Herpesvirus saimiri

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Totenkopfaffen-Herpesvirus 2
Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Duplodnaviria[1]
Reich: Heunggongvirae[1]
Phylum: Peploviricota[1]
Klasse: Herviviricetes[1]
Ordnung: Herpesvirales[1]
Familie: Herpesviridae
Unterfamilie: Gammaherpesvirinae
Gattung: Rhadinovirus
Art: Herpesvirus saimiri
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA linear
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: ikosaedrisch
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Saimiriine gammaherpesvirus 2
Kurzbezeichnung
SaHV-2
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Das Herpesvirus saimiri (HVS, SaHV-2, auch Totenkopfaffen-Herpesvirus 2, Herpesvirus saimiri 2 oder Saimirines Herpesvirus 2, wissenschaftlich Saimiriine gammaherpesvirus 2) ist ein Virus aus der Gattung Rhadinovirus, dass 1968 bei der Kultivierung von primären Nierenzellen eines Totenkopfäffchens (Saimiri sciureus) identifiziert wurde.[2] Das SaHV-2 ist die Typspezies der später definierten Virusgattung. Ungewöhnlich war seine Eigenschaft, in anderen Affen ein Malignes Lymphom auszulösen.[3] Bei einer artübergreifenden experimentellen Infektion von Nachtaffen kam es auch hier zu einem Lymphom und einer lymphatischen Leukämie.[4][5]

Ausgehend von dieser Eigenschaft als Tumorvirus bei Primaten, gilt es in der experimentellen Tumorforschung als wichtiges Modellvirus zur Untersuchung onkogener Eigenschaften anderer Viren wie dem Epstein-Barr-Virus und dem ebenfalls den Rhadinoviren zugehörige Humanen Herpesvirus 8 sowie prinzipieller Mechanismen der Lymphom-Entstehung.

Virologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

SaHV-2 besitzt eine Vielzahl von Genen, die in großen Teilen oder vollständig homologen Genprodukten der Wirtszelle entsprechen, so Proteine des Zellzyklus wie das Cyclin D, verschiedene Apoptose-Inhibitoren, Interleukin-17 und andere Cytokine, sowie Proteine des Nukleotid-Stoffwechsels. Transformierende Eigenschaften besitzen besonders die beiden Virusproteine stpC und tip, wobei ersteres durch seine Interaktion mit Ras die Eigenschaften eines Onkogens erfüllt. Das SaHV-2 ist eng verwandt mit dem Herpesvirus ateles, das aus Klammeraffen (Ateles spp.) isoliert wurde.

Biologische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Totenkopfäffchen (Saimiri sciureus)

Das SaHV-2 hat als natürlichen Wirt den Gewöhnlichen Totenkopfaffen des südamerikanische Regenwaldes. Die Tiere infizieren sich natürlicherweise durch Speichelkontakt in den ersten zwei Lebensjahren. Bei dieser Spezies von Neuweltaffen verursacht das SaHV-2 keine Infektionskrankheit, auch sind diese Tiere von keiner lymphatischen Erkrankung betroffen. Das Virus persistiert apathogen lebenslang in T-Lymphozyten.

Bei anderen Neuweltaffen wie Tamarinen (Saguinus spp.), Weißbüschelaffe (Callithrix jacchus) und Östlichem Graukehl-Nachtaffen (Aotus trivirgatus) kommt es etwa zwei Monate nach experimenteller Infektion mit hohen Virusmengen (intramuskulär oder intravenös) zur Ausbildung eines T-Zell-Lymphoms. Diese artübergreifende Infektion mit SaHV-2 kommt im natürlichen Habitat nicht vor. Auch bei der experimentellen Infektion von Altweltaffen wie Rhesusaffen (Macaca mulatta) und Javaneraffen (Macaca fascicularis) kommt es nach wenigen Wochen zur Erkrankung. Aufgrund unterschiedlicher Virulenz konnten drei verschiedene Gruppen (A. B und C) von Isolaten des SaHV-2 unterschieden werden. In der Zellkultur sind humane T-Lymphozyten produktiv infizierbar.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Genus Rhadinovirus. In: A. M. Q. King, M. J. Adams, E. B. Carstens, E. J. Lefkowitz (eds.): Virus Taxonomy. Ninth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses. Amsterdam 2012, ISBN 978-0-12-384684-6, S. 121
  • Helmut Fickenscher, Bernhard Fleckenstein: Herpesvirus saimiri. Philos. Trans. R. Soc. Lond. B Biol. Sci. (2001) 356 (1408): S. 545–567 PMID 11313011

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e ICTV: ICTV Taxonomy history: Human alphaherpesvirus 1, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  2. L. V. Melendez et al.: An apparently new herpesvirus from primary kidney cultures of the squirrel monkey (Saimiri sciureus). Lab. Anim. Care. (1968) 18(3): S. 374–381 PMID 4233372
  3. D. G. Morgan et al.: Morphological confirmation of the herpes nature of a carcinogenic virus of primates (Herpes saimiri). Nature (1970) 228 (5267): S. 170–172 PMID 4318968
  4. D. V. Ablashi DV et al.: Malignant lymphoma with lymphocytic leukemia induced in owl monkeys by Herpesvirus saimiri. J. Natl. Cancer Inst. (1971) 47(4): S. 837–855 PMID 4328952
  5. J. L. Cicmanec et al.: Lymphoma in owl monkeys (Aotus trivirgatus) inoculated with Herpesvirus saimiri: clinical, hematologic and pathologic findings. J. Med. Primatol. (1974) 3(1): S. 8–17 PMID 4209602