Grüner Knopf

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Das Logo des Grünen Knopfes

Der Grüne Knopf ist ein staatliches Siegel zur Kennzeichnung von nachhaltigen Textilien. Mit dem Siegel sollen die Hersteller von Textilprodukten die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in der Produktion in der kompletten Lieferkette gewährleisten sowie auch sicherstellen, dass die Produkte sozial und ökologisch hergestellt wurden.[1]

Das Siegel wurde durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am 9. September 2019 eingeführt.[2]

Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der zur Nutzung des Siegels festgelegte Verhaltenskodex soll anspruchsvolle ökologische und soziale Standards für in Verkehr gebrachte Textilwaren sicherstellen.[3][4] Zu den ökologischen Produktkriterien gehören das Verbot von Weichmachern und gefährlicher Textilchemikalien sowie schadstoffgeprüfte Naturfasern, zu den sozialen Produktkriterien das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, Mindestlöhne und Arbeitsschutz. Bislang wird allerdings nur das Ende der Produktionskette geprüft (Nähen, Zuschneiden, Färben, Bleichen), nicht der Baumwollanbau und das Weben.[5] Eine Ausweitung des Grünen Knopfs auf alle anderen Produktionsschritte der Textillieferkette ist für die kommenden Jahre geplant.[6] Insgesamt muss ein Produkt, das mit dem Grünen Knopf versehen sein soll, 46 Sozial- und Umweltstandards erfüllen.[7]

Der Grüne Knopf entstand unter anderem durch Bestrebungen, Katastrophen wie den Textilfabrikeinsturz in Sabhar 2013 mit 1135 Toten zukünftig zu verhindern.

Das abgebildete Symbol und der Ausdruck „Grüner Knopf“ wurden als Gewährleistungsmarken eingetragen.[8] Der Inhaber, das BMZ, bestimmt durch seine Markensatzung die genauen zu erfüllenden Kriterien, welche zur Nutzung der Marke und damit zum Anbringen des Symbols auf Textilprodukten berechtigen. Neben der Einhaltung bestimmter Produkteigenschaften wird zusätzlich die jährliche Überprüfung dieser Einhaltung durch eine gemäß Verordnung 765/2008/EWG akkreditierte, unabhängige Prüfstelle verlangt. Die missbräuchliche Verwendung der Kennzeichnung kann privatrechtlich verfolgt werden.

Zum Startzeitpunkt im Jahr 2019 wurde das Siegel von 27 Unternehmen zur Produktkennzeichnung genutzt und insgesamt 70 Firmen meldeten ihr Interesse.[9] Ende August 2020 nutzten etwa 50 Unternehmen das Gütezeichen.[10]

Präsentation der ersten am Grünen Knopf beteiligten Marken
Video:Nachhaltigkeitssiegel in der Textilindustrie am Beispiel Grünen Knopf

Grüner Knopf 2.0[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. August 2022 ist die neue Version Grüner Knopf 2.0 in Kraft getreten.

Zu den wichtigen Änderungen gehören unter anderem:

  • Schritte hin zu existenzsichernden Löhnen
  • unternehmerischen Sorgfaltspflicht für die gesamte Lieferkette
  • stärkere Einbeziehung der Betroffenen vor Ort
  • Ausweitung auf Rohstoffgewinnung und Anforderungen an Fasern und Materialien[11][12]

Kritik zur Einführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Konzept des Grünen Knopfs ist sowohl bei Aktivisten als auch der Textilindustrie in der Kritik. Die deutsche Textilwirtschaft schrieb 2018 in einem internen Positionspapier, der Grüne Knopf könne „gar nicht halten, was er vorgibt zu versprechen“. Die Umstellung auf das neue Siegel sei „mit enormen zusätzlichen Kosten“ verbunden, der Aufbau eines Überwachungssystems dauere Jahre.[13] Die Prüfung umfasst noch nicht die Erzeugung der Rohstoffe, sondern nur die Weiterverarbeitung. Daneben garantiert die Verpflichtung, Mindestlöhne zu zahlen, noch nicht, dass diese Löhne existenzsichernd sind.[14]

EU-Produktionsbedingungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) kritisiert, dass Kleidung die in der EU produziert wird, nicht genauso kontrolliert werde, wie aus Nicht-EU-Ländern.[15][16] Unternehmen die in der EU produzieren „müssen für die Produktzertifizierung keinen Nachweis erbringen, dass die Menschen- und Arbeitsrechte eingehalten werden, da die sozialen Standards aufgrund effektiv durchgesetzter gesetzlicher Vorgaben in der EU bereits gewährleistet seien“.[16]

