Firdausi

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Firdausi-Büste
Datei:Statue of Ferdowsi in Rome.JPG
Firdausi-Statue in Rom, Italien

Abū ʾl-Qāsim Firdausī, deutsch auch Firdousi (persisch ابوالقاسم فردوسی; * 940 in Bāž, einem Dorf im Bezirk Tūs, Iran (bei Maschhad); † 1020 in Tūs), war ein persischer Dichter und einer der größten Epiker.[1] Er ist der Autor des monumentalen, etwa 60.000 Verse umfassenden Schāhnāme (deutsch Buch der Könige), des Nationalepos der persischsprachigen Welt, das zu einem kleinen Teil vom Dichter Daqīqī begonnen wurde.[2] Mit dem Schāhnāme hat Firdausi das weltgrößte Epos eines Einzeldichters geschaffen.

Eigen- und Vatersname Firdausīs wurden unterschiedlich überliefert. Der arabische Historiker al-Bundari, der das Schāhnāme ins Arabische übersetzte, nennt als Namen Mansur b. Hasan. Sein Pseudonym „Firdausī“ bedeutet wörtlich „der Paradiesische“.

Leben

Datei:Ferdosi Square.JPG
Firdausi-Statue in Teheran, Iran

Außer seiner Kunya (Abu’l-Qāsim = ‚Vater des Qāsim‘) und seinem Künstlernamen „Firdausī“ ist nichts Sicheres über seinen Namen oder über die Identität seiner Familie bekannt.[3] Als Angehöriger einer wohlhabenden Dihqān-Familie war er, so berichtet Niẓāmī ʿArūḍī (Neẓāmī-ye ʿArūẓī), ein „Mann mit Einfluss in seinem Dorf“ und anfangs finanziell unabhängig. Firdausis Lehrer soll der Dichter Essedi[4] gewesen sein.

Viele Passagen seines Werkes offenbaren seine Liebe für den Iran. Er war sicherlich vertraut mit der arabischen Sprache und hatte sich zudem schon sehr früh ein großes Wissen über die Geschichte und Legenden des alten Iran angeeignet, die er durch seine familiäre Umgebung kennengelernt hatte.[5]

Durch die zunehmende Beschäftigung mit seinem Lebenswerk, das er um 976 begonnen hatte, verarmte er jedoch. Er stellte sich daraufhin unter den Schutz des damals mächtigsten Herrschers der islamischen Welt, Mahmūd von Ghazna, der zahlreiche Künstler und Literaten, wie zum Beispiel den seinerzeit von Mahmud hochgeschätzten Unsuri, an seinem Hof versammelt hatte, selbst aber als wenig kunstsinnig galt. Abgesehen von einer Reise nach Bagdad verbrachte Firdausī sein gesamtes Leben in Chorasan, wo er viel umherreiste und dabei Material für seine Arbeit sammelte.

Einweihung des neu erbauten Grabdenkmals durch Reza Schah, 1934
Firdausīs Mausoleum in Tūs

In seinem 65. Lebensjahr reiste er nach Ghazna, um Mahmūd sein Werk vorzulegen, dem dieser jedoch wenig Beachtung schenkte. Firdausī beklagte sich, Mahmūd habe es nicht einmal eines Blickes gewürdigt und Niẓāmī ʾArūḍī kolportierte die Überlieferung, nach der Mahmūd für jeden Vers eine Goldmünze versprochen, aber nur eine Silbermünze gegeben haben solle. Der eigentliche Grund für die Ablehnung des Werkes lag möglicherweise im mangelnden literarischen Verständnis des Herrschers, wie in den religiösen Differenzen zwischen Firdausi und dem sunnitischen Mahmūd. Firdausi hat im Schahname der Schilderung der zoroastrischer Denk- und Festkultur breiten Raum eingeräumt, während der Islam nicht weiter erwähnt wird. Erst im letzten Kapitel des Schahname, in dem Firdausi das Ende des Sassanidenreiches darstellt, finden sich in dem Brief des Rostam Farrokhzād an seinen Bruder vor der Schlacht von Kadesia Verse, die darlegen, was den Iran nach der arabischen Eroberung und der dann folgenden Islamisierung erwartet. Der Legende nach soll Firdausi wegen dieser kritischen Verse – aber vor allem auch wegen seiner schiitischen Konfession[6] – die Beisetzung auf dem islamischen Friedhof seiner Heimatstadt verweigert worden sein. Niẓāmī ʿArūḍī zufolge sei dies die Entscheidung des „fanatischen Wā'iz (Prediger, Mullah) von Ṭābarān (ein Dorf in der Nähe von Tus)“ gewesen, weswegen der „Stolz der Iraner“ in seinem eigenen Garten innerhalb der Stadtmauern Ṭābarāns beerdigt wurde. Dem Bericht zufolge wurde die Grabstätte schon bald zu einer Pilgerstätte.[7]

