Eurac Research

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Eurac Research
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Gründung 1992
Sitz Bozen
Website www.eurac.edu

Die Europäische Akademie Bozen (EURAC, italienisch Accademia Europea di Bolzano, ladinisch Academia Europeica de Bulsan, Englisch European Academy of Bozen/Bolzano) ist ein privates Institut für angewandte Forschung mit Sitz in Bozen (Südtirol, Italien).

Die im Jahr 1992 begründete EURAC zählt derzeit (2014) elf Forschungsinstitute, die in vier Fachbereichen organisiert sind: Autonomien (Autonomies), Gesundheit (Health), Berge (Mountains) und Technologien (Technologies). Der Institutsname soll die europäische Ausrichtung der Forschungseinrichtung zum Ausdruck bringen. Die Studien der Eurac fokussieren auf das mehrsprachige Berggebiet, in dem die Eurac liegt.[1] Dazu gehören etwa Untersuchungen über die klimatischen Veränderungen in einigen Südtiroler Tälern, zur Mobilität im Alpenraum, zu Energieeinsparung in Berggebieten und zum Autonomiestatut der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol, das das Zusammenleben der drei Sprachgruppen (Deutsche, Italiener und Ladiner) in Südtirol regelt.[2] Die Forscher der Eurac arbeiten im Rahmen internationaler Organisationen wie der Alpen- und der Karpatenkonvention, der UNEP und der UNIDO.

Am Hauptsitz der Eurac befindet sich auch das Ständige Sekretariat der Alpenkonvention, das vordringlich mit technisch-operativen Aufgabenbereichen befasst ist.[3]

Forschungsbereiche

  • Forschungsbereich Autonomien
    • Institut für Minderheitenrecht
    • Institut für Public Management
    • Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit
    • Institut für Föderalismus- und Regionalismusforschung
Die Forscher des Fachbereichs „Autonomie“ arbeiten zu den Themen Föderalismus, Regionalismus und Minderheitenrecht, und haben mit der Autonomie Südtirols ihr wichtigstes Forschungsprojekt praktisch vor der Haustür. Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung ist Tibet. Die Mehrsprachigkeit Südtirols ist ebenfalls Gegenstand der Forschung.[4]
  • Forschungsbereich Gesundheit
Schwerpunkte des Forschungsbereichs sind Neuromedizin, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, alpine Notfallmedizin und Paläopathologie.[5] Dazu gehören die Forschung rund um Ötzi und eine langangelegte Bevölkerungsstudie, die die Zusammenhänge zwischen genetischen Faktoren, Umweltfaktoren und dem Lebensstil einer Person untersucht.[6]
  • Forschungsbereich Berg
    • Institut für Alpine Umwelt
    • Institut für Angewandte Fernerkundung
    • Institut für Regionalentwicklung und Standortmanagement
Biologen, Ökonomen, Wirtschaftsgeografen und Landschaftsplaner untersuchen Ökosysteme, Klima, langfristige Aspekte in der Ökologie, Wechselwirkungen zwischen urbanen und ländlichen Räumen, landwirtschaftliche und sozioökonomische Entwicklungen sowie den Einfluss von Tourismus und Mobilität auf Umwelt und Gesellschaft. So sollen Vorhersagen über künftige Entwicklungen bezüglich Klimawandel, Naturgefahren, Landflucht oder Verkehrsflüssen getroffen werden, die das Berggebiet Südtirol selbst betreffen, aber auch weltweite Anwendung finden können.[7]
  • Forschungsbereich Technologie
    • Institut für Erneuerbare Energie
Die Forscher arbeiten an der Projektierung von Heiz- und Kühlsystemen für Gebäude, an der Integration von Solaranlagen in architektonische Entwürfe, an der energetischen Sanierung historischer Gebäude sowie der Planung von Niedrigenergie-Stadtvierteln. Außerdem können im Labor des Instituts auch Unternehmer und Privatpersonen neue Materialien und Geräte testen lassen.[8]

