Integrationshaus Wien

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Integrationshaus Wien
Rechtsform Verein
(ZVR: 547408906)
Gründung 1995
Gründer Willi Resetarits, Beatrix Neundlinger
Sitz Wien
Website www.integrationshaus.at

Das Integrationshaus Wien ist ein österreichisches Projekt der Flüchtlingshilfe, befindet sich in Wien-Leopoldstadt, besteht seit 1995 und bietet ein umfassendes Angebot für Flüchtlinge, Asylwerber und Migranten.

Geschäftsführerin des Vereins ist seit 1994 Andrea Eraslan-Weninger.

Geschichte

Im Jänner 1993 fand das Lichtermeer statt, die größte Demonstration der Zweiten Republik. Sie wandte sich gegen den wachsenden Fremdenhass in Zeiten, in denen aufgrund der Jugoslawienkriege viele Menschen in Österreich Zuflucht suchten. Die Versorgung der Flüchtlinge erfolgte überwiegend in Massenquartieren und beschränkte sich auf ein Minimum an Betreuung. Vor diesem Hintergrund fand sich Künstler, Architekten, Sozialarbeiter und Juristen zusammen - darunter Wilhelm Resetarits, Beatrix Neundlinger, Georg Dimitz und Sepp Stranig - um Alternativen der Betreuung von oft schwer traumatisierten Asylsuchenden zu entwickeln. Resetarits war schon 1985 Mitgründer des Unterstützungskomitees für politisch verfolgte Ausländer, heute Asyl in Not. Es wurde die Idee eines Integrationshauses geboren, ein Verein gegründet und ein Objekt gesucht. Nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe sollten die Betroffenen wieder zu eigenverantwortlichem Leben finden können. Ein ehemaliges Bürogebäude in der Engerthstraße wurde übernommen und umgebaut.

Im Juni 1995 sind die ersten Bewohner in das Integrationshaus eingezogen, zum Großteil Flüchtlinge aus Bosnien. Das erste Team des Integrationshauses bestand aus 13 Mitarbeitern und betreute damals rund 110 Bewohner. Zugleich begann intensive Betreuung und Beratung, sowohl betreffend die psychische Gesundheit und die Möglichkeiten am Arbeitsarbeit, als auch mit gender-spezifischen Angebote für Frauen und konkreten Projekte für Kinder, sowie der Ausbildung ehrenamtlicher Buddies. Im September desselben Jahres wurde ein mehrsprachiger Kindergarten und Nachmittagsbetreuung für die Schulkinder des Wohnprojekts eröffnet, Ende des Jahres erschien zum ersten Mal die Gute Zeitung.

Spracherwerb und Ausbildung standen rasch im Mittelpunkt der Vereinsbemühungen, beide Angebote standen stets allen Flüchtlingen zur Verfügung, nicht nur den Bewohnern des Integrationshauses. 1996 sind auch die Vereine Hemayat und Familie und Beratung im Integrationshaus eingezogen. 1998 begann der Aufbau eines österreichweiten Betreuungsnetzes für Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, wurde das EU-Projekt Bilingualer Unterricht im Vorschulalter gestartet, ein europäisches Symposium veranstaltet und gemeinsam mit der ORF-Minderheitenredaktion eine Videodokumentation erstellt.

2001 konnte mit Hilfe des Europäischen Flüchtlingsfonds eine Krisenunterbringung für 25 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingerichtet werden, welche 2004 in eine Dauerunterbringung umgewandelt werden konnte. Den Minderjährigen konnten nunmehr auch Alphabetisierungskurse, Sprachkurse und Vorbereitungskurse für den Hauptschulabschluss angeboten werden. Zunehmend konnte sich der Verein ab 2004 in europäische Projekte einbringen und Fördermittel des Europäischen Sozialfonds gewinnen, insbesondere aus den Projekten EQUAL und EQUAL II, später aus dem Projekt DYNAMO. Im Juni 2005 wurde die Beratungsstelle des Integrationshauses für AsylwerberInnen und Flüchtlinge in der Grundversorgung in der Klosterneuburgerstrasse im 20. Bezirk eröffnet. Im selben Jahr wurde das Integrationshaus generalsaniert, mit neuer Fassade, neuen Fenstern und neuer Heizung ausgestattet, und feierte mit einer fröhlichen Party sein 10-jähriges Bestehen - unter dem Motto: „Be a Mensch!“

Seit 2006 bietet das Integrationshaus qualifizierte unabhängige Rechtsberatung im Asylverfahren an. Im September 2006 wurde die erste Bildungsmesse zum Thema „Mehrsprachigkeit und Bildungspotenziale“ veranstaltet und machte Diversität als Ressource sichtbar. Anlässlich des 15-jährigen Bestehens im Jahr 2010 wurde ein Geburtstagsfest in der Remise organisiert, eine Vorlesungs- und Veranstaltungsreihe durchgeführt, das Buch Kosmopolitische Impulse - Das Integrationshaus in Wien präsentiert, die Kampagne machen wir uns stark lanciert und eine Kundgebung mit mehr als 5000 Teilnehmern durchgeführt.