Firdausī war einer der ersten Vertreter der neupersischen Literatursprache, die im 10. Jahrhundert am Hof der Samaniden entstanden war. Im frühen 20. Jahrhundert machten iranische Nationalisten Firdausī zum „Wiedererwecker“ iranischer Identität und das Schāhnāme zu deren Denkmal. Besonders wird in diesem Zusammenhang auf das fast völlige Fehlen arabischen Vokabulars im Schāhnāme verwiesen, ein Umstand, der jedoch den Quellen Firdausīs geschuldet sein dürfte: Im Kapitel über Alexander, das auf einer arabischen Handschrift basiert, verwendete er eben auch den arabischen Wortschatz seiner Vorlage.

Unter der Regentschaft von Reza Schah und der Gründung eines iranischen Nationalstaates kam Firdausi eine herausragende Bedeutung zu. Als Dichter des Nationalepos wurde ihm 1934 ein neu erbautes Mausoleum gewidmet, in dem seine sterblichen Überreste neu bestattet wurden. Unter der Regentschaft von Schah Mohammad Reza Pahlavi wurde 1975 unter der Schirmherrschaft von Königin Farah Pahlavi ein Festival zu Ehren Firdausis, das jährlich stattfindende Tus-Festival, gestiftet.

Nach dem Dichter wurde die Firdausi-Universität Maschhad benannt.

Übersetzte Versionen des Schāhnāme

  • Friedrich Rückert: Firdosi's Königsbuch (Schahname) Sage I-XIII. Aus dem Nachlass herausgegeben von E. A. Bayer. Nachdruck: epubli, Berlin 2010, ISBN 978-3-86931-356-6.
  • Friedrich Rückert: Firdosi's Königsbuch (Schahname) Sage XV-XIX. Aus dem Nachlass herausgegeben von E. A. Bayer. Nachdruck: epubli, Berlin 2010, ISBN 978-3-86931-407-5.
  • Friedrich Rückert: Firdosi's Königsbuch (Schahname) Sage XX-XXVI. Aus dem Nachlass herausgegeben von E. A. Bayer. Nachdruck der Erstausgabe. epubli Berlin, 2010, ISBN 978-3-86931-555-3. (Details)
  • Friedrich Rückert: Rostem und Suhrab. Eine Heldengeschichte in 12 Büchern. Nachdruck der Erstausgabe von 1838. epubli, Berlin, 2010, ISBN 978-3-86931-571-3. (Details)
  • Abu al-Qasim Hassan Firdawsi: Houghton Shahnama, Harvard University Press; Facsimile Ed edition, 1981, (Englisch) ISBN 0-674-40854-3; ISBN 978-0-674-40854-8
  • Abu al-Qasim Hassan Firdawsi: The Legend of Seyavash, Penguin Classics Paperback, Penguin Books Ltd, 1992 (Englisch), ISBN 0-14-044566-8, ISBN 978-0-14-044566-4

