Edmund Neuendorff

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Gustav Rudolf Edmund Neuendorff (* 23. April 1875 in Berlin; † 30. August 1961 in Bramsche) war ein deutscher Pädagoge und Sportführer in der Zeit des Nationalsozialismus.

Leben und Wirken

Als Sohn eines Kaufmanns wuchs Edmund Neuendorff in Berlin auf und bestand dort 1894 sein Abitur am Sophiengymnasium. Während seines Studiums wurde er Mitglied im Akademischen Turnverein zu Berlin. Nach dem Studium der Philosophie und Philologie promovierte er 1897 mit einer Arbeit über Immanuel Kant, legte seine Prüfung als Turnlehrer ab und bestand 1899 das Staatsexamen. Dem beruflichen Einstieg als Oberlehrer in Ohrdruf (1899) folgte 1901 die Berufung zum Schulleiter in Haspe. 1911 wechselte er nach Mülheim an der Ruhr, um dort die Leitung des Städtischen Gymnasiums zu übernehmen. Über das schulische Leben hinaus engagierte er sich bei der Organisation der Vaterländischen Festspiele (1911) und bei der Gründung der Mülheimer Volkshochschule (1919). Zudem war er führend im Wandervogel e.V. tätig. 1913 beantragte er auf der Delegiertenkonferenz des Wandervogels, keine Juden mehr aufzunehmen, was nicht angenommen wurde, jedoch eindrücklich seinen Antisemitismus zeigt, den er nie abgelegt hat.

1924 verließ Neuendorff Mülheim und ging zurück nach Berlin, wo ihm die Deutsche Hochschule für Leibesübungen (DHfL) eine Stelle angeboten hatte. Zugleich rückte er an die Spitze des größten deutschen Sportverbandes, der Deutschen Turnerschaft (DT), deren Führung er 1933 kurzzeitig übernahm. Er betrieb den Ausschluss von Marxisten und Juden, unter Anwendung des von ihm am 8. April eingeführten Arierparagraphen, aus dem DT. Infolge von Auseinandersetzungen mit dem Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten wurde er 1934 von allen Ämtern entbunden und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Fortan engagierte sich Neuendorff, der seit 1932 Mitglied der NSDAP war, in der Naziorganisation "Kraft durch Freude" (KdF). 1941 wurde er Abteilungsleiter des KdF in Prag, wo er 1945 verhaftet und interniert wurde.

Nachdem ihm 1936 auch sein Lehrauftrag an der Universität Bonn entzogen worden war, begann er ein Studium der Evangelischen Theologie. Erst am 6. Februar 1946, also im Alter von 70 Jahren, bestand er sein Examen und übernahm eine Pfarrstelle in der Niederlausitz. Da er in der Folge eines Spruches der Entnazifizierungskommission entlassen wurde, zog er als Flüchtlingspfarrer nach Voltlage bei Bramsche, wo er bis 1959 als Seelsorger wirkte. Am 30. August 1961 starb er im Alter von 86 Jahren.

Edmund Neuendorff hinterließ einen publizistischen Nachlass von 37 Büchern und mehr als 500 Aufsätzen, darunter zahlreiche philosophische und pädagogische Werke, Schriften zum Beruf des Turnlehrers und zum Turnunterricht in Schulen, allgemeine und methodische Schriften zum Thema Sport sowie Abhandlungen zur Geschichte des Turnens.

Schriften (Auswahl)

  • Turnen, Spiel und Sport für deutsche Mädchen. Hermann Paetel Verlag, Berlin 1910.
  • Turnen, Spiel und Sport für deutsche Knaben. Hermann Paetel Verlag, Berlin 1911.
  • Die Turnstunde in der Knabenschule. Wilhelm Limpert Verlag, Dresden 1920.
  • Jugendturnerspiegel. Ein Lebensbuch für jugendliche Turner und Turnerinnen der Deutschen Turnerschaft. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1923.
  • Deutsches Volkstum. Leib und Leibesübungen im deutschen Frühmittelalter. Wilhelm Limpert Verlag, Dresden 1925.
  • Die deutschen Leibesübungen. Großes Handbuch für Turnen, Spiel und Sport. Wilhelm Andermann Verlag, München 1927.
  • Deutsches Mädchenturnen. Wilhelm Limpert Verlag, Dresden 1930.
  • Die deutsche Turnerschaft 1860-1936. Wilhelm Limpert Verlag, Berlin 1936.
  • Geschichte der neueren deutschen Leibesübung vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart 4 Bände. Dresden : Limpert, 1930 - 1936

Literatur

  • Horst Ueberhorst: Edmund Neuendorff. Bartels und Wernitz, Berlin 1970 (Turn- und Sportführer im Dritten Reich, Band 1.)
  • Heinrich Küpper: In memoriam Edmund Neuendorff (1875-1961). In: Mülheimer Stadtspiegel 1975, Heft 4, S. 36-37.
  • Karl Drewer-Turnerhilfswerk (Hrsg.): Die Briefe Edmund Neuendorffs an Erich Harte 1923-1932. Aus dem Nachlass von Alfred Geißler. Bearbeitet von Karl Lennartz. Iserlohn 1989 (WTB-Schriftenreihe Band 5).
  • Karl Könen: Die Mülheimer Zeit des Dr. Edmund Neuendorff 1911-1925. Selbstverlag, Mülheim an der Ruhr 1998.
  • Arnd Krüger: Sport und Politik. Von Turnvater Jahn zum Staatsamateur. Fackelträger, Hannover 1975
  • Winfried Mogge: Neuendorff, Gustav Rudolf Edmund. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 110–112 (Digitalisat).
  • Daniel Pater: Edmund Neuendorff im Kontext der Reformpädagogik. Grin-Verlag, München 2007.
  • Peter Kratz: Vom nationalsozialistischen Turnführer zum evangelischen Pfarrer. Der ungebrochene Weg des Edmund Neuendorff. In: Deutsches Pfarrerblatt 113 (2013), S. 14-18.
  • Altherrenbund des ATB (Hrsg.): 100 Jahre Akademischer Turnbund 1883–1983. Melsungen 1983, S. 197–198.

Weblinks

Weitere Quellen

  • Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr: Bestände 1203, 1212 und 1550