Den fünf unterschiedlichen Forschungssäulen liegt ein gemeinsamer Nenner zu Grunde: Forscher und Forscherinnen verschiedenster wissenschaftlicher wie auch geographischer Herkunft arbeiten flexibel und interdisziplinär zusammen, um Grundlagenforschung auf wirksame und nachhaltige Weise zu ermöglichen. So entwickeln Sprachwissenschaftler und Informatiker Online-Lernprogramme für den Spracherwerb, Rechts- und EU-Experten untersuchen und erarbeiten rechtliche Instrumente zum Minderheitenschutz in der EU, Ökologen und Ökonomen entwerfen Zukunftsszenarien für die Entwicklung des alpinen Raums. Mediziner analysieren Genmaterial der Südtiroler Bevölkerung und Historiker erforschen deren Genealogie, um den Ursachen genetisch bedingter Krankheiten auf die Spur zu kommen.

Forschungsinfrastrukturen

Die Eurac verfügt über mehrere Laboratorien, die über die ganze Stadt verstreut liegen. Das Labor für antike DNA des Instituts für Mumien und den Iceman analysiert Gene und antike Krankheitserreger, die aus Mumien stammen, unter anderem vom Mann vom Tisenjoch (Ötzi). Im Labor für Biomedizin wird an Biomedizin und Epidemiologie geforscht. Herzstück des Labors ist ein DNA-Sequenzierer der neuesten Generation. In den Labors des Instituts für Erneuerbare Energie werden Photovoltaikmodule in einer Klimakammer getestet, außerdem thermische Solaranlagen. Die Tests erfolgen im Rahmen von Forschungsprojekten oder im Auftrag von Unternehmen, die ihre Produkte testen lassen.[9] Die Satellitenempfangsstation auf dem Rittner Horn des Instituts für Fernerkundung liegt auf 2.360 Meter Meereshöhe, steht in Kontakt mit drei Nasa-Satelliten (Terra, Acqua und Suomi NPP) und dient der Beobachtung von Oberflächenphänomenen.[10]

Geschichte

Die Eurac wurde 1992 als privatrechtlicher Verein gegründet und zählte anfangs zwölf Mitarbeiter in den Forschungsbereichen Sprache und Recht, Minderheiten und Autonomien sowie Alpine Umwelt. Erstes großes Projekt war eine Machbarkeitsstudie zur Errichtung einer Universität in Bozen (1993), die 1997 gegründet wurde. Im Laufe der Jahre kamen weitere Forschungsgebiete dazu (unter anderem Management und Unternehmenskultur, Genetische Medizin und Erneuerbare Energien), so etwa das Zentrum für Biomedizin und das Institut für Alpine Notfallmedizin.[11]

Gebäude

Seit Herbst 2002 befindet sich der Hauptsitz der EURAC im früheren „ex-GIL“-Gebäude, nahe der Bozner Altstadt am Zusammenfluss von Eisack und Talfer gelegen. Der Komplex wurde in den 1930er Jahren als Sitz für die weibliche faschistische Jugend (GIL, Gioventù Italiana del Littorio) erbaut. Nach dem Sturz Mussolinis und dem Kriegsende wurde der ehemalige Paradebaus der faschistischen Italianisierungspolitik in Südtirol wurde vielfältig genutzt. Unter anderem waren ein Kino, ein Supermarkt und eine Autowerkstatt hier untergebracht. Das Gebäude verfiel zusehends. Anfang der 1990er Jahre wurde beschlossen, das Gebäude zu renovieren und dort den Sitz des damals neu gegründeten Forschungsinstitutes zu errichten. 1995 wurde ein internationaler Architekturwettbewerb für den Umbau des Ensembles ausgeschrieben, den der Grazer Architekt Klaus Kada gewann. Sein Projekt sah die Bestandserhaltung und die bauliche Ergänzung mit einem transparenten Glasbau vor. Die Fassade trägt seit dem Umbau wieder das charakteristische pompeijanische Rot, die Farbe des ersten Baus. Das Gebäude nutzt erneuerbare Energien und verfügt über eine Absorbtionskältemaschine für die Kühlung im Sommer.[11][12]

