Juan-Fernández-Inseln

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Juan-Fernández-Inseln
Die Insel Robinsón Crusoe, Hauptinsel des Archipels
Die Insel Robinsón Crusoe, Hauptinsel des Archipels
Gewässer Pazifischer Ozean
Geographische Lage 33° 40′ S, 78° 50′ WKoordinaten: 33° 40′ S, 78° 50′ W
Karte von Juan-Fernández-Inseln
Anzahl der Inseln 3
Hauptinsel Robinsón Crusoe
Gesamte Landfläche 143 km²
Einwohner 633 (2002)
Der Hauptort San Juan Bautista auf Robinsón Crusoe
Der Hauptort San Juan Bautista auf Robinsón Crusoe

Die Juan-Fernández-Inseln (auch: Juan-Fernández-Archipel) sind eine zu Chile gehörende Inselgruppe (Archipel) im südlichen Pazifischen Ozean. Die Inseln sind vulkanischen Ursprungs und liegen zwischen 601 km (Robinsón Crusoe) und 747 km (Alejandro Selkirk) westlich des chilenischen Festlandes, etwa auf der Breite von Valparaíso.

Der verwaltungstechnisch zur chilenischen Región de Valparaíso gehörende Archipel besteht aus folgenden drei Inseln:

  • Robinsón Crusoe, (span. Isla Robinsón Crusoe, früher Isla Más a Tierra), 96,4 km², als einzige der Gruppe bewohnt. Hauptsiedlung San Juan Bautista, etwa 600 Einwohner
  • Alejandro Selkirk, (span. Isla Alejandro Selkirk, früher Isla Más Afuera), 44,6 km², 160 Kilometer westlich von Isla Robinsón Crusoe
  • Santa Clara, 2,2 km², wenige Kilometer südwestlich der Insel Robinsón Crusoe

Geschichte

Lage der Juan Fernández-Inseln westlich von Festland-Chile

Am 22. November 1574 entdeckte der spanische Seefahrer Juan Fernández die Inselgruppe. Die zunächst gefundene Insel nannte er Más a Tierra (näher zum Festland). Die Isla Más Afuera (weiter draußen) entdeckte er 160 km weiter westlich. Ein erster Besiedlungsversuch im Jahr 1591 mit 60 Indios, denen Ziegen und Hühner mitgegeben wurden, scheiterte. Immer wieder wurden die Inseln für einige Jahre bewohnt, doch erst seit 1877 sind sie dauerhaft besiedelt.[1]

Im 17. und 18. Jahrhundert wurden die Inseln von englischen Piraten genutzt, um spanische Schiffe und Handelsrouten anzugreifen. So nutzte 1680 der englische Pirat John Watling die Inseln als Zwischenstation, um die Stadt Arica in Nordchile anzugreifen.

Von 1704 bis 1709 lebte der schottische Seemann Alexander Selkirk allein auf der Isla Más a Tierra, nachdem er sich mit seinem Kapitän William Dampier zerstritten hatte und sich an Land absetzen ließ. Der Schriftsteller Daniel Defoe benutzte Selkirks Geschichte als Basis für seinen Roman Robinson Crusoe. Das Eiland wurde 1970 in Isla Robinsón Crusoe umbenannt.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Inseln zum Exilgefängnis für patriotische Freiheitskämpfer im Unabhängigkeitskampf gegen die Spanier. Sie überlebten mehrere Jahre in Höhlen oberhalb der Bahia Cumberland. Unter den Verbannten befanden sich die späteren chilenischen Präsidenten Manuel Blanco Encalada und Agustín Eyzaguirre.

Seit 1818 gehört die Inselgruppe zu Chile. 1823 besuchte der englische Lord Thomas Cochrane die Inseln. Cochrane war von 1817 bis 1825 Admiral der chilenischen Flotte.

1877 begann Chile mit der Besiedlung der Inselgruppe. Der Berner Patrizier Alfred von Rodt (1843–1905), der in jungen Jahren im österreichischen Heer gegen Preußen gekämpft hatte und verwundet worden war, pachtete die Insel und ließ sich dort nieder. Er begann mit ihrer Erschließung und Besiedlung und war Mitbegründer der heutigen Siedlung San Juan Bautista. Er starb am 4. Juli 1905 und wurde auf der Insel begraben.

Im Ersten Weltkrieg stellte sich der deutsche Kreuzer SMS Dresden am 14. März 1915 nach abenteuerlicher Irrfahrt und Verfolgung durch die britischen Kreuzer Kent, Glasgow und Orama in der Cumberlandbucht der Insel Más a Tierra unter chilenische Hoheit. Dennoch eröffneten die Engländer das Feuer, und die Dresden geriet in Brand. Schließlich befahl der Kommandant der Dresden die Sprengung seines Schiffes, nachdem sich der größte Teil der Besatzung samt Bordhund und Papagei auf die Robinsón-Crusoe-Insel retten konnte. Die Stelle in der Cumberlandbucht ist heute mit zwei gelben Bojen markiert und von der chilenischen Regierung zum Nationaldenkmal erklärt worden. Unter den deutschen Internierten war auch der junge Leutnant Wilhelm Canaris, der später unter Adolf Hitler zum Abwehrchef ernannt wurde.

