Finkenkrug

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Finkenkrug
Stadt Falkensee
Koordinaten: 52° 34′ N, 13° 3′ OKoordinaten: 52° 33′ 48″ N, 13° 2′ 33″ O
Höhe: 32 m
Postleitzahl: 14612
Vorwahl: 03322
Luftbild des Bahnhofs Finkenkrug

Finkenkrug ist ein Ortsteil der westlich von Berlin gelegenen Stadt Falkensee. Der Ortsteil hat seinen Namen vom Alten Finkenkrug, einem Teerofen im Bredower Forst.

Geschichte

Als am 12. Dezember 1846 die durchgehende Bahnstrecke Berlin-Hamburg eröffnet wurde, war das Gebiet von Finkenkrug eine von Seegefeld her ackerreiche mit Waldgebieten durchsetzte, menschenleere Landschaft, die vom Rohrbecker Weg aus nach Dyrotz hin bis zum Königsgraben in eine erlenbuschreiche Bruchlandschaft überging, deren landwirtschaftlich bewirtschaftete Felder zum Rittergut Seegefeld gehörten. Unbefestigte Verbindungswege waren im Norden von Falkenhagen her die Nauener Straße, von Seegefeld her die Finkenkruger Straße, die im westlichen Bogen direkt in den südlichen Ausläufer der heutigen Holbeinstraße und in Fortsetzung in den Rohrbecker Weg einmündete. Nach Westen hin ist in alten Landkarten des 18. Jahrhunderts der Dyrotzer Weg eingetragen.

An drei Seiten vom Rohrbecker Weg, Dyrotzer Weg und von der Storchenstraße begrenzt, existierte zu dieser Zeit das idyllische Vorwerk Seegefeld, mit dem ehemaligen Jägerhaus, der Schäferei, den umliegenden Feldern und dem kleinen Teich am Storchenplatz. Das um 1750 errichtete Wohnhaus mit dem gestampften Boden und seiner schwarzen Küche, das 1994 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgerissen wurde, war in dieser Region das einzige und älteste Wohnhaus weit und breit. Allerdings existierte 2½ Kilometer vom heutigen Bahnhof Finkenkrug aus in nordnordwestlicher Richtung am Rande des Bredower Forstes und an der Nauener Straße gelegen die 1710 erstmals genannte Teerofensiedlung „Alter Finkenkrug“, ein späterer von Theodor Fontane beschriebener Ausflugsort der Berliner.

Zwei einflussreichen Studenten ist es zu verdanken, dass 1850 nach Einführung des Berliner Vorortverkehrs zunächst die Sonntagsbedarfshaltstelle Finkenkrug und dann 1852 der neue Bahnhof eingerichtet wurde. In der Gründerzeit kamen ab 1870 sonntags bis zu 25.000 Berliner in den westlichen Vorort. Im Alten Finkenkrug waren an Tagen solchen Besucherandrangs 25 Kellner tätig. Erst ab 1891 hielten Personenzüge regelmäßig in Finkenkrug. 1892 wurde nördlich der Bahnlinie in der Karl-Marx-Straße ein Bahnhofsrestaurant im ehemaligen Fachwerkhaus am Bahnhof Finkenkrug errichtet (aktuell ein Bolzplatz). 1893/1894 entstand ebenfalls in Bahnhofsnähe – unmittelbar gegenüber – das Gartenrestaurant „Neuer Finkenkrug“; Inhaber war Gustav Fichtner, später Rotter (Lokal „Bellevue“ ab 1924, „Vierjahreszeiten“ ab 1945, aktuell Pkw-Parkflächen).

Die Wirtschaftskrise erreichte 1906 ihren Höhepunkt. Der Massenansturm unter dem Motto „Hier können Familien Kaffee kochen“ verebbte. Um 1910 existierte sonntags eine Buslinie zwischen Berlin und dem Bahnhof Finkenkrug.

Der Kaufmann Bernhard Ehlers (1848–1919), der Gründer Finkenkrugs, erwarb 1888 das Rittergut Seegefeld mit den dazugehörigen 657 ha großen Ländereien um die Bahnhöfe Seegefeld und Finkenkrug. 1892 wurde Ehlers Bebauungsplan für ein 90 ha großes Gebiet südlich der Bahnlinie in Neu-Finkenkrug, den er 1891 für den Bereich zwischen Rudolf-Breitscheid-Straße, Ringstraße, Rembrand Straße und Dyrotzer Weg aufzustellen begann, von den Behörden gebilligt. Es erfolgten erste Baumpflanzungen, Straßeneinteilungen und Kaufverträge. Am 20. November 1892 mit Wilhelm Droßmann, am 26. November mit Heinrich Teichmann und am 29. November mit Rudolph König u. Co. 1893 erteilte Landrat Steinmeister die erste Genehmigung zur Anlegung einer Kolonie von 30 Villen in Bahnhofsnähe von Finkenkrug. Bis 1895 erhielten etwa 20 Ansiedler insgesamt 40 Morgen, den Morgen zu 1.000 Mark. Die ersten Häuser entstanden 1895.