Gegenwart

Heute ist das Integrationshaus ein international anerkanntes Kompetenzzentrum für die Aufnahme, Integration und Ausbildung von Flüchtlingen, Asylwerbern und Migranten. Es verfügt über mehr als 100 fest angestellte Mitarbeiter, die 40 Sprachen sprechend alljährlich mehr als 4.200 Menschen betreuen, begleiten und beraten. „Wir können das Leid, das Flüchtlinge erlebt haben, nicht ungeschehen machen. Wir können uns aber gemeinsam dafür einsetzen, dass Flüchtlinge in Österreich und in Europa eine Zukunftsperspektive finden“, sagt die Geschäftsführerin des Vereins.

Betreutes Wohnen

Im Integrationshaus selbst finden nach wie vor 110 Personen eine stabile Unterkunft, 37 davon hatten - im Jahr 2013 - eine fachärztlich-psychiatrische Diagnose und wurden mit erhöhtem Betreuungsbedarf aufgenommen. 2013 konnten auch 30 Wohnungen in einem Genossenschaftsbau auf dem Nordbahnhofgelände an Flüchtlingsfamilien vergeben werden.

Wohngemeinschaften Caravan

Es bestehen zwei Wohngemeinschaften für jeweils zehn unbegleitete minderjährige Flüchtige. Sie tragen den Namen Caravan und sind rund die Uhr mit geschultem Personal besetzt.

Beratungsangebote

Die psychosoziale Beratungsstelle am Nordbahnhof für Menschen in der Grundversorgung bietet Rat und Hilfe und hat 2013 insgesamt 1.973 Personen in zahlreichen Sprachen betreut. Angeschlossen daran ist eine unabhängige Rechtsberatung, die ausschließlich aus Spendengeldern finanziert werden muss.

Bildungsangebote

Neben Kindergarten und Nachmittagsbetreuung verfügt der Verein über eine Vielzahl von Ausbildungsangeboten für Jugendliche, auch im Rahmen des Jugendcoachings und der Jugendarbeitsassistenz.

Politische Forderungen

Das Integrationshaus fordert eine Vereinfachung der für Flüchtlinge schwer durchschaubaren Rechtslage in Österreich und den vollen Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende nach sechs Monaten. „Nur wer von Rechts wegen in die Lage versetzt wird, sich auch selbst zu erhalten, kann sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen und menschenwürdig gestalten“, sagt Andrea Eraslan-Weninger.

Flüchtlingsball

Seit 1995 veranstaltet das Integrationshaus alljährlich den Flüchtlingsball. Der erste Ball fand im März 1995 unter dem Motto Keine Chance dem Fremdenhass in den Sofiensälen statt. Multiethnische Musikgruppen aus ganz Europa spielen auf, Migranten wirken als DJs mit und Menschen aus unterschiedlichen Weltgegenden, unterschiedlicher Konfessionen und unterschiedlicher politischer Intentionen tanzen gemeinsam. Seit einigen Jahren stellt die Stadt Wien für diesen Ball das Wiener Rathaus gratis zur Verfügung, der Reinerlös finanziert zahlreiche Projekte des Integrationshauses.[1]

Als weitere Veranstaltung des Integrationshauses hat sich ab 1998 das Projekt Lachen hilft etabliert, welches seither alljährlich im Wiener Rathaus stattfindet.

Zitate

„Kein Mensch flieht aus seinem Land, wenn er dort noch irgendeine andere Perspektive hätte. Die Anerkennung als Flüchtling ist nicht das Ergebnis politischer Großzügigkeit. Sie ist ein Menschenrecht.“

Sonja Wehsely: Pressekonferenz zur Ankündigung des 21. Flüchtlingsballs

„Asyl ist Rettung! Wir brauchen eine Politik der offenen Türen. Der Flüchtlingsball ist ein politischer Ball, der für einen Kurswechsel in der Asyl- und Flüchtlingspolitik steht“

Andrea Eraslan-Weninger: Pressekonferenz zur Ankündigung des 21. Flüchtlingsballs

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Standard: Wiener Flüchtlingsball im Rathaus, 14. Februar 2010