1998 kam der amerikanische Industrielle Bernard Keiser auf die Insel mit dem Ziel, einen Schatz, der 1761 von Cornelius Patrick Webb dort versteckt worden sein soll, auszugraben. Ausgestattet mit alten Seekarten und einem Etat von mehreren Millionen Dollar, grub er etliche Tunnel – allerdings bisher erfolglos. Gerüchteweise soll sich auch das Vermögen der zur Zeit des Ersten Weltkrieges in Mexiko lebenden Deutschen an Bord der Dresden befinden. Der Kreuzer hatte Mexiko 1914 angelaufen, bevor seine Odyssee begann.

Heute leben etwa 600 Menschen auf dem Archipel, die meisten vom Tourismus und dem Langustenfischen.

Durch das Erdbeben vom 27. Februar 2010 in Mittelchile wurde ein Tsunami ausgelöst, der fast alle Gebäude der Inselgruppe zerstörte und mehrere Menschenleben forderte.[2]

Natur und Ökologie

Die Juan-Fernández-Inseln haben, wie etwa auch die Galápagos-Inseln, einen hohen Anteil an endemischen Pflanzen- und Tierarten.[3] Über 100 weltweit einzigartige Pflanzenarten finden sich hier. Botaniker entdeckten in neuerer Zeit über 100 Exemplare einer verschwunden geglaubten Orchideenart. Riesenfarne in Baumhöhe wachsen an den Berghängen. Mit der Ankunft der ersten Menschen im 16. Jahrhundert hat sich das Ökosystem der Inseln stark verändert. Zum einen brachten die Menschen neue Arten, die zum Teil invasiv waren, zum anderen wurde durch Fällen von Bäumen, vor allem von Sandelholz, die Vegetation stark verändert. Als Konsequenz ist mittlerweile ein Teil der Isla Robinsón Crusoe durch starke Erosion wüstenähnlich geworden und viele endemische Arten sind vom Aussterben bedroht.[1] Diese Prozesse werden weiter bestehen, unter anderem aufgrund der massenhaften Vermehrung von 1935 eingeführten europäischen Kaninchen und den sogenannten Juan-Fernández-Ziegen. Landschaftlich bietet sich nun ein scharfer Kontrast zwischen der wüstenartig kargen Küstenlinie und der sattgrünen Berglandschaft mit einem undurchdringlichen Bewuchs aus Bäumen, Farnen und Gräsern.

1935 wurde die Inselgruppe zum Nationalpark des Archipiélago Juan Fernández erklärt; er umfasst 95,7 km². Die Inseln stehen heute als Biosphärenreservat auch unter dem Schutz der UNESCO.

Klima

Das Klima ist feucht und ozeanisch. Im Jahres- und Tagesrhythmus wird es weder besonders heiß noch besonders kalt. Normal sind Temperaturen um 15 °C.[4]

Besonderheiten

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Satellitenaufnahme der durch die Juan-Fernández-Inseln entstehenden Wirbel

Mit 916 Metern (Robinsón Crusoe) bzw. 1329 Metern (Alejandro Selkirk) sind die Inseln hoch genug, um den Luftstrom in großen Höhen zu stören. Das führt zu auffälligen Karman-Wirbeln, die vom Weltraum aus gesehen werden können.

Literatur

  • Carl. D. Goerdeler, Malte Sieber: Chile, Osterinsel, Juan-Fernandez-Archipel. Reisen mit Insider-Tipps. Mit Reiseatlas und Sprachführer Spanisch. In: Marco Polo Reiseführer. 5. Auflage. MairDumont, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-8297-0387-1.
  • Hugo Weber: Signalmaat Weber. Zehn Jahre auf der Robinsoninsel, Reutlingen (Ensslin & Laiblin) um 1940

Einzelnachweise

  1. a b Cuevas, J.G. and Van Leersum, G. (2001) Project "Conservation, Restoration, and Development of the Juan Fernández islands, Chile". Revista chilena de historia natural, 74(4): 899–910
  2. Chile nach dem Beben: Trauer, Tod und Trümmer; Spiegel-Online vom 28. Februar 2010.
  3. Javier Gonzalez: Phylogenetic position of the most endangered Chilean bird: the Masafuera Rayadito (Aphrastura masafuerae; Furnariidae). Tropical Conservation Science, 2014, 7:677-689.
  4. wikivoyage.org

Weblinks

Commons: Juan-Fernández-Inseln – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien