Cholesterinester-Speicherkrankheit

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Klassifikation nach ICD-10
E75.5 Sonstige Störungen der Lipidspeicherung
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Cholesterinester-Speicherkrankheit, CESD (von engl.: Cholesterol Ester Storage Disease), ist eine äußerst seltene autosomal-rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrankheit.

Ätiologie und Genetik

Ein Defekt im Enzym lysosomale saure Lipase (LAL = lysosomal acid lipase) führt bei den betroffenen Patienten zu einer Anreicherung (Speicherung) von Cholesterin-Estern und Triglyceriden. Das Gen, das für die saure Lipase kodiert, liegt auf Chromosom 10 Genlocus q23.2-23.3.[1] Es besteht aus zehn Exons.[2] Nonsens- und Missense-Mutationen, sowie Frameshifts und das Auslassen von Exons, können zu einer Reduzierung der Aktivität des Genproduktes führen.

Durch die verminderte Aktivität der lysosomalen sauren Lipase können kaum noch Lipide aus dem Lysosom in das Zytoplasma gelangen. Dadurch ist der Regelkreis für die Regulation der intrazellulären Cholesterol-Konzentration unterbrochen. Die niedrige intrazelluläre Konzentration an Cholesterol führt wiederum zu einem Hochregulieren der endogenen Synthese von Cholesterol und der LDL-Rezeptoraktivität.[3] Das Lysosom nimmt das endozytierte Cholesterol auf. Durch die endogene Cholesterolsynthese werden die Zellen mit Cholesterol überladen, wodurch sich Lipidvakuolen bilden. Diese bewirken einen Funktionsverlust der Zellen, eine Fibrosierung und letztlich den Zelltod.[4]

Im Gegensatz zur Wolman-Krankheit, die die gleiche genetische Ursache hat und die stets mit einer infausten Prognose verbunden ist, verläuft die Cholesterinester-Speicherkrankheit erheblich milder. Bei der CESD ist noch eine Restaktivität der lysosomalen sauren Lipase vorhanden. Diese Restaktivität ist ausreichend um den Cholesterol-Ester-Abbau – mit Ausnahme der Leber – zu bewerkstelligen.[5][6][7] Bei beiden Krankheiten ist das gleiche Gen betroffen, lediglich unterschiedliche Bereiche im LAL-Gen sind mutiert. Im einen Fall (bei der Wolman-Krankheit) führt dies zum völligen Verlust der Enzymaktivität, im anderen Fall (bei der Cholesterinester-Speicherkrankheit) nur zu einer Reduzierung der Enzymaktivität.[8]

Der Gendefekt wird autosomal-rezessiv vererbt.[9]

Symptomatik und Diagnose

Die Cholesterinester-Speicherkrankheit wird häufig erst nach dem 18. Lebensjahr diagnostiziert. Die Patienten weisen eine hohe Akkumulation an Lipiden in verschiedenen Organen auf und haben eine ausgeprägte Hypercholesterinämie. Die HDL-Cholesterol-Konzentration ist dagegen erniedrigt. Das Risiko für eine Arteriosklerose ist entsprechend stark erhöht. Leber und Milz sind vergrößert (Hepatosplenomegalie).

Eine sichere Diagnose kann nach der Bestimmung der Enzymaktivität gestellt werden.[10] Hierzu wurde von Hamilton et al [11] [12] [13]ein einfaches Verfahren beschrieben, dass die Bestimmung der Enzymaktivität aus auf Filterpapier immobilisieren Blutstropfen erlaubt.

Prävalenz

Die Cholesterinester-Speicherkrankheit ist äußerst selten. Die Prävalenz wird auf 1:700.000 geschätzt.[5]

Therapie

Es gab bis vor Kurzem keine kausale Therapie für die Cholesterinester-Speicherkrankheit. Die Behandlung erfolgte bislang symptomatisch, beispielsweise durch die Gabe von HMG-CoA-Reduktase-Hemmern, Inhibitoren der Cholesterin- oder der Apolipoprotein-B-Synthese.

Verschiedene klinische Programme haben in den letzten Jahren erfolgreich zur Entwicklung von Enzym-Ersatz-Therapien für verschiedene lysosomale Speicherkrankheiten geführt. Das betroffene Enzym wird regelmäßig von extern zugeführt und kann die Symptomatik umkehren oder mindern.

