Gelbe Flotte

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Lage des Sueskanals

Als Gelbe Flotte wurde eine Gruppe von 15 Schiffen bezeichnet, die von Juni 1967 bis Mai 1975 fast acht Jahre lang im Sueskanal festlagen. Der Name rührte von dem gelben Schimmer des Sandes auf den Schiffen, der aus der Wüste durch den ständigen Wind auf die Decks der Schiffe geweht wurde.

Geschichte

Am 5. Juni 1967 fuhr ein Konvoi von 14 Frachtschiffen von Port Taufiq bei Sues kommend den Sueskanal nordwärts, als der Sechstagekrieg ausbrach. Die Schiffe gingen im Großen Bittersee, der breitesten Stelle im Kanal, vor Anker. Da der Kanal durch absichtliche Schiffsversenkungen blockiert wurde, lagen die Schiffe auf unbestimmte Zeit fest. Ein weiteres Schiff, der Tanker Observer aus den USA, ankerte im Timsahsee.

Die Schiffe lagen zeitweise im Kampfgebiet, sie wurden aber nicht in Mitleidenschaft gezogen. Ein Teil der Mannschaften konnte nach einigen Wochen die Schiffe verlassen, der Rest wurde regelmäßig – halbjährlich – ausgetauscht. Auf den Schiffen und zwischen den Besatzungen entwickelte sich ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl. Im Herbst 1967 wurde von den Besatzungen der Schiffe auf der Melampus die „Great Bitter Lake Association“ gegründet, eine Vereinigung mit dem Ziel der Förderung der Freundschaft und der gegenseitigen Hilfe.[1]

Zur Kostenreduktion wurden die Schiffe ab 1969 in 3 Gruppen zusammengefasst, die jeweils von einer einzigen Besatzung von etwa 10 Mann betreut wurden. In dieser Zeit entstand auch eine Reihe von handgemalten Briefmarken mit den Gruppennamen der Schiffe, welche von der ägyptischen Post anerkannt wurden. Die so freigemachten Briefe stellen heute gesuchte Sammlerstücke dar. Erst im Mai 1975 verließen die Schiffe den See, nur die beiden deutschen Schiffe vermochten dies aus eigener Kraft.

Über die Ereignisse und die betroffenen Menschen wurde 2009 die Dokumentation Gefangen im Bittersee mit einer Länge von 53 Minuten unter der Regie von Jens Arndt und Fayd Jungnickel gefilmt.[2]

Liste der Schiffe

Name Nationalität Gruppe Eigentümer/Reeder Kapitän Ladung Tonnage (BRT) Bemerkungen
Nordwind[3] Deutschland Deutschland MüWiNiKiEs Nordstern Reederei Lomer T-Shirts 8 656 IMO: 5255868; Gebaut bei der Werft Flensburger Schiffbau-Gesellschaft 1958. Andere Namen Rodanthi A. und Centaurus. In Shanghai ab dem 28. Mai 1985 abgebrochen.
Münsterland Deutschland Deutschland MüWiNiKiEs HAPAG Hoffmann u.a. Äpfel, Eier, Trauben 9 365 Saarland-Klasse Die Münsterland wurde nach ihrer Ankunft in Hamburg am 24. Mai 1975 überholt und weiter im Ostasiendienst eingesetzt. Am 21. Juni 1978 nach Griechenland verkauft und unter dem Namen Munsterlandes weiter betrieben. Am 2. Januar 1983 in Trincomalee aufgelegt. 17. November im Schlepp nach Kaohsiung, Taiwan. Dezember 1983 weiter nach Volksrepublik China, Abbruch ab März 1984 in Fuzhou, Provinz Fujian.
Killara Schweden Schweden MüWiNiKiEs Rederiaktiebolaget Transatlantic Sture Sundnér Wolle, Rohleder, Früchte 10 714
Nippon Schweden Schweden MüWiNiKiEs Svenska Ostasiatiska Kompaniet 10 309
Essayons, ex-Sindh[4] Frankreich Frankreich MüWiNiKiEs 7 051 Ruul-Pedersen Reederei, Norwegen, bei Kriegsbeginn hieß das Schiff Sindh, Messageries Maritimes, Frankreich
Lednice Vorlage:CZS LedMelAga Donaureederei Rohleder 1 462
Agapenor Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich LedMelAga Blue Funnel Line Spielwaren 7 654
Melampus Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich LedMelAga Blue Funnel Line Jim Starkey 8 509
Scottish Star Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich DjaBiPorSt Blue Star Line Brian McManus 10 174
Port Invercargill Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich DjaBiPorSt Port Line Arthur Kensett 10 463
Djakarta Polen Polen DjaBiPorSt Polskie Linie Oceaniczne 6 915
Bolesław Bierut [5] Polen Polen DjaBiPorSt Polskie Linie Oceaniczne Bogdan Kryspin 6 674 Stückgutfrachter vom Typ B-54, der Polish Ocean Lines. Fuhr überwiegend im Ostasiendienst. Im Jahr 1975 wurde sie an einen griechischen Reeder verkauft.
Vassil Levsky Bulgarien Bulgarien Navigation Maritime 4 975 Erbaut bei Burntisland Shipbuilding Company, Burntisland. Stapellauf 29. September 1943, übergeben Dezember 1943. Nach Kriegsende Granpond, Condor (1951), Saltersgate (1959). Abgebrochen in Split ab Juni 1975.
African Glen Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Farell Lines 6 116 gesunken 1973 im Jom-Kippur-Krieg
Observer Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten - ankerte im Timsahsee

Weblinks

  • Wolfgang Scharrnbeck: Gefangen im Suez Kanal. In: Spiegel Online. 17. Mai 2008, abgerufen am 6. April 2015.
  • Peter Kiehlmann: Bilder der Nordwind. Deutsche Dampfschifffahrts-Gesellschaft "HANSA", 11. Dezember 2009, abgerufen am 6. April 2015.
  • Jörn Teger: Gefangen im Bittersee. In: Mare No.40. Oktober 2003, abgerufen am 6. April 2015.
  • Bjoern Moritz: Post vom Großen Bittersee! In: Seemotive - Motiv-Philatelie rund um die Seefahrt. 13. Mai 2011, abgerufen am 6. April 2015.

Einzelnachweise

  1. Jörn Teger: Gefangen im Bittersee. In: Mare No.40. Oktober 2003, abgerufen am 6. April 2015.
  2. Dokumentation Gefangen im Bittersee auf: tvmovie.de. Abgerufen am 11. November 2012.
  3. Schiff Nordwind auf: shipspotting.com (englisch). Abgerufen am 11. November 2012.
  4. Thierry Bressol: Le Sindh et le plus mauvais jour du Canal de Suez 1 (französisch). Abgerufen am 11. November 2012.
  5. Schiff Bolesław Bierut (PDF-Datei; 104 kB) auf: cargo-vessels-international.at (englisch). Abgerufen am 11. November 2012.