Gummigeschoss

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Aufbau einer Flintenpatrone mit Gummigeschossen

Als Gummigeschoss (teilweise auch als Gummischrot bezeichnet) wird im Allgemeinen eine spezielle Art von Munition bezeichnet. Diese ist aus Gummi oder anderen Kunststoffen hergestellt. Sie dient vornehmlich zur Gefahrenabwehr und wird von der Exekutive bei Demonstrationen und Straßenschlachten eingesetzt. Gummigeschosse werden in der Regel mit Hilfe eines Gewehrs oder einer Pistole abgefeuert.

Wirkung

Gummigeschosse werden nicht eingesetzt, um Menschen zu töten, sondern um sie abzuschrecken und durch Verletzungen bedingte Kampfunfähigkeit herbeizuführen. Prinzipiell kann aber ein abgefeuertes Geschoss einen Menschen töten, wenn es mit entsprechender Wucht auftrifft. So kann beispielsweise ein Schuss auf den Hals einer Person die Luftröhre quetschen oder unter Umständen sogar die Wirbelsäule brechen und so zum Tode führen. Im Nordirlandkonflikt kamen nachweislich 17 Menschen durch den Einsatz von Gummigeschossen ums Leben. Auch ist der Verlust des Augenlichts möglich. Vornehmlich soll deswegen auf die Beine oder den Rumpf der Angreifer gezielt werden, um eine Gefährdung so gering wie möglich zu halten. Das Problem hierbei ist, dass das Zielvermögen eines Polizisten während einer Straßenschlacht oder Demonstration eingeschränkt sein kann.

Einsatz

Zürcher Polizeibeamte mit MZW (Mehrzweckwerfer). Mit diesem Gerät lassen sich Gummischrotpakete wie auch Tränengaskanister verschießen.

Zum Einsatz kommen Gummigeschosse zumeist bei Einsätzen der Polizei oder auch des Militärs, bei denen – häufig in Verbindung mit Wasserwerfern und Tränengas – Demonstranten und gewaltbereite Personen auf Distanz zu den Polizeibeamten oder einem zu schützenden Objekt gehalten werden sollen. Eingesetzt wurden die Gummi- und Kunststoffgeschosse insbesondere im Nordirlandkonflikt seit 1968.

In den meisten europäischen Staaten ist der Polizei der Einsatz von Gummigeschossen untersagt, als Ersatz werden zumeist Wasserwerfer eingesetzt. Belgische Nato-Soldaten setzten Gummigeschosse gegen afghanische Demonstranten ein.[1] Die Polizeikorps in der Schweiz setzen Gummischrotwerfer auf der Basis des Karabiners 31 ein, die ein Paket von 35 sechseckigen, 18 Gramm schweren Hartgummiprojektilen verschießen.

Im Kosovo hat der Leiter der UN-Polizeitruppen den Einsatz von Gummigeschossen nach dem Tod zweier Demonstranten verboten.

Kritik

Die Schweizer Vereinigung unabhängiger Ärztinnen und Ärzte forderte ein Verbot der Munition. Die deutsche Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnte den Einsatz von Gummipatronen ab. Deren ehemaliger Vorsitzender Konrad Freiberg sagte, Distanzwaffen mit Gummigeschossen seien kein geeignetes Einsatzmittel, die Gefahr für Unbeteiligte sei zu groß.[1] Frank Richter, Vorsitzender der GdP Nordrhein-Westfalen, erklärte in diesem Zusammenhang im Jahr 2012: „Wer Gummigeschosse einsetzen will, nimmt bewusst in Kauf, dass es zu Toten und Schwerverletzten kommt. Das ist in einer Demokratie nicht hinnehmbar.“[2] Im Gegensatz dazu forderte die Deutsche Polizeigewerkschaft die Einführung von Gummigeschossen. Rainer Wendt, der Bundesvorsitzende, äußerte sich dahingehend, dass die geeigneten Distanzmittel zwischen 30 und 40 Metern fehlen.[3]

Seit September 2013 steht der Einsatz von Gummigeschossen schweizweit erneut in der Kritik, als eine Neunzehnjährige während Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstranten in Winterthur am Auge getroffen wurde und über 80 % der Sehkraft verlor, während sie sich hinter Autos in Sicherheit bringen wollte.[4] Die Jungen Grünen forderten als Folge ein Verbot von Gummigeschossen.[5]

Weblinks

Wiktionary: Gummigeschoss – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Yassin Musharbash und Christian Stöcker: Demo-Waffen: Höllenlärm, Hitzestrahlen, Pflastersteine. Artikel auf Spiegel Online vom 5. Juni 2007.
  2. GdP NRW: Einsatz von Gummigeschossen ist unverantwortlich. gdp.de, 5. Juni 2012, abgerufen am 5. Juni 2012
  3. sueddeutsche.de: Wir brauchen Gummigeschosse.
  4. Dossier Tanzdemo
  5. Junge Grüne für Gummischrot-Verbot. Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung vom 11. Oktober 2013.