Lehava

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. August 2016 um 13:06 Uhr durch PerfektesChaos (Diskussion | Beiträge) (tk k). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Lehava (hebräisch למניעת התבוללות בארץ הקודש LeMeniat Hitbolelut B'eretz HaKodesh, wortwörtlich [Organisation zur] Prävention von Assimilation im Heiligen Land) ist eine ultrarechte israelische Organisation, die jede Assimilation von sowie persönliche und geschäftliche Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden ablehnt.[1][2][3] Ein Fokus der Arbeit von Lehava liegt in der Ablehnung von interreligiösen Ehen, vor allem Partnerschaften zwischen jüdischen Frauen und nichtjüdischen Männern. Die Organisation wird von Medien als „rechtsaußen“ beziehungsweise „rechtsextrem“ eingestuft. Die Aktionen von Lehava wurden unter anderem von Reuven Rivlin, amtierendem Präsidenten Israels, verurteilt, der die Mitglieder als „Nagetiere, die am demokratischen und jüdischen Fundament von Israel knabbern“ bezeichnet hat.[4]

Geschichte und Personen

Lehava wurde laut eigenen Angaben 2009 vom Rabbiner Mosis Zion gegründet. Seit mehreren Jahren ist Ben-Zion Gopstein, ein erklärter Anhänger von Meir Kahane, Vorsitzender der Organisation. Gopstein hatte mehrmals Zusammenstöße mit der Polizei, als er für Kahanes Bewegung Kach aktiv war, die 1988 als rassistisch verboten wurde und auf der Terrorliste der EU steht.[5] Neben Gopstein beschäftigt Lehava mehrere dem Kahanismus zuzuordnende Personen, so etwa Baruch Marzel, der als „rechte Hand“ Kahanes galt.[6][7][8] Der Ex-Knesset-Abgeordnete Michael Ben-Ari, ebenfalls bekennender Kahanist, ist Pressesprecher von Lehava.[9][10][11]

Gopstein selbst ist zudem PR-Chef der Non-Profit-Organisation Hemla. Diese unterhält öffentlich subventionierte Frauenhäuser, um Mädchen und jungen Frauen aus zerrütteten Verhältnissen zu helfen, „die in Gefahr sind, zur Konversion gezwungen zu werden und in Verbrechen verwickelt zu werden“.[6][12]

Im Januar 2015 wies Verteidigungsminister Mosche Jaalon den Schin Bet und das Verteidigungsministerium dazu an, Beweise für eine Einstufung Lehavas als Terrororganisation zu sammeln.[13] Ben-Zion Gopstein verurteilte dieses Vorgehen scharf: „Ich schlage vor, dass [Jaalon] versucht, die islamistische Bewegung zu verbieten und sich danach erst mit einer Anti-Assimilations-Gruppe beschäftigt … Statt sich um einen Feind Israels zu kümmern, versucht der Verteidigungsminister Stimmen von den Linken abzuwerben, indem er gegen Lehava vorgeht. Diese Gruppe handelt, um die Töchter Israels zu retten, und verdient den Israel-Preis.“ Er bestritt, dass Lehava illegale Handlungen unternähme.[14] Im August 2015 gab der Schin Bet bekannt, dass es nicht genügend Beweise gäbe, um Lehava als Terrororganisation einzustufen.[15]

Aktivitäten

Agitation gegen interreligiöse Beziehungen und für Segregation

Lehava erregte zunächst durch ihr Engagement gegen interreligiöse Ehen Aufmerksamkeit. 2010 richteten die Organisatoren einen offenen Brief an das jüdische Model Bar Refaeli, in dem sie sie drängten, ihre Beziehung mit dem römisch-katholischen Schauspieler Leonardo DiCaprio zu beenden.[16][8][7] Lehava hat sich auch gegen Mark Zuckerbergs Ehe mit Priscilla Chan ausgesprochen,[17] beide Adressaten reagierten jedoch nicht auf die Aufforderungen. Mehrere Ehefrauen israelischer Rabbiner riefen in einem offenen Brief im Namen Lehavas Frauen dazu auf, sich nicht mit Nichtjuden einzulassen. Die Zeitung Haaretz zitierte den Brief wie folgt: „Datet keine Nichtjuden, arbeitet nicht an Plätzen, die Nichtjuden besuchen, und leistet euren Wehrdienst nicht mit Nichtjuden ab.“ Der Brief implizierte, dass die Frauen bei Nichtanweisung von ihrer „göttlichen Rasse“ abgeschnitten würden.[18] Etwa zur gleichen Zeit rief Lehava Juden dazu auf, keine Wohnungen an Nichtjuden zu vermieten und die Namen von denen öffentlich zu machen, die an Araber vermieten.[19] Die beiden offenen Briefe führten in Israel zu einer öffentlichen Kontroverse, in deren Verlauf die Mehrzahl von Rabbinern und Politikern die Aufrufe verurteilten.[20][21]

