Gewöhnlicher Blutweiderich

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Gewöhnlicher Blutweiderich

Gewöhnlicher Blutweiderich (Lythrum salicaria)

Systematik
Eurosiden II
Ordnung: Myrtenartige (Myrtales)
Familie: Weiderichgewächse (Lythraceae)
Tribus: Lythreae
Gattung: Blutweideriche (Lythrum)
Art: Gewöhnlicher Blutweiderich
Wissenschaftlicher Name
Lythrum salicaria
L.

Der Gewöhnliche Blutweiderich (Lythrum salicaria)[1] ist eine Pflanzenart aus der Gattung Blutweideriche (Lythrum) innerhalb der Familie der Weiderichgewächse (Lythraceae).

Beschreibung

Illustration
Großaufnahme eines Blütenstandes
Illustration: Heterostylie
Großaufnahme einer Blüte
Bestäubung durch eine Waldhummel

Vegetative Merkmale

Der Gewöhnliche Blutweiderich ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 2 Metern und eine Breite von 1,5 Metern erreicht. Bis zu 50 aufrechte, teils verzweigte, behaarte, vier- bis mehrkantige Stängel können aus dem Rhizom heranwachsen. Untergetauchte Triebe entwickeln ein Durchlüftungsgewebe (Aerenchym), das das Rhizom mit Sauerstoff versorgt.[2]

Die sitzenden (stiellosen) Laubblätter sind in dreizähligen Quirlen oder gegenständig, weiter oben wechselständig an den Stängeln angeordnet. Die Blattspreite ist schmal-lanzettlich bis oval. Die Folgeblätter haben einen abgerundeten bis herzförmigen Blattgrund; unterseits treten die Nerven deutlich hervor.[2]

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von Juni bis September. Jeder ähren- oder traubenförmige Blütenstand kann hundert und noch mehr Blüten enthalten; diese Scheinähren sind purpurrot.

Die zwittrigen Blüte besitzen eine doppelte Blütenhülle. Es ist ein röhriger, doppelt gezähnter Achsenbecher vorhanden. Die sechs oder fünf freien Kronblätter sind mehr als 1 Zentimeter lang.

Beim Blütenaufbau liegt trimorphe Heterostylie vor: Es gibt drei verschiedene Blütentypen (auf verschiedenen Pflanzenexemplaren):

  • Blüten mit langen Griffeln und mittellangen und kurzen Staubblättern
  • Blüten mit mittellangen Griffeln und langen und kurzen Staubblättern
  • Blüten mit kurzen Griffeln und langen und mittellangen Staubblättern

Der Pollen ist bei den langgestielten Staubblättern grün und groß, bei den übrigen gelb und kleiner.[3]

Die zweiklappige Kapselfrucht springt bei Reife auf.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 60, seltener 30.[4]

Ökologie

Beim Gewöhnlichen Blutweiderich handelt es sich um einen helomorphen Hemikryptophyten.[1]

Fremdbestäubung wird dadurch sichergestellt, dass die Narben der langen Griffel die längsten, die der kurzen die kürzesten Narbenpapillen haben. Schon Charles Darwin wies nach, dass von 18 möglichen Kombinationen nur 6 eine volle Samenproduktion herbeiführen („legitime Bestäubung“). Dabei ist die legitime Bestäubung siebenmal erfolgreicher als die „illegitime“.[3] Eine „legitime“ Bestäubung liegt vor, wenn die Pollen liefernden Staubbeutel der einen Blüte auf gleicher Höhe wie die Narben der anderen Blüte liegen.

Blütenbesucher sind vor allem Schwebfliegen, aber auch Bienen und Schmetterlinge. Blutweiderich ist ein Nektarspender von besonderem Wert. Auch ist es eine wichtige Futterpflanze für die Raupen aus der Gattung der Nachtpfauenaugen (Saturnia).

Ein einzelnes Pflanzenexemplar kann bis zu drei Millionen Samen produzieren, die durch Wind und Wasser ausgebreitet werden. Die Samen sind mit Schleimhaaren ausgestattet und haften leicht an Wasservögeln fest, die sie auf diese Weise ausbreiten. Sie keimen in nahezu allen ausreichend feuchten Böden im nächsten Frühjahr.

Er wird als Futterpflanze von den Raupen aus der Familie der Nachtpfauenaugen und als Nektarspender unter anderem von Tagschmetterlingen geschätzt.

Habitus im Habitat

Vorkommen

Der Gewöhnliche Blutweiderich ist eurasiatisch-subozeanisch verbreitet, vor allem in Eurasien und Australien. In Nordamerika ist es ein eingeführter Neophyt (siehe unten).

Gewöhnlicher Blutweiderich wächst an feuchten Standorten häufig und verbreitet in Röhrichten und Sümpfen, an Ufern von Seen und Weihern, Flüssen, Bächen und Kanälen sowie in Gräben. Er bevorzugt die tieferen Lagen und ist etwas wärmeliebend, kommt aber auch noch in mittleren Gebirgslagen vor. Die Standorte sind vor allem nasse oder wechselfeuchte, zeitweise überschwemmte, nährstoffreiche, Sumpfhumusböden, beispielsweise Gley.

