Internationale Energieagentur

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International Energy Agency
— IEA —p1
Bestehen seit 15. November 1974
Hauptsitz Paris
Executive Director Fatih Birol
Website www.iea.org

Die Internationale Energieagentur (englisch International Energy Agency, kurz IEA) ist eine Kooperationsplattform im Bereich der Erforschung, Entwicklung, Markteinführung und Anwendung von Energietechnologien. Außerdem verfügt die Agentur über strategische Ölreserven, mit denen sie in den Ölmarkt eingreifen kann.[1][2]

Gegründet wurde sie von 16 Industrienationen zum gemeinsamen Vorgehen gegen die damalige Ölkrise. Am 15. November 1974 wurde die Internationale Energiebehörde als autonome Einheit der OECD mit Sitz in Paris errichtet.[3] Sie gilt als traditionell atomfreundlich.[4][5][6] Wichtige Publikationen der IEA sind unter anderem die jährlich erscheinenden „Key Energy Statistics“ und der „World Energy Outlook“, die „Bibel der Energiewirtschaft“.[7] Der ehemalige Chef-Ökonom Fatih Birol ist seit September 2015 der Exekutivdirektor der IEA.[8]

Wesentliche Positionen

Seit 2007 warnte die IEA wiederholt zunehmend deutlicheren Verknappungstendenzen auf den internationalen Ölmärkten. Angesichts steigender Nachfrage und abnehmender Fördermenge bestehe die Gefahr einer baldigen Ölknappheit – ein Szenario, das insbesondere von Anhängern der Peak-Oil-Theorie schon seit langem erwartet wird. Die IEA verweist darauf, dass die weltweiten Ölförderkapazitäten sinken und die Ölreserven sich voraussichtlich stark reduzieren werden. Fast die Hälfte des Bedarfs müsste in Zukunft über neu erschlossene Ölfelder gedeckt werden, weil bestehende Reserven nach und nach versiegen. Je stärker die globale Ölnachfrage bei einem Aufschwung sein wird – vor allem in den USA, China und Indien –, desto früher könnte der Engpass eintreten und das Weltwirtschaftswachstum drosseln. Alles deute auf eine „Angebotskrise“ hin, wodurch die Preise auf „Rekordniveau“ steigen könnten. Ein Ölpreis von bis zu 200 Dollar pro Barrel sei möglich. Die OPEC empfahl daher u. a. eine stärkere Ölförderung durch die Opec und mehr Energieeffizienz.[9][10]

Der damalige IEA-Direktor Nubuo Tanaka zeigte sich auf einer Energiekonferenz in London Ende Oktober 2007 sehr besorgt in Hinblick auf die künftige Ölversorgungssicherheit: „Despite five years of high oil prices, market tightness will actually increase from 2009. New capacity additions will not keep up with declines at current fields and the projected increase in demand“ (Den seit fünf Jahren hohen Ölpreisen zum Trotz wird die Marktverknappung [an Öl] von 2009 an tatsächlich zunehmen. Neue Reservenergänzungen werden mit dem Förderrückgang in den derzeit ausgebeuteten Ölfeldern und mit dem zu erwartenden Anstieg der Nachfrage nicht Schritt halten).[11]

In ihrem World Energy Outlook 2008 bezeichnete die IEA die konventionellen Energieträger wie Öl und Kohle erstmals als „eindeutig nicht zukunftsfähig“ sowohl aus ökologischer als auch aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht. „Dazu bedarf es nichts Geringerem als einer Energierevolution“. Erstmals warnte die IEA darin vor einer „katastrophalen, irreversiblen Schädigung des Weltklimas“. Da sich der Rückgang der Ölfördermengen beschleunige, bei gleichzeitigem Anstieg des Verbrauchs um 45 Prozent, seien Engpässe beim Öl wahrscheinlich. „Mit welchen Ölquellen der steigende Bedarf gedeckt werden soll, wie viel die Förderung dieses Öls kosten werde und wie viel die Verbraucher dafür zu zahlen haben werden, ist jedoch äußerst ungewiss, möglicherweise ungewisser denn je.“[6]

Im World Energy Outlook 2013 empfahl die IEA stärkere Anstrengungen zur Energieeffizienz. Voraussetzung für mehr Energieeffizienz sei, die weltweiten Subventionen für fossile Energieträger abzuschaffen, die sich 2012 auf 544 Milliarden US-Dollar beliefen, während erneuerbare Energien mit 100 Milliarden Dollar unterstützt wurden.[12]