Dazu äußerte die Christliche Initiative Romero, dass dies ein Einfallstor für Trittbrettfahrer sei und die Glaubwürdigkeit des Grünen Knopfs ad absurdum führen könnte: „Veröffentlichungen der CCC über Bulgarien oder Rumänien, die beiden größten Textilkonfektionäre in der EU, zeigen regelmäßig systemische Probleme bei der Umsetzung von Arbeitsrechten. Bei der Kluft zwischen dem tatsächlichen Lohn und einem Existenzlohn belegen die Niedriglohnländer Europas weltweit einen traurigen Spitzenplatz“.[16]

Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt sagte zur Einführung des Grünen Knopfes: „Insbesondere die Zahlung eines existenzsichernden Lohns ist nicht integriert. Ebenso fehlt die Abdeckung der gesamten Lieferkette“.[16]

Ein mit Pestiziden behandeltes und unter schlechten Arbeitsbedingungen produziertes Textil kann einem Fazit eines Kritikers zufolge den Grünen Knopf bekommen, wenn dies in Europa entstand.[15] Auch umweltschädliche Viskosefasern und auf Teflon basierende Membranen würden den Grünen Knopf bekommen, solange diese aus Europa seien.[15]

Freiwillige Produktzertifizierung und Fabrikaudits[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Grüne Knopf will menschenrechtliche Sorgfaltspflichten von Unternehmen in die Bewertung einbeziehen. Laut CCC ist unklar, wie die Kriterien und die Nachweisführung zur Einhaltung in der Praxis umgesetzt werden.[16]

Die Vergabe des Grünen Knopfes soll auf der Anerkennung bereits bestehender Siegel und Label basieren. Diese werden, der CCC zufolge, in der Regel von privatwirtschaftlichen Firmen oder Einrichtungen anhand durchgeführter Fabrikaudits vergeben.[16] Ver.di rekurrierte diesbezüglich: „In zahlreichen Publikationen hat die CCC dokumentiert, dass Sozialaudits weder in der Lage sind, Arbeitsrechtsverletzungen wie die Diskriminierung von Frauen oder die Behinderung von Gewerkschaftsarbeit zu erkennen, noch zu tatsächlichen Verbesserungen führen. Ein staatliches Siegel erfordert einen besonders effektiven, unabhängigen und mit ausreichend Ressourcen und wirksamen Sanktionsmitteln ausgestatteten Kontrollmechanismus“.[16]

Keine Einbindung von GOTS und FWF[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kritisiert wird außerdem, dass der Grüne Knopf als Metasiegel nicht die Label der Global Organic Textile Standard (GOTS) und der Fair Wear Foundation (FWF) integriert hat.[15]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Das staatliche Siegel für nachhaltige Textilien. In: Der Grüne Knopf. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), abgerufen am 18. Oktober 2023.
  2. Minister Gerd Müller stellt staatliches Textilsiegel „Grüner Knopf“ vor. In: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 9. September 2019, abgerufen am 18. Oktober 2023.
  3. Hannes Koch: „Raus aus der Nische“. In: taz.de. 16. August 2019; (Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Interview).
  4. Der Grüne Knopf: Bekanntgabe und Teilnahmeaufruf zur Einführung des Siegels „Grüner Knopf“. (PDF) Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, abgerufen am 18. August 2010.
  5. Newstime, 9. September 2019
  6. Herr Minister, tragen Sie fair produzierte Unterwäsche unter Ihrem weißen Hemd? 8. September 2019, abgerufen am 6. Oktober 2019.
  7. Kriterien. Abgerufen am 7. Oktober 2020.
  8. Markeneintrag beim DPMA mit Markensatzung zum Download. Abgerufen am 10. September 2019.
  9. Hannes Koch: Müllers Grüne-Socken-Kampagne. In: taz.de. 9. September 2019, abgerufen am 9. September 2019.
  10. Simon Book, Kristina Gnirke, Alexander Jung, Nils Klawitter, Gerald Traufetter: Wie die Bundesregierung im Kampf gegen fragwürdige Lieferketten scheitert. In: Der Spiegel. Nr. 36, 2020 (online).
  11. Weiterentwicklung. In: Der Grüne Knopf. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), abgerufen am 18. Oktober 2023.
  12. Der Grüne Knopf – Fragen und Antworten. (PDF; 1,0 MB) In: bmz.de. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2021, abgerufen am 12. Dezember 2021.
  13. Neues Umweltsiegel „Der grüne Knopf“. In: br.de. 24. Oktober 2018, abgerufen am 18. August 2019.
  14. Mode ohne Beipackzettel. In: Zeit Online. 9. September 2019, abgerufen am 18. Oktober 2023.
  15. a b c d Interview von Trisha Balster: Debatte über Grünen Knopf: „Ein mit Pestiziden begossenes T-Shirt bekäme das Siegel“. In: Spiegel Online. 11. September 2019, abgerufen am 16. September 2019.
  16. a b c d e f g Grüner Knopf: Neues Metasiegel an entscheidenden Stellen viel zu schwach. In: Kampagne für Saubere Kleidung – Clean Clothes Campaign Germany. 5. September 2019, abgerufen am 16. September 2019.