Karl Lehrs
Karl Ludwig Lehrs (* 14. Januar 1802 in Königsberg (Preußen); † 9. Juni 1878 ebenda) war ein deutscher klassischer Philologe.
Leben
Lehrs war Sohn des jüdischen Manufakturwarenhändlers Pinkus Kaufmann Levi (seit 1812: Lehrs), konvertierte aber 1822 zum Christentum. Er wurde 1823 promoviert und habilitierte sich 1831. Nachdem er einige Jahre unter schlechten Arbeitsbedingungen im Schuldienst tätig gewesen war, hatte er von 1845 bis zu seinem Tod eine ordentliche Professur für griechische Philologie in Königsberg inne.
Karl Lehrs war ein Mann entschiedener Ansichten. Er betonte, dass man Homer als Originalgenie und nicht als Stubengelehrten sehen müsse. Daher wandte er sich gegen die analytische Homerforschung in der Nachfolge Friedrich August Wolfs und insbesondere gegen die „Einzelliedertheorie“ Karl Lachmanns; stattdessen wollte er an der einheitlichen Autorschaft Homers für die gesamte Ilias festhalten. Komparativer Mythologie und symbolischer Interpretation von Mythen konnte Lehrs nichts abgewinnen, sondern sah die griechischen Göttergestalten aus der Anschauung der Natur oder aus der Erfahrung einer ethischen Idee heraus gebildet.
Zu seinem 50-jährigen Doktorjubiläum 1873 ließ Lehrs humoristische „Zehn Gebote“ für klassische Philologen drucken, deren wichtigste sind (1.-3. Gebot): Man solle (erg.: die Gedanken anderer Autoren) nicht nachbeten oder stehlen und auch nicht der handschriftlichen Überlieferung blind vertrauen. Lehrs, der bis zuletzt wissenschaftlich produktiv war, verstarb 1878 nach kurzer Krankheit an einem Blasenleiden. Zu seinen Schülern gehörten u. a. Arthur Ludwich und August Lentz.
Beerdigt wurde er auf dem Gelehrtenfriedhof (Königsberg).
Werke
- De Aristarchi Studiis Homericis (1833), welche die Exegese und Textkritik Homers auf eine neue Grundlage stellte (gemäß der Methode Aristarchs, den Text aus sich selbst heraus zu erklären);
- Quaestiones Epicae (1837);
- De Asclepiade Myrleano (1845);
- Herodiani Scripta tria emendatiora (1848), in welchen er den nur fragmentarisch überlieferten Grammatiker Herodian als Persönlichkeit greifbar macht;
- Populäre Aufsätze aus dem Altertum (1856; 2., stark erweiterte Auflage 1875), sein bekanntestes Werk, in dem er für die Schönheit der antiken Welt Begeisterung zu wecken versucht;
- Horatius Flaccus (1869), in welchem Werk er viele Oden des Horaz aus ästhetischen Gründen als unecht verwarf;
- Die Pindarscholien (1873);
- Kleine Schriften (postum 1902, Nachdruck 1979).
Literatur
- Ludwig Friedländer: Lehrs, Karl. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 152–166. (mit Korrektur aus Bd. 18, S. 796)
- Jula Kerschensteiner: Lehrs, Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 113 f. (Digitalisat).
- Manfred Lossau: Karl Lehrs (1802–1878). In: Dietrich Rauschning, Donata von Nerée (Hrsg.): Die Albertus-Universität zu Königsberg und ihre Professoren. Berlin 1995 (= Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/Pr. Band 29, 1994), S. 395–302
- Manfred Lossau: Von Christian August Lobeck bis Ludwig Friedländer. Das große Jahrhundert der Königsberger Philologie. In: Archiv für Kulturgeschichte. Band 78 (1996), S. 206–224
- Lexikon deutsch-jüdischer Autoren, Band 8, Saur, München 2000, S. 118–122
Weblinks
- Literatur von und über Karl Lehrs im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag über Karl Lehrs in der Encyclopædia Britannica von 1911 (Memento vom 2. Juli 2013 im Internet Archive) (mit falschen Geburtsdatum: 2. Juni statt richtig 14. Januar)
- Bild von Karl Lehrs (unten links) aus Alfred Gudemann, Imagines Philologorum, 1911
Personendaten | |
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NAME | Lehrs, Karl |
ALTERNATIVNAMEN | Lehrs, Karl Ludwig |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Klassischer Philologe |
GEBURTSDATUM | 14. Januar 1802 |
GEBURTSORT | Königsberg (Preußen) |
STERBEDATUM | 9. Juni 1878 |
STERBEORT | Königsberg (Preußen) |