Leubinger Hügel

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Koordinaten: 51° 11′ 25″ N, 11° 10′ 11″ O

Grabhügel von Leubingen
p1
Lage Thüringen, Deutschland
Fundort Leubingen
Grabhügel von Leubingen (Thüringen)
Grabhügel von Leubingen (Thüringen)
Wann 1942 ± 10 v. Chr., Frühbronzezeit
Wo Leubingen, Sömmerda/Thüringen
ausgestellt Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar,
Leubinger Heimatstube

Der Grabhügel von Leubingen ist ein sogenanntes Fürstengrab der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur, welches sich bei Leubingen, einem Ortsteil von Sömmerda (Thüringen) als monumentales Denkmal erhebt.

Beschreibung und Datierung

Der Grabhügel hatte eine Höhe von ca. 8,5 m und einen Durchmesser von ca. 34 m, einen Umfang von 145 m und ein Bauvolumen von 3270 m³. Die hölzerne Grabkammer konnte dendrochronologisch auf 1942 ± 10 v. Chr. datiert werden.[1][2] Die kleine Unsicherheit der Datierung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Waldkante der Stämme nicht erhalten war und damit ihr exaktes Fälldatum nicht zu ermitteln ist.

Forschungsgeschichte

Der Grabhügel wurde 1877 unter Leitung des Jenaer Universitätsprofessors Friedrich Klopfleisch ausgegraben. Zunächst wurden im oberen Bereich der bronzezeitlichen Hügelschüttung 70 slawische Gräber aus der Zeit zwischen 700 und 1100 freigelegt. Solche Nachbestattungen in älteren Hügelschüttungen sind nicht ungewöhnlich. Auf Bodenniveau stießen die Ausgräber auf eine unversehrte, zeltförmige Grabkammer aus Eichenholz, die wie die gesamte Bestattung in die Aunjetitzer Kultur datiert. Die Kammer war mit Schilf bedeckt, mit Kalkmörtel verfugt und mit Steinen abgedeckt. Die Steinabdeckung bestand aus weißem und rotem Sandstein, welcher aus Entfernungen bis zu 30 km herbeigeschafft wurde.

Nachbildungen der Grabkammer befinden sich im Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar sowie in der Leubinger Heimatstube.

In der Nähe des Grabhügels wurden 2011 die Bodenreste (Verfärbungen der ehemaligen Wände) eines fürstlichen Langhauses entdeckt. Der Bau hatte eine Fläche von 462 m² und ist damit eines der größten der mitteldeutschen Urgeschichte. Keramikfunde machen die zeitliche Nähe zum Hügelgrab wahrscheinlich. Vor der Stirnseite des Langhauses wurde außerdem ein umfangreicher Hortfund von Bronzebeilen gemacht, der auf eine herausragende Stellung der Bewohner des Hauses schließen lässt.[3]

Interpretation der Hauptbestattung

Die Grabkammer barg eine Doppelbestattung, wobei die Hauptbestattung - ein männlicher Erwachsener - eine herausragende Persönlichkeit gewesen sein muss (etwa ein Stammeshäuptling oder Priester, Kriegsherr oder Metallurg). Die in den Grabbeigaben enthaltenen Werkzeuge könnten darauf hinweisen, dass Reichtum und Macht aus einer Kontrolle der regionalen Metallwirtschaft resultierten. Manche Forscher sehen im Grabhügel von Leubingen deshalb ein spätes Metallurgengrab. Allerdings fanden sich hier nicht die sonst dafür typischen Tondüsen.

Quer über den Hüften des auf dem Rücken liegenden Toten wurde das Skelett eines etwa zehnjährigen Kindes gefunden. Da zum Zeitpunkt der Graböffnung keine anthropologische Untersuchung stattfand, ist ungeklärt, ob es sich um Totenfolge oder um ein gleichzeitig verstorbenes Kind handelt.

Die reichen Grabbeigaben, bestehend aus Goldschmuck (ein goldener Armring, zwei goldene Ösenkopfnadeln, ein goldenes Spiralröllchen, zwei goldene Noppenringe), bronzenen Waffen (eine Stabdolchklinge, drei Dolchklingen, zwei Randleistenbeile) und Werkzeugen (zwei Knickwandmeißel, zwei Randleistenmeißel, ein Schuhleistenkeil aus Serpentin, ein Wetzstein), einem großen Grabgefäß sowie weiteren Keramikbeigaben und nicht zuletzt der gewaltige Aufwand für die gesamte Begräbnisstätte, bezeugen die Bestattung eines Mächtigen aus der frühen Bronzezeit.

Vergleichbare Grabanlagen

Der Grabhügel von Leubingen ist der bei weitem größte seiner Art. Ähnliche Grabhügel der Aunjetitzer Kultur existieren bei Helmsdorf (Gerbstedt) mit ebenfalls 34 m Durchmesser und bei Dieskau, weitere 13 sind im mitteldeutschen Raum luftbildarchäologisch nachweisbar. Bei Leki Male (Klein Lenka) in Polen, etwa 70 km südlich von Posen, existiert eine Gruppe mit elf Grabhügeln der Aunjetitzer Kultur[4].

Galerie

Einzelnachweise

  1. Bernd Becker, Rüdiger Krause, Bernd Kromer: Zur absoluten Chronologie der frühen Bronzezeit. In: Germania. Darmstadt 67.1989,2, S.421-442. ISSN 0016-8874
  2. Ilona Knapp: Fürst oder Häuptling? Eine Analyse der herausragenden Bestattungen der frühen Bronzezeit. In: Archäologie Digital. T. 1. Freiburg 2001, S.53. ISBN 3-935846-00-2
  3. Katharina Bolle: Fürstliches Wohngebäude aus der Bronzezeit entdeckt. In: EPOC. Heidelberg 2011,4. ISSN 1865-5718
  4. Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen - Abriss des Protogermanischen vor der Ersten Lautverschiebung. London/Hamburg 2009, S.50. ISBN 3-9812110-1-4

Literatur

  • Sigrid Dušek: Ur- und Frühgeschichte Thüringens. Theiss, Stuttgart 1999, S.74. ISBN 3-8062-1504-9
  • M. Schwarz: Reich geworden durch Kupfer und Salz? In: Harald Meller (Hrsg.): Schönheit, Macht und Tod. 120 Funde aus 120 Jahren Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Begleitband zur Sonderausstellung, Halle (Saale), 2001, S. 62f.
  • Bernd Zich: Die Fürstengräber von Leubingen und Helmsdorf. In: Harald Meller (Hrsg), Der geschmiedete Himmel. Die weite Welt im Herzen Europas vor 3600 Jahren. Begleitband zur Sonderausstellung, Halle (Saale), 2004, S. 156f.

Weblinks