Inhaltsstoffe und Verwendung

Blutweiderich enthält das Glykosid Salicarin, Pectine, Harze, ätherisches Öl, reichlich Gerbstoffe und das Flavon Vitexin.[5]

In Notzeiten aß man die jungen Sprosse, Laubblätter und die innen weiße Grundachse als Gemüse. Aufgrund seines hohen Gerbstoffgehalts zwischen 9 % (Wurzel) und 14 % (Blüten) gerbte man schon im 16. Jahrhundert auch Leder mit Blutweiderichsaft. Außerdem wurden damit Holz und Seile imprägniert, um schnelle Fäulnis im Wasser zu verhindern.

Der Blutweiderich wurde bereits im Altertum als Heilpflanze benutzt. Nach Plinius wurde der Blutweiderich gegen Ekzeme eingesetzt. Dioskurides empfahl sie gegen Blutspeien und Ruhr[6]. Als Heilmittel werden Blüten und der Wurzelstock des Blutweiderichs genutzt. Die Volksmedizin setzt ihn bei Durchfällen, Blutfluss und Ruhr ein. Dazu werden 1 bis 3 Gramm Wurzel mit zwei Litern Wasser abgekocht.

Verwendet wurde Blutweiderich beispielsweise während der Choleraepidemie im 19. Jahrhundert. Die Pflanze besitzt aufgrund der Gerbstoffe stark adstringierende, bakterizide, blutstillende und harntreibende Eigenschaften. Dass der Blutweiderich als blutstillendes Mittel genutzt wurde, gab ihm wohl seinen Namen (oder die Farbe seiner Blüten). Mit dem roten Farbstoff färbte man früher Zucker.

In einer Untersuchung zur Ernährung der mediterranen Landbevölkerung wurde festgestellt, dass die Pflanze eine gegen Diabetes (Typ2) schützende Wirkung besitzt.[7]

Nutzung als Zierpflanze

Der Gewöhnliche Blutweiderich wird zerstreut als Zierpflanze für Gewässersäume genutzt. Er ist seit spätestens 1596 in Kultur. Es gibt zahlreiche Sorten.[8]

Blutweiderich als Neophyt in Nordamerika

Hylobius transversovittatus an Blutweiderich

In Nordamerika steht der Gewöhnliche Blutweiderich seit seiner Einführung durch den Menschen im 19. Jahrhundert in dem Ruf, ein lästiges „Unkraut“ zu sein. Einst als Heil- und attraktive Gartenpflanze eingeführt, breitete sich diese Art rasch aus. In Gebieten, in denen Blutweiderich-Bestände expandieren, können sie die Fließgeschwindigkeit von Flüssen und Kanälen beeinträchtigen. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass der Blutweiderich einheimische Arten verdrängt. 29 nordamerikanische Tierarten nutzen den Gewöhnlichen Blutweiderich und es gibt viele Berichte, nach denen Blutweiderich durch einheimische nordamerikanische Arten auskonkurriert wird. Eine Untersuchung an 41 Orten in Ontario hat gezeigt, dass es keinen signifikanten Unterschied im Artenreichtum von Gefäßpflanzen gab, egal ob Blutweiderich präsent war oder nicht. Auch nicht mit zunehmender Bestandsdichte von Blutweiderich.[9]

Dennoch wird der Gewöhnliche Blutweiderich in Nordamerika bekämpft. Als erfolgreiche Maßnahme hat sich das Aussetzen von Schadinsekten herausgestellt, die sich auf Blutweiderich spezialisiert haben (unter anderem der Rüsselkäfer Hylobius transversovittatus und die Blattkäferarten Galerucella calmariensis und Galerucella pusilla).[10]

Quellen und weiterführende Informationen

Einzelnachweise

  1. a b Lythrum salicaria L., Gewöhnlicher Blutweiderich. auf FloraWeb.de
  2. a b Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 485.
  3. a b Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 486.
  4. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 681.
  5. James A. Duke: Handbook of phytochemical constituents of GRAS herbs and other economic plants. CRC Press, Boca Raton FL. 1992.
  6. siehe Madaus, Lehrbuch der biologischen Heilmittel
  7. The Local Food-Nutraceuticals Consortium: Understanding local Mediterranean diets: A multidisciplinary pharmacological and ethnobotanical approach. In: Pharmacological Research, Volume 52, 2005, S. 353-366. hier online (PDF-Datei; 944 kB)
  8. Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Rothmaler Exkursionsflora von Deutschland. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Spektrum Akademischer Verlag, Berlin Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8.
  9. David I. Theodoropoulos: Invasion Biology: Critique of a pseudoscience. Avvar Books, Blythe, California, 2003, S. 37–38.
  10. Bernd Blossey: Purple Loosestrife, invasiveplants.net, 2002. [1] Ein Bericht über Ausbreitung und Bekämpfung des Blutweiderich in den USA (auf Englisch)

Literatur

Weblinks

Commons: Gewöhnlicher Blutweiderich (Lythrum salicaria) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien