch die östliche und südöstliche Peripherie der Stadt zu versorgen. Er durchquert Château-Gombert im 13. Arrondissement, schlägt einen Bogen nach Plan-de-Cuques, einer Nachbargemeinde von Marseille, und erreicht bei Les Olives wieder das 13. Arrondissement. Nun geht es in einem Tunnel unter dem Stadtteil Les Trois-Lucs im 12. Arrondissement weiter. Danach gibt es eine Verzweigung in westlicher Richtung, die nach Saint-Julien verläuft und im Bassin von Saint-Bernabé endet. Der östliche Abzweig verläuft über Les Camoins, im 11. Arrondissement, bis nach Aubagne. Der Hauptast umgeht La Valentine im Osten, quert das Tal des Flusses Huveaune mit seinen parallel verlaufenden Verkehrsverbindungen (Straßen, Autobahn, Eisenbahntrasse) mit Hilfe zweier Düker und wendet sich am südlichen Flussufer in westliche Richtung. Er passiert La Valbarelle, erreicht bei Saint-Tronc das 10. Arrondissement und bei Mazargues das 9. Arrondissement. Dann nähert es sich langsam dem Mittelmeer, das er bei Montredon im 8. Arrondissement erreicht. Er mündet schließlich beim Mont Rose, im Nationalpark Calanques am Hafen Port de la Madrague direkt ins Meer.

Koordinaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Koordinaten: 43° 39′ 58″ N, 5° 29′ 39″ O

Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es war vor allem die große europäische Choleraepidemie von 1832 bis 1835, die die Notwendigkeit einer qualitativ hochwertigen Trinkwasserversorgung auch in Marseille deutlich machte. Maximin-Dominique Consolat, Bürgermeister von Marseille 1832 bis 1843, beschloss 1834 unter dem Eindruck der etwa 3000 Toten, die die Epidemie in Marseille forderte, diesen Trinkwasserkanal errichten zu lassen.

1839 bis 1854 dauerten die Arbeiten an dem Großprojekt unter der Leitung des Ingenieurs Franz Mayor de Montricher. Seit dem 8. Juli 1849 versorgt der Kanal Marseille mit Wasser. Es erreicht mit einem Abfluss von 10 m³ pro Sekunde bei einer Neigung von 0,36 m pro Kilometer das Stadtgebiet von Marseille. Das Kanalbett ist zum größten Teil in Beton ausgeführt. Der Kanal hat gebirgiges Gelände zu durchqueren und ist mit seinen Aquädukten, Tunnels und Reservoirs eine bedeutende Ingenieurleistung des 19. Jahrhunderts. Bis 1970 war er die einzige Trinkwasserquelle Marseilles. Etwa 17 km des Kanals verlaufen im Tunnel, 18 Brücken mussten errichtet werden, darunter der dem römischen Pont du Gard nachempfundene 393 m lange und 82,5 m hohe Aquädukt von Roquefavour über das Arc-Tal.

Am 19. November 1849 erreichte der Kanalbau das Plateau Longchamp in Marseille. Dort wurde in der Folge ein prächtiges Wasserschloss mit einem Triumphbogen, einer halbkreisförmigen Kolonnade und zwei Museumsbauten sowie unterirdischen Reservoirs errichtet, das Palais Longchamp.

Das Wasser des Kanals wird heute in zwei Trinkwasseraufbereitungsanlagen, jener von Sainte-Marthe und der von Saint-Barnabé gereinigt und chloriert.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georges Comair und Jerry R. Rogers: History of the Marseille Canal in France in: World Environmental and Water Resources Congress 2011 (proceedings)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Canal de Marseille – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Le Canal de Marseille : ouvrage majeur de l’adduction. In: Eaux de Marseille. Groupe Eaux de Marseille, abgerufen am 25. Mai 2023 (französisch).
  2. Qui sommes-nous ? In: Eaux de Marseille. Groupe Eaux de Marseille, abgerufen am 25. Mai 2023.
  3. Eintrag Nr. PA13000037 in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
  4. Eintrag Nr. PA13000019 in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
  5. Eintrag Nr. PA00081368 in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)