Glufosinat

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Strukturformel
Strukturformel von Glufosinat
(S)-Glufosinat (links) und (R)-Glufosinat (rechts)
Allgemeines
Name Glufosinat
Andere Namen
  • 2-Amino-4-(hydroxy-methyl-phosphoryl)butansäure
  • (RS)-2-Amino-4-(hydroxy-methyl-phosphoryl)butansäure
  • (±)-2-Amino-4-(hydroxy-methyl-phosphoryl)butansäure
  • DL-2-Amino-4-(hydroxy-methyl-phosphoryl)butansäure
  • Phosphinothricin
Summenformel
  • C5H12NO4P (Glufosinat)
  • C5H15N2O4P (Glufosinat-Ammoniumsalz)
Kurzbeschreibung
  • farbloser kristalliner Feststoff[1]
  • in technischer Qualität gelblich-weiß[1]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 51276-47-2 [(RS)-Glufosinat]
  • 35597-44-5 [(S)-Glufosinat]
  • 73679-07-9 [(R)-Glufosinat]
  • 77182-82-2 [(RS)-Glufosinat-Ammoniumsalz]
PubChem 4794
Wikidata Q302204
Eigenschaften
Molare Masse 181,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,4 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

215 °C[1]

Löslichkeit

sehr leicht löslich in Wasser (1370 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​312​‐​332​‐​360Fd​‐​373
P: 201​‐​280​‐​308+313[2]
Toxikologische Daten

2000 mg·kg−1 (LD50, Ratte (männlich)oral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Glufosinat, auch Phosphinothricin, ist ein Wirkstoff zum Pflanzenschutz und die erste in der Literatur beschriebene, peptidisch gebundene, natürlich vorkommende Aminosäure mit einer Phosphinsäure-Gruppe.

Glufosinat wurde 1971 als Bestandteil des Tripeptids Bialaphos in Streptomyceten entdeckt. Eine Besonderheit liegt auch in der Seltenheit der Kohlenstoff-Phosphor-Kohlenstoff-Bindung und der bis heute noch nicht vollständig geklärten Biosynthese dieser chemisch stabilen Gruppierung. Glufosinat wird vom BMELV als reproduktionstoxisch eingestuft.[4]

Herstellung

In der Literatur sind verschiedene Methoden zur Synthese von racemischem Glufosinat [1:1-Gemisch aus (S)-Glufosinat und (R)-Glufosinat] beschrieben.[5]

Die industrielle Synthese basiert überwiegend auf Acroleincyanohydrinacetat (ACA).[6] Durch Addition eines Methylphosphinsäureesters, anschließender Umsetzung mit Ammoniak und Hydrolyse des entstandenen Esters wird daraus Glufosinat dargestellt.[7]

Verwendung

Herbizid

Das racemische Ammoniumsalz von Phosphinothricin ist als Bestandteil in verschiedenen kommerziellen Herbiziden enthalten und wird unter mehreren Handelsnamen als (Total-)Herbizid mit kontakt- und teilsystemischer Wirkung verwendet. Der bekannteste unter diesen Handelsnamen ist Basta®. Glufosinat wirkt sowohl gegen einkeimblättrige als auch gegen zweikeimblättrige Pflanzen. Die Aufnahme geschieht nicht über die Wurzeln, sondern hauptsächlich über die grünen Pflanzenteile und bewirkt dort eine Hemmung der Glutamin-Synthetase. Dies führt zur Anreicherung von Ammonium im Blattgewebe der Pflanze und weiterhin zu einem Mangel an Glutamin und anderen Aminosäuren. Dadurch kommt es zur Hemmung der Photosynthese, zu Chlorosen und letztendlich zum Absterben des Blattgewebes und schließlich der gesamten Pflanze. Glufosinat wird daher auch zur Gruppe der aminosäureantagonistischen Herbizide gezählt.