Literatur

  • Volkmar Enderlein, Werner Sundermann (Hrsg.): Schāhnāme. Das persische Königsbuch. Miniaturen und Texte der Berliner Handschrift von 1605. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig u. a. 1988, ISBN 3-378-00254-9.
  • Fatemeh Hamidifard-Graber: Von Ackerwinde bis Zypresse. Das Pflanzenreich im „Königsbuch“ des Ferdousī (= Islamkundliche Untersuchungen. Bd. 294). Klaus-Schwarz-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-87997-368-2 (Zugleich: Mainz, Univ., Diss., 2006).
  • Monika Gronke: Geschichte Irans. Von der Islamisierung bis zur Gegenwart (= Beck'sche Reihe 2321 C.-H.-Beck-Wissen). C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48021-7.
  • Cl. Huart, H. Massé, V. L. Ménage: Firdawsī. In: Encyclopedia of Islam. CD-ROM-Edition, II:918a. Brill, Leiden 2003, ISBN 90-04-11040-2.
  • George Morrison: Persian literature (belles-lettres) from the earliest times to the time of Jāmī. In: George Morrison (Hrsg.): History of Persian literature from the beginning of the Islamic period to the present day. Brill, Leiden 1981, ISBN 90-04-06481-8, S. 1–82.
  • Parvaneh Pourshariati: The Parthians and the Production of Canonical Shahnames. In: Henning Börm, Josef Wiesehöfer (Hrsg.): Commutatio et Contentio. Studies in the Late Roman, Sasanian, and Early Islamic Near East. In memory of Zeev Rubin (= Reihe Geschichte. Bd. 3). Wellem, Düsseldorf 2010, ISBN 978-3-941820-03-6, S. 346–392.

Galerie

Weblinks

Commons: Firdausi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Huart/Massé/Ménage: Firdawsī. In: Encyclopaedia of Islam. New Edition; Brill, Leiden; CD-Version; „FIRDAWSĪ (Ferdosi), Persian poet, one of the greatest writers of epic, author of the Shāhnāma (Shāhnāmé, the Book of Kings)“
  2. Huart/Massé: Daqīqī. In: Encyclopaedia of Islam. New Edition; Brill, Leiden; CD-Version; „Daqīqī [...] the poet to whom we owe the oldest known text of the national epic in the Persian language.“
  3. Djalal Khaleghi-Motlagh in Encyclopaedia Iranica, Artikel FERDOWSĪ,ABU’L-QĀSEM - Apart from his patronymic (konya), Abu’l-Qāsem, and his pen name (taḵallosá), Ferdowsī, nothing is known with any certainty about his names or the identity of his family.
  4. Ernst Bertram: Persische Spruchgedichte. Insel-Verlag, Leipzig (und Zweigstelle Wiesbaden) 1944 (und 1949) (= Insel-Bücherei, 87), S. 54 f.
  5. Huart/Massé/Ménage: Firdawsī. In: Encyclopaedia of Islam. New Edition; Brill, Leiden; CD-Version; „Sprung from a family of dihqāns [q.v.], he was, according to Niẓāmī ʿArūḍī, a man of influence in his village, of independent means thanks to the revenues from his lands. Numerous passages of his work reveal his love for Iran. He was certainly acquainted with Arabic; and early in life had acquired a deep knowledge of the history and the legends concerning Iran to which his family environment had predisposed him.“
  6. Zur Frage der Religionszugehörigkeit Firdausis siehe Djalal Khaleqi-Motlagh, in Encyclopaedia Iranica Artikel FERDOWSI, ABU'L-QĀSEM i. Life: "Ferdowsī was a Shiʿite Muslim, which is apparent from the Šāh-nāma itself (ed. Khaleghi, I, pp. 10–11) and confirmed by early accounts (Neẓāmī ʿArūżī, text, pp. 80, 83; Naṣīr-al-Dīn Qazvīnī, pp. 251–52). In recent times, however, some have cast doubt on his religion and his Shiʿism.[...] Ferdowsī showed a prejudice in favor of his own sect and, as is apparent from the exordium to the Šāh-nāma, considered his own sect to be the only true Islamic one.[...] In the cemetery the preacher of Ṭābarān prevented his being buried in the Muslim cemetery on the grounds that Ferdowsī was a Shiʿite, and so there was no choice but to bury the poet in his own orchard."
  7. Niẓāmī ʿArūḍī: Chahar Maghaleh. Zitiert nach: Hezareh Firdausi. Sokhanranyhayeh jammii az fozalaye Iran va Mostashreghine Donya. Donyayeh Ketab, Tehran 1362, S. 119. persisch نظامی عروضی در چهار مقاله : "یک واعظ متعصب طوسی از اهل طابران بر ضد فردوسی غوغا بلند کرد و نگذاشت جنازه او در قبرستان مسلمانان دفن شود. لهذا آن افتخار قوم ایرانی را در باغ خودش درون دروازه طایران دفن کردند و جداگانه زیارتگاهی شد. "