Im World Energy Outlook 2014 drängte die IEA erneut auf stärkere Maßnahmen für Energieeffizienz und Versorgungssicherheit und stellte erstmals Szenarien bis zum Jahr 2040 vor. Der Weltenergiebedarf nehme bis 2040 um 37 % zu, was Druck auf die Energieversorgung erzeuge. Kohle und Öl würden bis dahin wachsen und sich anschließend auf dem Verbrauchsniveau einpendeln. Erneuerbare Energien würden zügig zunehmen, aufgrund stark fallender Kosten und staatlicher Förderung, und Kohle als wichtigsten Energieträger ablösen. Allein die Hälfte der zusätzlichen Nachfrage würde durch Erneuerbare gedeckt. Erneuerbare, Öl, Erdgas und Kohle würden 2040 jeweils ein Viertel des globalen Primärenergieverbrauchs stellen. [13]

Im World Energy Investment Outlook 2014 berichtet die IEA, dass im Jahr 2013 ca. 1,6 Billionen Dollar weltweit im Energiesektor investiert wurden, hiervon mehr als 1 Billion für fossile Energieträger und 250 Mrd. für Erneuerbare Energie. Aufgrund des Schwerpunkts fossiler Energien steuere die Welt auf eine Klimaerwärmung von vier Grad zu. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, sei allerdings kein großer finanzieller Mehraufwand notwendig. „Das Geld muss nur anders ausgegeben werden.“ Insgesamt geht die IEA davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren weltweit 48 Billionen US-Dollar investiert werden müssten, um die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten. Die jährlichen Investitionen würden demnach auf zwei Billionen ansteigen. Für Erneuerbare Energien fordert die IEA weltweite Investitionen von 5,8 Billionen Dollar bis 2035.[14]

Im World Energy Outlook Special Report 2015 forderte die IEA im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 ein ambitioniertes UN-Klimaschutzabkommen, nach dem die globalen Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2020 ihren Höhepunkt erreichen sollen. Subventionen für fossile Energieträger sollten beendet werden und Investitionen in Erneuerbare Energien deutlich erhöht werden.[15]

Mitgliedstaaten

Die Mitgliedstaaten in alphabetischer Sortierung sind:

  1. AustralienAustralien Australien
  2. Belgien Belgien
  3. Danemark Dänemark
  4. Deutschland Deutschland
  5. Estland Estland
  6. Finnland Finnland
  7. FrankreichFrankreich Frankreich
  8. Griechenland Griechenland
  9. Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Großbritannien
  10. Irland Irland
  11. ItalienItalien Italien
  12. JapanJapan Japan
  13. Kanada Kanada
  14. Luxemburg Luxemburg
  15. NiederlandeNiederlande Niederlande
  16. Neuseeland Neuseeland
  17. Norwegen Norwegen
  18. OsterreichÖsterreich Österreich
  19. Polen Polen
  20. Portugal Portugal
  21. SpanienSpanien Spanien
  22. SchwedenSchweden Schweden
  23. Schweiz Schweiz
  24. Slowakei Slowakei
  25. Korea Sud Südkorea
  26. Tschechien Tschechien
  27. Turkei Türkei
  28. Ungarn Ungarn
  29. Vereinigte StaatenVereinigte Staaten USA

Kritik

Die IEA wurde mehrfach für ihre drastischen Fehlprognosen kritisiert. Die möglichen Potenziale erneuerbarer Energiequellen würden systematisch kleingerechnet und Ölpreisverteuerungen unterschätzt. So prognostizierte die IEA im Jahr 2004 einen Ölpreis von 22 US-Dollar pro Barrel für 2011. Der Ölpreis lag jedoch zwischenzeitlich (im Juli 2008) bei über 140 US-Dollar pro Barrel und Ende 2014 bei rund 65 US-Dollar pro Barrel.[16]

Auch die Entwicklung der regenerativen Energien würde unterschätzt. So nehmen im Trendszenario des World Energy Outlook 2011 die regenerativen Energien im Jahr 2035 weltweit nur einen Anteil von 15 Prozent an der Energieversorgung ein. Das Potenzial der Erneuerbaren Energien würde systematisch unterschätzt, die Kosten für deren Ausbau überschätzt.[17][18][19] Auch in folgenden Prognosen bleiben die Schätzungen der IEA für das Wachstum der Erneuerbaren Energien eher konservativ.[20] Verschiedene Berichte der IEA hatten beispielsweise das Marktwachstum der Photovoltaik erheblich unterschätzt. Im World Energy Outlook 2015 wird ein Abbruch des Marktwachstums der Photovoltaik angenommen; demnach würde der künftige Zubau unter die Rate von 2013 fallen. Verschiedene Experten kritisierten diese Annahme als unrealistisch.[21]

