Franz Büchner (Mediziner)

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Franz Büchner, auch genannt der Heilige Franz[1] (* 20. Januar 1895 in Boppard; † 9. März 1991 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Pathologe.

Leben

1933 wurde Büchner Direktor des Pathologischen Instituts am Berliner Krankenhaus im Friedrichshain. Ab 1934 war er außerordentlicher Professor an der Berliner Universität. 1936 folgte er einem Ruf an die Universität Freiburg, wo er bis 1963 als Direktor des Pathologischen Instituts der Medizinischen Fakultät in der Nachfolge seines Lehrers Ludwig Aschoff wirkte. Hier beschäftigte er sich zunächst vor allem mit der Koronarinsuffizienz, dem Koronarinfarkt und den Wirkungen der Lungenembolie auf den Herzmuskel.

Der streng katholische Büchner gehörte nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten nicht der NSDAP, jedoch ab 1934 den NS-Organisationen Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung (NSKOV), Reichsbund der Deutschen Beamten, Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) sowie ab 1937 dem Reichsbund der Kinderreichen an.

Während des Zweiten Weltkrieges leitete Büchner ab Anfang Januar 1940 das Institut für Luftfahrtmedizinische Pathologie des Reichsluftfahrtministeriums, wo er sich der Luftwaffenforschung widmete. Büchner bekleidete den Rang Oberfeldarztes und Sonderführers und galt nach Generaloberstabsarzt Oskar Schröder als der „oberste Arzt für pathologische Zweckforschung“. Darüber hinaus wurde Büchner durch seine deutliche Kritik an der nationalsozialistischen Euthanasiepraxis bekannt, die er in einem vielbeachteten öffentlichen Vortrag mit dem Titel „Der Eid des Hippokrates“ im November 1941 formulierte. Dies ist der einzige bekannte Protest eines prominenten Mediziners gegen diese Verbrechen. Trotzdem konnte Büchner seine Stellung behalten und legte auch sein Amt als Berater der Luftwaffe nicht nieder, was ihm nach dem Krieg von Kritikern auch vorgehalten wurde. Büchner nahm an der Tagung über Ärztliche Fragen bei Seenot und Wintertod am 26. und 27. Oktober 1942 teil, wo er am 26. Oktober über die Pathologie der Unterkühlung referierte. Auf dieser Tagung wurde auch über die „Unterkühlungsversuche“ im KZ Dachau referiert, wogegen Büchner protestiert haben soll.[1]

Nachdem sein Institut durch den Bombenangriff auf Freiburg vom November 1944 weitgehend zerstört war, konnte der wissenschaftliche Betrieb zunächst nur unter beengten räumlichen und finanziellen Bedingungen wieder aufgenommen werden. Trotzdem konnte er in dieser Anfangszeit mit seinem Team die Bedeutung der Hypoxie für die Entstehung von Missbildungen nachweisen.

In der Zeit nach 1945 wurde er hauptsächlich bekannt durch Untersuchungen zu angeborenen Fehlbildungen bei Kindern. Ab 1958 wurden auffällige Fehlbildungen bei Neugeborenen erstmals im Bundestag diskutiert. Zunächst wurden als eine mögliche Ursache die Kernwaffentests vermutet. Da es in Westdeutschland nach der nationalsozialistischen Vergangenheit, insbesondere durch die Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, keine Meldepflichten für Fehlbildungen gab, wurde diese Hypothese bezweifelt. Erst Ende 1961 wurde das Medikament Contergan als Auslöser für die Fehlbildungen erkannt und das Medikament vom Hersteller, der Grünenthal GmbH, vom Markt genommen. Büchner war Mitglied der Kommission, die zusammen mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Untersuchung beim Contergan-Skandal eingesetzt wurde. 1953 bis 1954 war er Vorsitzender der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte.

Ehrungen und Mitgliedschaften

Ruhestätte von Büchner auf dem Hauptfriedhof Freiburg im Breisgau

Schriften (Auswahl)

  • Der Eid des Hippokrates. Die Grundgesetze der ärztlichen Ethik. Herder, Freiburg i. Br. 1945
  • Pläne und Fügungen. Lebenserinnerungen eines deutschen Hochschullehrers, Verl. Urban & Schwarzenberg, München/Berlin 1965

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 81
  2. Heinz E. Mißling (Hrsg.): Boppard. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein, Dritter Band. Boppard 2001, ISBN 3-930051-02-8, S. 477.
  3. Mitglieder der HAdW seit ihrer Gründung 1909. Franz Büchner. Heidelberger Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 19. Juli 2016.