Daniel Cramer (Theologe)

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Daniel Cramer, Kupferstich
Radicabor: Daniel Cramers Emblem (1642) vereint die Sinnfelder Biene, Rose und Herz zur Allegorese des Heils

Daniel Cramer (auch Candidus, * 20. Januar 1568 in Reetz; † 5. Oktober 1637 in Stettin) war ein deutscher lutherischer Theologe, Chronist und Autor.

Leben

Geboren als Sohn des lutherischen Predigers Martin Cramer, der in Reetz Pastor war, besuchte er zunächst die Schule seiner Heimatstadt. Ab 1581 war er in der Schule von Landsberg (Warthe), wo er Unterricht in der griechischen und lateinischen Sprache erhielt. 1584 wurde er mit sechzehn Jahren Schüler des Fürstlichen Pädagogiums in Stettin, wo er möglicherweise noch bei Christoph Stymmel Unterricht erhielt. Da durch den Kalvinistenstreit um Cramers Lehrer Konrad Berg, der Stymmels Gegner war, auch die Schule in Mitleidenschaft gezogen wurde, wechselte Cramer 1586 an das Gymnasium in Danzig, dann nach einem halbjährigen Aufenthalt in seiner Heimat nach Rostock.[1] Im September 1588 wurde er an der Universität Rostock immatrikuliert,[2] wo er 1591 den akademischen Grad eines Magisters erwarb.[3] In Rostock unterrichtete er den Sohn des dänischen Reichsrats Rosenkrantz. 1592 wurde Cramer noch Dänemark geholt, und auf der Reise verfasste er das Schuldrama Areteugenia, sein erster dramatischer Versuch.[1]

Im gleichen Jahr wurde an der Universität Wittenberg eine außerordentliche Professur der Logik über die „Organon“ (philosophische Doktrin) des Aristoteles eingerichtet, die Cramer am 9. Oktober 1592 antrat. Diese Tätigkeit, die nur auf 24 Monate angelegt war, wurde mit 50 Gulden jährlich vergütet. Hier entstand das 1593 gedruckte Schuldrama Plagium.[1] Cramer, der von Nicodemus Frischlin beeinflusst war, ist, ähnlich jung wie einst Stymmel, einer der erfolgreichsten und glücklichsten Dramatiker der Zeit geworden. Die Anprangerung der Misshandlung des Bauernstandes in seiner Areteugenia sowie vor allem das Schicksal der Köhler im Plagium sprechen dafür, dass Cramer Frischlins Parteinahme für unterdrückte Stände auch zu seiner eigenen gemacht hatte.[1]

Für den akademischen Unterricht, besonders für künftige Theologen, schrieb Cramer in Wittenberg das erste protestantische Werk, Isagoge in Metaphysicam Aristotelis, welches 1594 in Hannover erschienen ist. Darin behandelte er, im Zuge einer Rückkehr zum genuinen Aristoteles, allein die Metaphysik des Meisters. Während seiner Wittenberger Zeit galt sein Interesse vornehmlich der Theologie des Aristoteles. Seine Methode bestand darin, nach der Art der Kommentare Philipp Melanchthons zur Ethik, Physik und Psychologie die Hauptaussagen aus einer Schrift des Aristoteles herauszugreifen und sie nach der philosophischen Methode der Zeit, ohne Zuhilfenahme fremder Ausleger, zu behandeln.

Metaphysik hatte nun in der christlichen Theologie Wert gegenüber Heiden und Ketzern, aber diesen Ansprüchen vermochte Cramers Werk nicht zu genügen. Es war zu knapp, bot zu viel natürliche Theologie und krankte an der Diktion. So ist es bald verschwunden, und es folgten zahlreiche Lehrbücher zur neu entstandenen Metaphysik. Cramer wurde 1594 als Archidiakon an der Marienkirche, Professor am Pädagogium und Konsistorialassessor nach Stettin berufen.

1597 wurde er als Hofprediger an die Marienkirche berufen, war Inspektor des Pädagogiums und kehrte im folgenden Jahr nach Wittenberg zurück, wo er im Sommersemester 1598 zum Doktor der Theologie promovierte. Zurückgekehrt nach Stettin, versah er die Amtsgeschäfte des Generalsuperintendenten von Stettin. In seinen Schriften behandelt er vorrangig philosophische und theologische Themen, gelegentlich auch unter dem Namen Daniel Candidus. Er beteiligte sich auch an dem Streit um die Einführung der reformierten Lehre in Brandenburg. Ein Jahr vor seinem Tod erblindete Cramer während einer Predigt.

Neben einer Unzahl philosophischer und theologischer Abhandlungen, Disputationen und Streitschriften ist Cramer in der pommerschen Geschichtsschreibung wichtig durch sein Großes Pommersches Kirchenchronikon, das erstmals 1602 und danach noch öfters erschien. Darin sind auch einige kurze Beschreibungen dramatischer Aufführungen am pommerschen Hof enthalten, über die aus anderen Quellen sonst keine Auskünfte vorliegen.[1]

Ehen und Nachkommen

Daniel Cramer heiratete 1595 in Stettin Erdtmuth Faber (1578–1608), Tochter des Generalsuperintendenten Jacob Faber. Aus der 13 Jahre dauernden Ehe sind sieben Kinder hervorgegangen. Der Sohn Johann Jacob Cramer wurde Pastor in Danzig, die Tochter Regina Cramer heiratete D. Alexander Seifarth, Daniel Cramer wurde Magister, und Gertraud Cramer heiratete den Hofgerichtsadvokaten Marcus Schlürig. Die anderen Kinder starben jung.