Eine 2015 publizierte Studie der Energy Watch Group und der Lappeenranta University of Technology urteilte, dass die IEA zwischen 1994 und 2014 regelmäßig das Wachstum von Photovoltaik und Windenergie unterschätzt hat. Die von der IEA im Jahr 2010 gegebenen Projektionen für Photovoltaik für das Jahr 2024 wurden demnach bereits im Januar 2015 erreicht (180 GW), was die IEA-Prognose für 2015 um den Faktor 3 übersteigt. Die Windkapazitäten aus 2010 überstiegen die 2002 gemachten Projektionen um 260 % und die Voraussagen aus 2005 um 104 %. Die IEA-Voraussagen für Windkraft für das Jahr 2030 wurden demnach bereits 20 Jahre früher erreicht. Ähnlich habe die IEA die Bedeutung von Kohle, Öl und Atomkraft regelmäßig überschätzt. So gehe die IEA trotz eines Rückgangs der Atomkraft unverändert von einem jährlichen Wachstum von ca. 10 GW im kommenden Jahrzehnt aus.[22]

Beurteilung der deutschen Energiepolitik

In ihrem Länderbericht 2013 urteilt die IEA über die deutsche Energiepolitik, das Erneuerbare-Energien-Gesetz habe sich „als sehr wirksames Instrument zur Verbreitung der erneuerbaren Energien und insbesondere der Stromerzeugung durch Biomasse, Windenergie und Photovoltaik erwiesen. Zudem hat es sich als erfolgreich bei der Drosselung der Kosten erwiesen, wie sich im besonderen Maße an der Senkung der Einspeisetarife für Solarstrom zeigt, zu der es in Antwort auf die rasche Expansion dieser Technologie in den letzten vier Jahren gekommen ist.“

Darüber hinaus stellt der Bericht fest:

„Deutschland muss […] mit der Entwicklung kosteneffizienter marktorientierter Konzepte fortfahren, um die erwartete Expansion der dargebotsabhängigen erneuerbaren Energien zu begleiten. Außerdem müssen Kosten und Nutzen gerecht und transparent, unter besonderer Beachtung der privaten Haushalte, auf alle Marktteilnehmer verteilt werden. Die Expansion der erneuerbaren Energien muss in Zukunft parallel zum zeitnahen Ausbau der Übertragungs- und Verteilungsnetze erfolgen. Zudem bedarf es eines stabilen Regulierungsrahmens, um langfristige Finanzierungsmöglichkeiten für die Netzbetreiber zu gewährleisten. Darüber hinaus gilt es, Deutschlands Kapazität zur Deckung des Spitzenlastbedarfs auf mittlere Sicht weiter genau zu beobachten.“[23]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „OPEC – Streit um strategische Ölreserven“ Handelsblatt 27. Juni 2011.
  2. „IEA makes 60 million barrels of oil available to market to offset Libyan disruption“ Presseerklärung der IAE vom 23. Juni 2011
  3. Katrin Forgó: Die Internationale Energieagentur, Grundlagen und aktuelle Fragen, abgefragt am 15. November 2009
  4. Welt Online: Internationale Energie-Agentur gegen Atomausstieg 24. Juni 2007
  5. Süddeutsche Zeitung, Interview
  6. a b taz: IEA wird grüner. Öl-Lobby fordert Energierevolution
  7. Die Zeit Nr. 47/2008
  8. IEA Chief Economist Fatih Birol is named Agency’s next Executive Director. In: www.iea.org. Abgerufen am 15. Oktober 2016.
  9. Süddeutsche Zeitung: Die nächste Ölkrise kommt 17. Mai 2010
  10. SPIEGEL Online: Preisexplosion: Energieagentur schlägt Alarm – neue Ölkrise in fünf Jahren 10. Juli 2010
  11. ft.com
  12. World Energy Outlook, Kurzfassung, deutsche Übersetzung
  13. IEA: Signs of stress must not be ignored, IEA warns in its new World Energy Outlook, Press Release, 20 Nov 2014
  14. Die Welt: Energiesicherheit der Welt ist nicht gewährleistet. 3. Juni 2014
  15. IEA: IEA sets out pillars for success at COP21
  16. Infobrief H.J. Fell
  17. IEA report on benefits of coal is 'deeply misleading', The Guardian, 2015
  18. Internationale Energieagentur verkennt Potenzial der Erneuerbaren Energien für weltweite Energieversorgung und Klimaschutz, Pressemitteilung
  19. BEE kritisiert Internationale Energieagentur, Pressemitteilung
  20. Energy Watch Group: Energy Watch Group Analysis: IEA Keeps Assuming Linear Growth for Renewable Energy vom 9. Oktober 2015
  21. Energy Watch Group releases PV graphics to again highlight IEA’s unrealistic renewable scenarios, PV Magazine, Nov 2015; Energy Watch Group: IEA erstellt im WEO 2015 irrationale Szenarien für die künftige Entwicklung der Solarstromerzeugung. Nov 2015
  22. The projections for the future and quality in the past of the World Energy Outlook for solar PV and other renewable energy technologies. Matthieu Metayer, Christian Breyer, Hans-Josef Fell
  23. IEA: Energiepolitik der IEA-Länder – Deutschland. 2013 (PDF; 724 kB)