Von 1895 bis 1898 stagnierte das Besiedlungskonzept. Weil Ehlers Probleme mit dem Grundwasser befürchtete, verkaufte er am 5. Mai 1898 das Rittergut Seegefeld und den Grundbesitz (657,4161 ha, davon 400 ha Laubwald) an die Deutsche Ansiedlungsbank in Berlin-Halensee für rund eine Million Mark. Die Grundstückspreise betrugen bis zu drei Mark pro Quadratmeter. Ehlers behielt an der Wilmstraße (Rudolf-Breitscheid-Straße)/Finkenkruger Straße am Wendenwall, dem hochgelegenen Teil, sein Grundstück in der Größe von zwölf Morgen und 22 weitere Morgen dazu (8,5 ha). Er besaß dort ein Sommerhaus und Stallgebäude mit einer Remise dazu. 1899 waren bereits zwei Drittel der Siedlungsfläche verkauft. Die Ansiedlungsbank arbeitete 1900 für Neufinkenkrug einen auf 258 ha erweiterten Siedlungsplan aus, der am 5. September 1903 von Landrat Wilms genehmigt wurde und auch Plätze für einen Friedhof, für die Schule, die Kirche und für den Fall einer eigenständigen Ortsverwaltung auch Platz für ein Rathaus, ein Gefängnis, und ein Feuerwehrhaus (Rohrbecker Weg/Käthe-Kollwitz-Straße) vorsah. Ein Verein zur Förderung von Neufinkenkrug wurde 1903 gegründet. Im gleichen Jahr war Baubeginn der Schule in Finkenkrug und die Pflasterung des Rohrbecker Weges für 30.000 Mark wurde genehmigt. 1905 zählte Neufinkenkrug 163 Einwohner.

Im Jahr 1908 steuerte die Deutsche Ansiedlerbank 25.000 Mark bei für die Ausstellung von acht Landhäusern am Elsterplatz (Schillerplatz). Diese Ausstellung wurde organisiert von der Deutschen Ansiedlerbank und dem Verlagshaus August Scherl nach einem von der Zeitschrift Die Woche ausgeschriebenen und prämierten Wettbewerb, der in ganz Deutschland bekannt und richtungsweisend wurde. Im gleichen Jahr erfolgte der Ausbau der Landstraße (Wilmsstraße) Dallgow-Finkenkrug. 1913 zählte man in Neufinkenkrug bereits 650 Einwohner.

Anna von Gierke und Martha Abicht gründeten 1921 die GmbH Landjugendheim Finkenkrug am Havelländer Weg. Bereits ein Jahr später wurde die erste Baracke aufgestellt, die zunächst Kindern sowie Schülerinnen und Angestellten des Verein Jugendheim Erholung bot. Das Landjugendheim, das sich schnell zu einer großen allumfassenden sozialpädagogischen Einrichtung entwickelte, wurde zuerst von Alice Bendix und später von Isa Gruner geleitet.

Im September 2000 wurde der Bürgervein Finkenkrug gegründet. Ziel des Vereins ist die Pflege, der Erhalt und der Ausbau des Ortsteils Finkenkrug unter besonderer Beachtung der geschichtlichen, kulturellen und denkmalgerechten Behandlung der alten Siedlung Kolonie Finkenkrug von 1899.[1]

Sehenswürdigkeiten

Persönlichkeiten

  • Otto Voigt, evangelischer Pfarrer in Finkenkrug von 1926 bis 1961,
  • Hermann Lüddecke, (* 1938) Architekt und Maler,
  • Franz Haverland, Maler,
  • Gertrud Kolmar (1894–1943), jüdische Lyrikerin, Tochter des Juristen Chodziesner aus Kolmar/Posen, wohnte in Finkenkrug, Feuerbachstraße 13, sie kam mit dem 32. Transport im Jahr 1943 nach Auschwitz und wurde unmittelbar nach der Ankunft dort ermordet.
  • Ottilie Ehlers-Kollwitz (1900-1963), Graphikerin und Malerin

Literatur

  • Richard Wagner: Finkenkrug in seinem Jahrhundert, herausgegeben vom Förderverein des Heimatmuseums Falkensee e. V., 2001.
  • Richard Wagner: Illustrierte Geschichte von Falkensee, herausgegeben vom Förderverein des Heimatmuseums Falkensee e. V., 2003.
  • Neufinkenkrug und seine Entwicklung, herausgegeben vom Verein zur Förderung von Neufinkenkrug, 1914.
  • Festschrift des Alten Finkenkrugs, Lehrer Rehfeld, 1927.
  • Kurt Ruppin: Seegefeld, 1994.
  • Falkensee, wie es früher war, herausgegeben vom Kulturamt der Stadt Falkensee, 1. Auflage 1994.
  • Chronik, 1961.
  • Hans-Ulrich Rhinow: Heimatgeschichte Falkensee und Region.
  • Erika Paul: Zwischen Sozialgeschichte und Fluchtort. Das Landjugendheim Finkenkrug und seine mutigen Frauen, Hentrich & Hentrich Verlag Berlin, Berlin 2013, ISBN 978-3-942271-84-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zivilgesellschaft im Fokus: Der Bürgerverein Finkenkrug. Aufgerufen 19. Dezember 2014