Carl Henrich Dreyer
Carl Henrich Dreyer, auch Johann Carl Heinrich Dreyer und diverse andere Namensformen (* 13. Dezember 1723 in Waren; † 15. Februar 1802 in Lübeck) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und Lübecker Politiker des 18. Jahrhunderts.
Leben
Carl Heinrich Dreyer nahm 1738 sein rechtswissenschaftliches Studium an der Universität Kiel auf, wo sein Onkel Ernst Joachim Westphal[1] bis 1750 Minister der Herzöge Karl Friedrich und Karl Peter Ulrich von Holstein-Gottorf sowie Kurator der Universität war. Dreyer wechselte im Laufe des Studiums an die Universität Halle, promovierte 1744 an der Universität Helmstedt zum Dr. iur. und erhielt Ende des gleichen Jahres im Alter von nur 21 Jahren eine Professur für Deutsches Recht an der Universität Kiel. Dreyer las neben dem Deutschen Recht über Lübisches Recht, Holsteinisches- und Cimbrisches, also Jütisches Recht wie Strafrecht, Naturrecht und Staatsrecht. Entsprechend den Anordnungen von Herzog Friedrich IV. aus dem Jahr 1701 veranstaltete er auch von 1747-53 acht Disputationsübungen. Zahlreiche Veröffentlichungen kleinerer Schriften begleiteten seine Lehrtätigkeit in Kiel.
Im Jahr 1753, sein Onkel war drei Jahre zuvor gestürzt worden, wurde Dreyer zweiter Syndicus des Rates in der Hansestadt Lübeck. 1761 wurde er zusätzlich Dompropst des Hochstift Lübeck und 1768 erster Syndicus der Stadt. Obwohl sein Onkel nach drei Jahren wieder in Amt und Würden eingesetzt worden war, schlug Dreyer fortan alle Berufungen und angetragenen Ämter von außerhalb aus und blieb bis zu seinem Lebensende in Lübeck. Für die Stadt war er mehrfach als Gesandter in diplomatischen Missionen am Dänischen und auch an anderen Höfen.
Dreyer gehört aus diesen Gründen der Lübecker Diplomatie und als Vertreter der Lübecker Zensur wohl auch bis zu seinem Tode zu den Verhinderern des Erscheinens des dritten Bandes von Johann Rudolph Beckers (1736–1815) Lübecker Stadtgeschichte.[2]
Die Gesamtzahl der von ihm selbst veröffentlichten Schriften wird auf annähernd hundert geschätzt, wobei ihm von seinen Kollegen und Nachfolgern allerdings eine gewisse Ungenauigkeit nachgesagt wurde, so auch von Jacob Grimm.[3] Ziel seiner Arbeiten als entschiedenem Gegner des Römischen Rechts oder wie man wenig später sagen würde, der Historischen Rechtsschule, war die (vergebliche) Suche nach einer umfassenden, tragfähigen Quelle des alten Deutschen Rechts, etwa im alten Schleswiger Stadtrecht oder im Jyske Lov.
Seine bedeutende Privatbibliothek von 6000 Bänden wurde nach seinem Tode vom Lübeckischen Staat käuflich für die Stadtbibliothek erworben und 1817 im Konsistorialzimmer im früheren Katharinenkloster geordnet.[4] Sein Nachlass befindet sich im Archiv der Hansestadt Lübeck.
Auszeichnungen
- 1758 ordentliches ausländisches Mitglied der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften
- 1761 auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften[5]
- 1762 Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg.[6]
Veröffentlichungen
- (Hrsg.): Specinem juris publici Lubecensis, quo pacta conventa et privilegia, quibus Lubecae per omnem propemodum Europam circa inhumanum jus naufragii (Strand=Recht) est prospectum, ex authenticis recensuit ... qui etiam mantissae loco Jus maritimum Lubecense antiquissimum / Ab Alberto de Bardewic a. 1299 compositum ex membranis edidit Jo. Carolus Henricus Dreyer. Bützow/Wismar, ohne Jahresangabe [1761] (Digitalisat).
- Zur Erläuterung der teutschen Rechte, Rechtsalterthümer und Geschichten angewandte Nebenstunden. Berger & Boedner, Bützow/Wismar 1768 (Digitalisat des Exemplars der Columbia University, Vorbesitzer: Karl von Richthofen).
- Darin enthalten: Abhandlung von dem Nutzen des trefflichen Gedichts Reinke de Voß in Erklärung der teutschen Rechtsalterthümer, insonderheit des ehemaligen Gerichtswesens. S. 1-256.
- Beiträge zur Litteratur der Nordischen Rechtsgelahrsamkeit. Bohn, Hamburg 1794.
Literatur
- Philipp Baumgarten: Kurze Nachricht von dem Leben, dem Character und den Verdiensten ... des Hrn. Johann Karl Heinrich Dreyer ... Green, Lübeck 1802 (Digitalisat)
- Henning Ratjen: Dreyer, Carl Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 404–406.
- Henning Ratjen: Johann Carl Heinrich Dreyer und Ernst Joachim von Westphalen. Beitrag zur Geschichte der Kieler Universität und der juristischen Literatur. Akademische Buchhandlung, Kiel 1861 (Digitalisat)
- Friedrich Bruns: Die Lübecker Syndiker und Ratssekretäre bis zur Verfassungsänderung von 1851 in ZVLGA Band 29 (1938), S. 91–168.
- Ahasver von Brandt: Dreyer, Johann Carl Henrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 122 f. (Digitalisat).
- Johann Carl Heinrich Dreyer in: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck Band 5, S. 76ff.
- Dreyer, Johann Carl Heinrich in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg, Band 6, S. 95 ff
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Anm: Später geadelt als Ernst Joachim von Westphalen.
- ↑ Umständliche Geschichte der Kaiserl. und des Heil. Römischen Reichs freyen Stadt Lübeck. Band I - III, Lübeck, 1782 - 1805.-Dazu: Hans-Bernd Spies: Das verspätete Erscheinen des dritten Bandes von Johann Rudolph Beckers Geschichte Lübecks (1806). in Rolf Hammel-Kiesow (Hrsg.): Das Gedächtnis der Hansestadt Lübeck. Lübeck 2005. ISBN 3-7950-5555-5
- ↑ Vgl. dessen Vorrede zu seinem Werk Deutsche Rechtsalterthümer (1828), zit. nach ADB
- ↑ Heinrich Christian Zietz: Ansichten der Freien Hansestadt Lübeck und ihrer Umgebungen. Frankfurt am Main, 1822. S. 351 ff.
- ↑ Matrikel der Akademie
- ↑ Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Johann Carl Heinrich Dreyer. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 28. August 2015 (englisch).
Personendaten | |
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NAME | Dreyer, Carl Henrich |
ALTERNATIVNAMEN | Dreyer, Johann Carl Heinrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rechtswissenschaftler und Lübecker Politiker |
GEBURTSDATUM | 13. Dezember 1723 |
GEBURTSORT | Waren (Müritz) |
STERBEDATUM | 15. Februar 1802 |
STERBEORT | Lübeck |
- Rechtswissenschaftler (18. Jahrhundert)
- Rechtshistoriker
- Hochschullehrer (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
- Syndicus der Hansestadt Lübeck
- Dompropst (Lübeck)
- Hofpfalzgraf
- Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften
- Deutscher
- Geboren 1723
- Gestorben 1802
- Mann
- Mitglied der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Hanseatischer Diplomat