2013 startete die Organisationen eine Facebook-Seite, auf der interreligiöse Pärchen öffentlich identifiziert werden sollten, diese wurde im Jahr darauf aufgrund rassistischer Kommentare jedoch wieder geschlossen. Auf dem Höhepunkt des Gazakonflikts von 2014 organisierte Lehava den Proteste gegen die Eheschließung eines Paares aus Jaffa, bei der die jüdische Braut für die Hochzeit die Religion ihres muslimischen Mannes angenommen hatte. Die Organisation gab bekannt, dass sie "unsere Schwester bitten wird, nach Hause zu uns jüdischen Menschen zu kommen, die auf sie warten". Das Paar versuchte, die Demonstration gerichtlich zu verbieten, das Gericht ließ die Kundgebung jedoch in einem Abstand von 200 Metern zur Zeremonie zu.[22] Laut Medienberichten riefen die Demonstranten „Tod den Linken“ und „Tod den Arabern“, obwohl die Organisatoren versuchten, die Menge zu beruhigen.[23] Staatspräsident Reuven Rivlin missbilligte dies als Untergraben der Koexistenz der Bevölkerungsgruppen im demokratischen Israel. Die israelische Polizei sorgte für die Einhaltung der Abstandsauflage und verhaftete vier Demonstranten. Linksgerichtete Gegendemonstranten und Gesundheitsministerin Ja’el German wünschten dem Brautpaar Glück.[24]

Der Investigativjournalist Liat Bar-Stav, der sich bei Lehava einschlich, beschreibt ein von Gopstein erarbeitetes Standardprozedere zur Kontaktaufnahme mit „verführten“ jüdischen Frauen: Die Mitglieder würden aktiv nach jüdischen Frauen Ausschau halten, die Araber daten, und diese ansprechen. Unter dem Vorwand, sich kurz das Handy der Frau auszuborgen, würden sie sich durch Anruf vom ausgeborgten Handy aus bei Lehava deren Nummer erschleichen. Die Organisation würde dann über das weitere Vorgehen im Einzelfall entscheiden.[25]

2012 verteilte die Gruppe Flyer in Ostjerusalem, auf denen sie Araber warnte, nicht die westliche Seite der Stadt zu besuchen. Lehava hat sich auch für eine Trennung von Juden und Arabern auf Stränden ausgesprochen.[26]

Straftaten

Die Hand-in-Hand-Schule in Jerusalem ist eine von wenigen israelischen Schulen, in denen arabische und jüdische Kinder gemeinsam und bilingual unterrichtet werden. Am 29. November 2014 verübten drei Täter einen Brandanschlag auf die Schule und sprühten rassistische Graffiti an die Wände.[27] Laut Angaben des Schin Bet sind alle drei Mitglieder von Lehava. Ziel des Anschlags sei es gewesen, öffentlichen Widerstand gegen Assimilation zu zeigen.[28] Wenige Tage nach der Festnahme der Täter führte die Polizei Hausdurchsuchungen bei mehreren Lehava-Mitgliedern durch. Lehava-Vorsitzender Ben-Zion Gopstein war unter den wegen Verdachts auf Terror und Verhetzung festgenommenen 17 Personen.[29] Zehn der Lehava-Mitglieder wurden in Folge wegen Verhetzung angeklaft, Gopstein kurzzeitig unter Hausarrest gestellt.[30]

Im August 2015 war Gopstein in einer Diskussion zu Gast, bei der er aufgrund der Brandstiftung in der Brotvermehrungskirche gefragt wurde, ob er solche Brandanschläge unterstütze. Unter Berufung auf den jüdischen Gelehrten Maimonides, der das Christentum im 13. Jahrhundert als Götzenanbetung eingestuft hat, argumentierte Gopstein, dass man die Kirche bekämpfen müsse und dementsprechend die Anschläge gerechtfertigt seien.[31] Die Katholische Kirche zeigte ihn daraufhin wegen Verhetzung an.[32]