Der ehemalige Kinosaal (Konferenzraum) und die neu errichteten Seminarräume werden für interne Veranstaltungen genutzt, können aber auch gemietet werden.[13]

Lokalbezug und internationale Ausrichtung

Die EURAC betreut neben internationaler und überregionaler Auftragsforschung, in die Wissenschaftler aus ganz Europa eingebunden sind, auch zahlreiche Projekte mit Lokalbezug: In der Grenzregion Südtirol überlagern sich der deutsche, italienische und ladinische Kulturraum. Diese Vielfalt stellt die EURAC-Wissenschaftler vor die einmalige Herausforderung, Projekte von lokalem Interesse modellhaft auch für die Gestaltung europäischer Regionen zu entwerfen. So dienen etwa die Studien zur Autonomie Südtirols als wichtige Grundlage für die Entwicklung ähnlicher Autonomiemodelle etwa für Zypern, den Kosovo oder Tibet. Die Forschungsergebnisse im Bereich der Alpinen Umwelt fließen kontinuierlich in die Alpenkonvention ein.

Eurac Education

Eurac Education wurde 1996 als Verwaltungsakademie gegründet und bietet Weiterbildungen für (angehende) Führungskräfte der öffentlichen Verwaltungen Südtirols an. 2004 wurde das Angebot für Führungskräfte aus allen Bereichen ausgebaut[14].

Literatur

  • Stephanie Risse-Lobis: Eurac – ein Haus für die Europäische Akademie Bozen. Architektur – Geschichte – Wissenschaft. Wien/Bozen: Folio Verlag, 2003. ISBN 3-85256-231-7.
  • Eurac: Tower to the People – Wissen schaf(f)t Kunst. Wien/Bozen: Folio Verlag, 2010. ISBN 978-88-6299-025-7.
  • Eurac: Activity Report 2012/13. Druck Esperia Trient, 2013.

Weblinks

Commons: Europäische Akademie Bozen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stephanie Risse-Lobis: Eurac – ein Haus für die Europäische Akademie Bozen. Wien-Bozen 2003, S. 74.
  2. Eurac: Activity Report 2012/13. 2013, S. 26, 56.
  3. Ständiges Sekretariat. Website der Alpenkonvention. Abgerufen am 17. Dezember 2013.
  4. Eurac: Activity Report 2012/13. 2013, S. 26–41.
  5. Eurac: Activity Report 2012/13. 2013, S. 42–55.
  6. CHRIS: Bevölkerungsstudie zur Gesundheit in Südtirol. Abgerufen am 1. Januar 2014.
  7. Eurac: Activity Report 2012/13. 2013, S. 56.
  8. Eurac: Activity Report 2012/13. 2013, S. 68.
  9. ff – Südtiroler Wochenmagazin: In der Klimakammer. Nr. 37 / 2012, 13. September 2012, S. 56–58.
  10. Empfangsstation. Webseite der Eurac. Abgerufen am 20. Dezember 2013.
  11. a b Stephanie Risse-Lobis: Eurac – ein Haus für die Europäische Akademie Bozen. 2003.
  12. Michela Toni: Südtirol Architektur – Die Eigenheiten eines Gebietes am Beispiel von Gebäuden mit KlimaHaus-Standard. EdicomEdizioni, Monfalcone 2013, S. 226-229.
  13. http://convention.eurac.edu/index_de
  14. Eurac Education. Abgerufen am 10. Januar 2014.

Koordinaten: 46° 29′ 40″ N, 11° 20′ 50″ O