Faruk Şen
Faruk Şen (* 21. April 1948 in Ankara) ist ein türkisch-deutscher Hochschullehrer. Er war in den Jahren 1985 bis 2008 Leiter des Zentrums für Türkeistudien.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Şen studierte ab 1971 Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Nach der Promotion wurde er im Jahr 1981 Leiter der „Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer (MBSE)“ bei der Volkshochschule in Duisburg und ab 1983 Geschäftsführer des Modellversuchs „Lehrerfortbildung im Bereich Übergang Schule/Beruf“. Im Jahr 1985 erfolgte die Gründung des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfT), dessen Direktor er wurde. 1990 ernannte man ihn zum Professor an der damaligen Universität-Gesamthochschule Essen. Am 3. Juli 2008 wurde Şen als Direktor des ZfT suspendiert.[1] Nach Kritik an seiner Person, nachdem er die Lage der türkischen Migranten in Deutschland mit der Judenverfolgung in der Nazi-Zeit verglichen hatte, gab Şen im Juli 2008 im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Bundesland Nordrhein-Westfalen seine Stelle zum Jahresende 2008 offiziell auf.[2]
Şen ist verheiratet mit der Psychiaterin Inci Şen und war Mitglied der SPD.
Kontroverse um Armenier-Genozid
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 9. März 2006 vertrat Şen in einem Radio-Interview, wenige Tage vor einer Demonstration[3] türkischer Nationalisten gegen die Armenier-Resolution des Deutschen Bundestages[4], die Meinung, dass der Völkermord an den Armeniern 1915 kein Völkermord gewesen sei. Şen wörtlich: „Das heißt der Begriff, den wir für Deutschland verwenden, stimmt für das Osmanische Reich nicht. Deswegen würde ich sagen, Völkermord nach dieser Definition stimmt nicht.“[5] Daraufhin wurde er von der innenpolitischen Sprecherin der Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag, Monika Düker[6] sowie den Historikern Wolfgang Benz[7] und Medardus Brehl[8] in scharfer Form kritisiert, wonach Şens kategorische Ablehnung des Begriffs „Völkermord“ in Bezug auf den Völkermord an den Armeniern in keiner Weise die aktuelle Debatte wiedergebe (Düker), die von Şen getätigte Äußerung unwissenschaftlich und bloße Agitation und Propaganda sei (Benz) und der Völkermord an den Armeniern sich im Gegensatz zu Şens Darstellung historisch als auch juristisch nachweisen lasse (Brehl). Şen hat zu der Kritik öffentlich keine Stellung genommen.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutsch-Türkischer Freundschaftspreis München 2005
- Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen 1997
- Bundesverdienstkreuz am Bande 2003[9]
Literatur (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Faruk Sen: Gründung, Struktur und wirtschaftliche Funktion der türkischen Arbeitnehmergesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland für die sozioökonomische Lage der Türkei. – Münster, 1980. – Hochschulschrift: Münster (Westfalen), Universität, Fachbereich Wirtschafts- unund Sozialwissenschaft, Diss.
- Faruk Sen und Sinan Özel: Auswirkungen einer Vollmitgliedschaft der Türkei auf den EU-Haushalt 2004–2006. – Essen: Stiftung Zentrum für Türkeistudien, 2004. -(zft-aktuell ; 104)
- Faruk Sen, Martina Sauer und Dirk Halm: Euro-Islam : eine Religion etabliert sich in Europa ; Stand, Perspektiven, Herausforderungen. – Essen: Stiftung Zentrum für Türkeistudien, 2004. – (zft-aktuell; 102)
- Faruk Sen: Die neuen Juden Europas, Leitartikel in der türkischen Wirtschaftszeitung 'Referans' vom 19. Mai 2008
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Faruk Şen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachrichten über die aktuellen (seit Ende Juni 2008) Kontroversen, zusammengestellt von Faruk Şen in türkischen und deutschen Medien. In: www.bteu.de. Ehemals im (nicht mehr online verfügbar)
- Benachteiligte sollten andere verstehen. In: Tagesspiegel. 27. Juni 2008 (Online). , F. Şen und Ishak Alaton
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Abgang mit gütlicher Einigung – Faruk Sen beendet Arbeit bei Essener Zentrum für Türkeistudien ( vom 5. Juni 2016 im Internet Archive)
- ↑ Judenvergleich: Türkeiforscher Sen gibt auf. In: Spiegel Online. 15. Juli 2008, abgerufen am 9. Juni 2018.
- ↑ Streit um Armenier-Resolution – Türkische Nationalisten demonstrieren in Berlin, 18. März 2006, Welt Online
- ↑ Resolution des Deutschen Bundestages, Juni 2005 (PDF; 202 kB)
- ↑ Faruk Sen: Massaker an Armeniern war kein Völkermord, 9. März 2006, Deutschlandradio
- ↑ Grüne: Sen soll erneut zu Völkermord an Armeniern Stellung nehmen – Monika Düker verlangt Erklärung vom Leiter des Zentrums für Türkeistudien, 13. März 2006, Deutschlandradio
- ↑ „Leugnen von historischen Ereignissen ist bloße Agitation und Propaganda“ – Historiker Benz kritisiert Äußerungen von Faruk Sen, 9. März 2006, Deutschlandradio
- ↑ Genozidforscher: Völkermord an Armeniern ist historisch nachgewiesen – Historiker Medardus Brehl widerspricht Faruk Sen, 9. März 2006, Deutschlandradio
- ↑ Bundesverdienstkreuz für Faruk Şen. In: www.faz.net. FAZ.net, ehemals im (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 6. Februar 2024. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
Personendaten | |
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NAME | Şen, Faruk |
KURZBESCHREIBUNG | türkischer Hochschullehrer, Leiter der Stiftung Zentrum für Türkeistudien |
GEBURTSDATUM | 21. April 1948 |
GEBURTSORT | Ankara |