John C. G. Röhl
John Charles Gerald Röhl (* 31. Mai 1938 in London) ist ein britischer Historiker.
Leben
Der Sohn eines deutschen Vaters und einer englischen Mutter, der zweisprachig aufwuchs, wurde 1965 an der Cambridge University promoviert und lehrte von 1964 bis 1972 als Lecturer, anschließend bis 1979 als Reader an der University of Sussex in Brighton, wo er 1979 Professor wurde. Von 1970 bis 1983 war er Mitarbeiter der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, von 1982 bis 1985 Dean an der School of European Studies. Neben seiner englischen Professur übernahm er immer wieder Lehrstuhlvertretungen in Deutschland. 1999 wurde er emeritiert.
Wirken
Röhl gilt als einer der führenden Experten und Kritiker der Wilhelminischen Zeit unter Kaiser Wilhelm II. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er vor allem durch seine dreibändige Biografie des letzten deutschen Kaisers bekannt. Darin vertritt und entwickelt er hauptsächlich die These vom Persönlichen Regiment Wilhelms II., schreibt ihm die Hauptverantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges zu und erhebt, obgleich streng wissenschaftlich verfahrend, auch schwere moralische Anschuldigungen gegen den letzten Kaiser. Mit seiner These bewirkte Röhl einen Paradigmenwechsel in der deutschen Geschichtswissenschaft, die, anders als im angloamerikanischen Raum, Wilhelm bis in die 1970er und 1980er Jahre nach herrschender Meinung als „schwachen Herrscher“ von begrenztem politischem Einfluss eingeschätzt und entsprechend vernachlässigt hatte. In letzter Zeit werden Röhls Ausführungen jedoch auch zunehmend kritisch bewertet, vor allem durch den australischen Historiker Christopher Clark.[1]
Ehrungen und Mitgliedschaften
Preise
- Wolfson-Historikerpreis, 1994
- Gissingspreis, 2003
- Einhard-Preis, 2013
Mitgliedschaften, Fellowships
- Historisches Kolleg, 1986–1987
- Woodrow Wilson International Center for Scholars, Washington D. C., 1989–1990
- Institute for Advanced Study, Princeton, 1994
- National Humanities Center, North Carolina, 1997–1998
Schriften
- Germany without Bismarck: The crisis of government in the 2. Reich, 1890–1900. Batsford, London 1967.
- Übersetzung: Deutschland ohne Bismarck: Die Regierungskrise im 2. Kaiserreich. 1890–1900. Wunderlich, Tübingen 1969.
- From Bismarck to Hitler: The problem of continuity in German history. Longmann, London 1970.
- Kaiser, Hof und Staat: Wilhelm II. und die deutsche Politik. Beck, München 1987; zuletzt 2007, ISBN 978-3-406-49405-5 (Aufsatzsammlung; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Wilhelm II. 3 Bände. Beck, München 1993–2008:
- Band 1: Die Jugend des Kaisers, 1859–1888. 1993; 3. Auflage 2009, ISBN 978-3-406-37668-9 (eingeschränkte Vorschau der 2. Auflage 2001 in der Google-Buchsuche).
- Band 2: Der Aufbau der Persönlichen Monarchie, 1888–1900. 2001, ISBN 3-406-48229-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Band 3: Der Weg in den Abgrund, 1900–1941. 2008, ISBN 978-3-406-57779-6.
Weblinks
- Literatur von und über John C. G. Röhl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- John Röhl auf perlentaucher.de
- Martin Doerry/Klaus Wiegrefe: Seine Schuld ist sehr groß. Der Wilhelm-II.-Biograf John Röhl über die Verantwortung des Kaisers für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Spiegel special 1/2004, S. 22 ff. (Interview)
- Bernhard Schulz: Kaiserbiograf. Zum 70. Geburtstag des Historikers John C. G. Röhl. Der Tagesspiegel, 30. Mai 2008
- Bernhard Schulz: Der Kaiser, der den Krieg begann. Der Tagesspiegel, 6. Oktober 2008 (Rezension)
Einzelnachweise
- ↑ Christopher Clark: How powerful was the Kaiser? (Rezension der englischen Übersetzung des dritten Bandes von Röhls Wilhelm-Biographie). In: London Review of Books 37:8, 2015, S. 23-24.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Röhl, John C. G. |
ALTERNATIVNAMEN | Röhl, John Charles Gerald |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Historiker |
GEBURTSDATUM | 31. Mai 1938 |
GEBURTSORT | London |