Es gab mehrere Studien zur Enzym-Ersatztherapie bei CESD und Morbus Wolman.[14][15][16] In diesen konnte die Wirksamkeit der Therapie belegt werden, wobei die Probandenzahlen jedoch relativ klein waren.

Auf der Basis dieser Studien wurde im Herbst 2015 ein Medikament zur Behandlung der Cholesterinester-Speicherkrankheit und des Morbus Wolman in USA und Europa zugelassen. Es handelt sich dabei um eine rekombinant in Hühnereiern hergestellte Form der humanen lysosomalen sauren Lipase, die als "Sebelipase alfa" bezeichnet wird (EMA zu Sebelipase). Das Medikament wird von Alexion hergestellt und unter dem Markennamen Kanuma vertrieben.

Einzelnachweise

  1. R. A. Anderson u. a.: In situ localization of the genetic locus encoding the lysosomal acid lipase/cholesteryl esterase (LIPA) deficient in Wolman disease to chromosome 10q23.2-q23.3. In: Genomics. 15, 1993, S. 245–247. PMID 8432549.
  2. C. Aslanidis u. a.: Genomic organization of the human lysosomal acid lipase gene (LIPA). In: Genomics. 20, 1994, S. 329–331. PMID 8020990
  3. G. N. Sando u. a.: Intercellular transport of lysosomal acid lipase mediates lipoprotein cholesteryl ester metabolism in human vascular endothelial cell fibroblast coculture system. In: Cell Regulation. 1, 1990, S. 661–672.
  4. T. Illies: Kinetik des Lipidmetabolismus im Mausmodell der überexprimierten Lysosomalen Sauren Lipasen. Dissertation. Universität Hamburg, 2005.
  5. a b G. F. Hoffmann: Stoffwechselerkrankungen in der Neurologie. Georg Thieme Verlag, 2004, ISBN 3-13-136321-5, S. 78–79.
  6. G. Assmann, U. Seedorf: Acid Lipase Deficiency: Wolman Disease and Cholesteryl Ester Storage Disease. In: The metabolic and molecular basis of inherited diseases. McGraw and Hill, 1995, S. 2563–2587.
  7. Ü. Lohse u. a.: Molecular defects underlying Wolman disease appear to be more heterogeneous than they appear. In: Journal of Lipid Research. 40, 1999, S. 221–228.
  8. C. Aslanidis u. a.: Genetic and biochemical evidence that CESD and Wolman disease are distinguished by residual lysosomal acid lipase activity. In: Genomics. Band 33, 1996, S. 85–93. PMID 8617513.
  9. M. Pavelka, J. Roth: Funktionelle Ultrastruktur. Verlag Springer, 2005, ISBN 3-211-83563-6, S. 110–111.
  10. D. Ganten: Handbuch der molekularen Medizin. Verlag Springer, ISBN 3-540-65529-8, S. 361–362.
  11. Hamilton et al - Clinica Chimica Acta 2012 413 1207: A new method for the measurement of lysosomal acid lipase in dried blood spots using the inhibitor Lalistat 2
  12. Dairaku et al - Mol Gen Metabol 2014 111 193: A practical fluorometric assay method to measure lysosomal acid lipase activity in dried blood spots for the screening of cholesteryl ester storage disease and Wolman disease
  13. Civallerro et al - Gene 2014 539 154: Extended use of a selective inhibitor of acid lipase for the diagnosis of Wolman disease and cholesteryl ester storage disease
  14. Burton et al, N Engl J Med 2015 373 1010: „A Phase 3 Trial of Sebelipase Alfa in Lysosomal Acid Lipase Deficiency“
  15. Valayannopoulos et al, J Hepatol 2014: „Sebelipase alfa over 52 weeks reduces serum transaminases, liver volume and improves serum lipids in patients with lysosomal acid lipase deficiency“
  16. Balwani et al, Hepatology 3013: „Clinical Effect and Safety Profile of Recombinant Human Lysosomal Acid Lipase in Patients With Cholesteryl Ester Storage Disease“

Weblinks