Gentechnische Resistenzen

Es gelang gentechnisch, eine Resistenz gegen das Herbizid bei Nutzpflanzen wie Mais, Reis, Raps oder Salat zu erzeugen. Dazu wurde das Gen für das Enzym Phosphinothricin-Acetyl-Transferase (PAT-Enzym) aus dem Bakterium Streptomyces viridochromogenes isoliert. Das Bakterium, das Phosphinothricin selbst produziert, schützt sich damit vor seinem eigenen Gift, in dem es eine Acetylgruppe auf Phosphinothricin überträgt und es dadurch inaktiviert.

Ein Beispiel ist der Reis LL62. LL62 ist gegen das Bayer-Breitband-Herbizid Liberty (mit Wirkstoff Glufosinat-Ammonium) resistent. Bayer reichte 2004 seinen Antrag auf Zulassung für den Import in die EU von LL62 ein. Der Antrag bezieht sich auf die Verwendung als Lebens- und Futtermittel sowie zur Verarbeitung. In den USA besteht bereits eine Genehmigung für den Anbau.

Regulierung

Europa

In der Europäischen Union gilt seit 2007 eine Zulassung von Glufosinat für Pflanzenschutzmittel, die zum 30. September 2017 ausläuft. Auf nationaler Ebene ist Glufosinat in 21 EU-Staaten zugelassen. Auch in der Schweiz und Österreich sind Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff zugelassen.[8] In Deutschland ist die Zulassung zum Inverkehrbringen für das vormals einzige glufosinathaltige Mittel „Basta“ zum 31. Dezember 2015 ausgelaufen; eine Verlängerung der Zulassung zum Inverkehrbringen wurde nicht beantragt. Lagerbestände dürfen bis zum 30. Juni 2017 aufgebraucht werden.[9]

Die erlaubte Tagesdosis und die Akute Referenzdosis betragen jeweils 0,021 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag, die Annehmbare Anwenderexposition liegt bei 0,0021 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.[8]

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 365/2013 vom 22. April 2013 legte aufgrund vermuteter Risiken für Säugetiere und Nichtzielarthropoden fest, dass nur noch streifenweise oder punktuelle Herbizidanwendungen mit Glufosinat zugelassen werden dürfen, und zwar in Dosierungen von höchstens 750 g Wirkstoff/ha (behandelte Oberfläche) je Ausbringung und mit höchstens zwei Ausbringungen pro Jahr.[10] Zur Umsetzung der Durchführungsverordnung verbot oder beschränkte das BVL für bestimmte Kulturen die Anwendung des glufosinathaltigen Produkts „Basta“ zum 13. November 2013.[11]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Eintrag zu Glufosinat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  2. a b c Eintrag zu Ammonium-2-amino-4-(hydroxymethylphosphinyl)butyrat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  3. Eintrag zu Ammonium 2-amino-4-(hydroxymethylphosphinyl)butyrate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Neue rechtliche Regelungen für Pflanzenschutzmittel auf EU-Ebene (PDF; 75 kB) BMELV-Homepage, Jan. 2009; abgerufen 22. März 2013.
  5. Bernd Schäfer: Naturstoffe der chemischen Industrie, Elsevier, 2007, S. 471–475, ISBN 978-3-8274-1614-8.
  6. Evonik Degussa.
  7. Marcus Diemer: Immunanalytische Methoden mit chemischer und enzymatischer Derivatisierung zur Bestimmung von Glufosinat. 2002, Herstellung/Synthese (PDF).
  8. a b Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Glufosinate in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs (Eingabe von „undefiniert“ im Feld „“) und Deutschlands Nicht definierte Angabe im Parameter A= Nicht definierte Angabe im Parameter CH=
  9. Bayer AG: Pflanzenschutzmittel „Basta“
  10. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 365/2013 der Kommission vom 22. April 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Glufosinat.
  11. BVL: Änderung der Zulassung des Pflanzenschutzmittels Basta. 8. November 2013. Abgerufen am 9. März 2016.

Weblinks