Seine zweite Ehe ging Cramer 1609 in Stettin mit Elisabeth Marten, Tochter des Kaufmanns Barthelm Marten, ein. Aus dieser 28-jährigen Ehe sind neun Kinder hervorgegangen, von denen die meisten früh verstarben. Die Söhne Philipp Cramer und Friedrich Cramer waren beim Tod des Vaters noch Studenten.[4]

Werke (Auswahl)

  • Tractatus de Vita & Morte Jac. Backmeisteri. Rostock 1591
  • Areteugenia (Drama), 1592
  • Plagium (Drama), 1593
  • Antiquarius, das ist: Gründliche Beschreibung unheyliger Heyligkeit und heyliger Unheyligkeit der Bäbste, Cardinäln, Abten, Praelaten, der Mönch, Nonnen und Jesuiten. Frankfurt/M. 1596 (Volltext).
  • Isagoge in Metaphysicam Aristotelis. Hannover 1594, 1601
  • Synopsis trium librorum rhetoricorum Aristotelis. Stettin 1597
  • Tractatum de sublimi corporis bearorum spiritualis mysterio., Mühlhausen 1601
  • Extract und kurtzer warhafftiger Bericht vom Colloquio zu Regensburg, zwischen unsern Theologen … und den Gehsuiten. Stettin 1602
  • Das Grosse Pommerische Kirchen-Chronikon. Vier Bände: Frankfurt/Main 1602, Stettin 1602, 1618, 1628
    • Pommersche Kirchen-Chronica: Anno 1124 – Eingang 1601. Alten Stettin 1602 (Volltext)
  • Methodus concionandi, de interpretatione cujusvis textus biblici, tam artificiosa quam populari. Stettin 1605
  • Scholas Prophericas in 6 Classen. Hamburg 1606
  • Disputationes octodecim de praecipuis Logicae Aristot. Partibus. Wittenberg 1607
  • Sanam doctrinam de praedestinatione. Stettin 1611
  • Bedenken auf C. Pelargi deutsche Confession., Wittenberg 1615
  • Societas Jesu et roseae crucis vera. Frankfurt Main 1617
  • Inserenda apologetica ad inserenda Jacobum Gretseri. Wittenberg 1612
  • Auslegung der ganzen heiligen Schrifft. Straßburg 1627
  • Areteugenia. De Aretino et Eugenia […] Fabula ficta et comice descripta. Leipzig 1602
  • Octaginta emblemata moralia Nova. Frankfurt/Main 1630
  • Aborem, haereticae Consanguinitatis.

Ausgaben

  • Federica Masiero (Hrsg.): Plagium. Comoedia von Daniel Cramer (1593) mit der deutschen Übersetzung von Bartholomäus Ringwaldt (1597). Weidler, Berlin 2009, ISBN 978-3-89693-547-2

Literatur

  • Angela Baumann-Koch: Frühe lutherische Gebetsliteratur bei Andreas Musculus und Daniel Cramer. 2001
  • Wolfgang Harms und Michael Schilling: Daniel Cramer: Emblemata Sacra. 1994
  • Heinz Kathe: Die Wittenberger Philosophische Fakultät 1501–1817. Böhlau, Köln 2002, ISBN 3-412-04402-4
  • Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon: Autoren und Werke deutscher Sprache. Bd. 2, S. 469, Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh / München 1988–1991 (CD-ROM: Berlin 1998 ISBN 3-932544-13-7)
  • Sabine Mödersheim: Domini Doctrina Coronat. Die geistliche Emblematik Daniel Cramers (1568–1637). 1994
  • Friedrich Wagnitz: Daniel Cramer (1568–1637). Ein Leben in Stettin um 1600. Kiel 2001
  • Fritz Roth: Restlose Auswertungen von Leichenpredigten für genealogische und kulturhistorische Zwecke. Selbstverlag, Boppard/Rhein 1980, Bd. 10, S. 24, R 9022

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Wilhelm Bethke: Die dramatische Dichtung Pommerns im 16. und 17. Jahrhundert (= Pommernforschung, Dritte Reihe: Beiträge zur Literatur- und allgemeinen Geistesgeschichte Pommerns, herausgegeben von Leopold Magon, Heft 6). Universitätsverlag L. Bamberg, Greifswald 1838, S. 59–71.
  2. Siehe dazu den Eintrag der Immatrikulation von Daniel Cramer im Rostocker Matrikelportal
  3. Siehe dazu den Eintrag der Magisterpromotion von Daniel Cramer im Rostocker Matrikelportal
  4. Leichenpredigt evangelisches Predigerseminar Wittenberg.