Im November 2014 wurden vier Aktivisten der Gruppe in Petach Tikwa verhaftet, nachdem sie Propagandamaterial verteilt und die Polizei attackiert hatten.[33]

Einzelnachweise

  1. Lehava ‘Hotline’ to Help Prevent Intermarriage, Assimilation. Israel National News, 9. September 2013
  2. Meet Lehava, the Israeli Fascists Mounting a Vicious Crusade to Keep their Women Away from Arabs International Business Times, 22 Sept 2014
  3. Grinning Jewish Extremists Charged in Jerusalem School Arson. The Jewish Daily Forward, 15. Dezember 2014
  4. Over vocal protest, Arab-Jewish wedding goes ahead. In: The Times of Israel. Abgerufen am 18. August 2014.
  5. Dan Williams ‘Racist Jewish Group Offers Dilemma to Israel as Anti-Arab Violence Rises’. Forward, 28. Dezember 2014
  6. a b Uri Blau, Shai Greenberg: A strange kind of mercy, 27. Mai 2011. Abgerufen am 21. Dezember 2014 
  7. a b Yair Ettinger: Israel Police arrests four more anti-Arab activists from rightist group Lehava In: Haaretz date=21 December 2014. Abgerufen am 21. Dezember 2014 
  8. a b Marzel urges super model Refaeli not to marry DiCaprio.
  9. Israeli wedding of Jew, Muslim draws protesters amid war tensions, Reuters, 18. August 2014 
  10. Number 4 in the National Union: Everyone Understand that Kahane was Right, Yedioth Ahronoth, 2. Februar 2009 (hebrew). 
  11. The “Kahanist” MK complained about Arie Golan: He Cut me Short in an Interview. Maariv
  12. Vered Lee: Love in the time of racism: The new, dangerous low in the campaign to stop interracial relationships In: Haaretz, 25. April 2013. Abgerufen am 21. Dezember 2014 
  13. Why Israel may list this hard-line Jewish group as a terrorist organization. The Washington Post, 5. Januar 2015
  14. Tanti assimilation group could be classified as terrorist. Times of Israel, 4. Januar 2015
  15. Security agency says evidence lacking to ban extremist Jewish group. Times of Israel, 4. August 2015, abgerufen am 5. August 2205.
  16. Jewish Organization Lehava Defends Call for Bar Refaeli / Leo DiCaprio Breakup.
  17. english.alarabiya.net
  18. Rabbis’ wives urge Israeli women: Stay away from Arab men Haaretz, 28 Dec 2010
  19. Public invited to inform on those renting to Arabs.
  20. Rabbis’ wives: Don’t date Arabs.
  21. Rebbetzins: Women, stay away from Arab men.
  22. Batsheva Sobelman,Right-wing extremists can’t break the love of a Muslim man and Jewish woman in Israel. Sydney Morning Herald, 16. August 2014.
  23. Roy Arad: Extremists’ hatred poisons Mahmoud and Morel’s wedding In: Haaretz, 19. August 2014 
  24. Crowd Shouts 'Death to the Arabs’ at an Israeli Wedding of Jew and Muslim. Newsweek
  25. Liat Bar-Stav ‘Inside radical right-wing group Lehava’. YNET News, 3. Januar 2015
  26. Orlando Crowcroft: Israeli court allows protesters to picket Palestinian-Jewish wedding In: The Guardian, 17. August 2014. Abgerufen am 21. Dezember 2014 
  27. Andrea Backhaus: Uns bringt ihr nicht auseinander. In: Zeit Online. 6. Januar 2015, abgerufen am 5. August 2015.
  28. Gili Cohen: Shin Bet: Anti-Arab activists admit to J'lem school arson: Suspects reportedly members of extremist group Lehava, which is fighting Jewish assimilation. Haaretz, 11. Dezember 2014
  29. Chaim Levinson: Police raid homes of right-wing Lehava activists, arrest chairman Gopstein. Haaretz, 16 Dezember 2014
  30. Brothers sentenced for Jerusalem arson hate-crime on Jewish-Arab school. Jerusalem Post, 22. Juli 2015
  31. Jeremy Sharon: Rabbi and leader of extremist group says he’s in favor of burning churches, in theory. Jerusalem Post, 5. August 2015; abgerufen am 7. August 2015
  32. Katholische Kirche im Heiligen Land zeigt Rechtsextremisten an. In: Welt Online. Abgerufen am 9. August 2015.
  33. Ahia Raved: Three suspected hate crimes in one night. Ynet News, 21. November 2014