Lillian Hellman

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Lillian Florence Hellman (* 20. Juni 1905 in New Orleans; † 30. Juni 1984 in Tisbury (Martha’s Vineyard), Massachusetts) war eine US-amerikanische Schriftstellerin.

Leben und Wirken

Hellman entstammte einer jüdischen Familie. Sie war das einzige Kind des Schuhverkäufers Max Hellman und dessen Ehefrau Julia (geb. Newhouse). Sie wuchs seit ihrem fünften Lebensjahr in New York auf und studierte an der Columbia University. Sie heiratete 1925 den Schriftsteller Arthur Kober; die Ehe wurde 1932 geschieden. Nach ihrem Studium veröffentlichte sie einige kleinere Arbeiten in der Herald Tribune. Kober erhielt 1930 einen Vertrag als Drehbuchautor bei den Paramount Pictures in Hollywood. Dort lernte sie 1931 den Krimiautor Dashiell Hammett kennen, der sie faszinierte. Lillian Hellman blieb mit Hammett bis zu dessen Tod 1961 liiert und lebte bis 1984.

Ersten Erfolg hatte sie 1934 mit dem Theaterstück The Children’s Hour, in dem zwei junge Lehrerinnen einer lesbischen Verbindung verdächtigt und aufgrund dessen verurteilt werden, was ihre beruflichen Pläne zerstört und für eine von beiden tödlich endet, womit die Eheabsichten der anderen sich erledigen. Das Stück wurde am Broadway im Maxine Elliot Theater aufgeführt und 691 Mal en suite gespielt. In New York „erkennt man die Kühnheit und dramatische Kraft des Stücks“.[1] Das Stück wurde 1936 von William Wyler verfilmt, die Story aufgrund der rigiden Zensurvorschriften jedoch massiv geändert. So wurde etwa das kontroverse zentrale Thema in eine heterosexuelle Dreiecksgeschichte umgewandelt und der Film in These Three umbenannt. Wyler verfilmte das Stück 1961 mit namhaften Schauspielern wie Audrey Hepburn, Shirley MacLaine und James Garner erneut, wobei das Thema auch nahezu 30 Jahre nach der Uraufführung des Bühnenstückes noch provokant genug blieb, um auch in dieser Fassung keine explizite Erwähnung zu finden. Lesbische Liebe ist nicht das zentrale Thema dieses Stücks, so Renate Möhrmann. Sie argumentiert, dass die Autorin vielmehr interessiert, was die Schülerin Mary Tilford, deren Platz in der Gesellschaft dank ihrer reichen Großmutter „in the sunny side of the street“ ist, aus purer Lust am Bösen zu tun fähig ist. Dies untermauert Möhrmann damit, dass sie das vorangestellte Motto, das den Titel des Stücks enthält, in ihre Interpretation einbezieht. Es ist von Henry W. Longfellow, „der auf romantische viktorianische Kulturideale rekurriert und das hohe Lied kindlicher Unschuld singt“. Vielmehr darum gehe es Hellman: „um die Dekonstruktion eines kollektiven Klischees“, auch indem sie die Schülerin Mary mit den Zügen von Jago aus Shakespeares Othello ausstattet. Am Ende des zweiten Aktes hat das Böse gesiegt und Mary setzt sich langsam und ruhig wieder auf ihren Platz. Ihre Lüge bleibt für Mary ohne Konsequenzen, das machiavellistische Mädchen verlässt die Bühne und der dritte Akt ist ein Nachspiel, das spannungslos verläuft, so Möhrmann.[1]

Nach dem Misserfolg ihres nächsten Stückes Days To Come ging Hellman 1936 nach Europa. Sie berichtete als Korrespondentin vom Spanischen Bürgerkrieg, wo sie Ernest Hemingway kennenlernte, den sie einige Zeit begleitete. 1939 kehrte sie in die USA zurück und hatte im selben Jahr mit The Little Foxes den größten Erfolg ihrer Karriere. Das Stück über Habgier und den Zerfall einer Familie mit der prototypischen Figur der Regina Giddens als Frau, die für den Erfolg über Leichen geht, blieb am Broadway ein Jahr lang mit Tallulah Bankhead auf dem Spielplan. Das Stück wurde 1942 mit Bette Davis unter der Regie von William Wyler verfilmt.

Die politisch linke Aktivistin Hellman geriet in den 1950er Jahren ins Visier des Komitees für unamerikanische Umtriebe von John Stephens Wood.[2] Sie galt wegen ihres aufrechten Verhaltens bei den Verhören auch in späteren Jahren als Vorbild im Kampf gegen die Intoleranz der McCarthy-Ära. In ihren späteren Jahren bereiste sie die USA und sprach an Universitäten vor Studenten, auch als sie schon fast völlig erblindet war. 1960 wurde sie in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.

Werke

Theaterstücke

  • 1934 The Children’s Hour
    • Kinderstunde, dt. von Bernd Samland
  • 1936 Days To Come
  • 1939 The Little Foxes
    • Die kleinen Füchse, dt. von Bernd Samland
    • jiddisch von Mosche Altman
  • 1940 Watch on the Rhine, Vorlage für den Film Watch on the Rhine
    • Vor der Entscheidung
  • 1946 Another Part of the Forest
    • Ein anderer Teil des Waldes, dt. von Bernd Samland
  • 1951 The Autumn Garden
    • Herbstgarten, dt. von Bernd Samland
  • 1957 Candide (Operettenlibretto für Leonard Bernstein)
  • 1959 Toys in the Attic
    • Puppenstube, dt. von Bernd Samland

Autobiographisches

  • 1969 An Unfinished Woman
    • Eine unfertige Frau: Ein Leben zwischen Dramen, dt. von Kyra Stromberg, Frankfurt a.M.: Insel, 1970, ISBN 3-518-06792-3
  • 1973 Pentimento
    • Julia und andere Erzählungen, dt. von Cordula Bickel, München: Goldmann, 1978, ISBN 3-442-03707-7
    • Pentimento: Erinnerungen, dt. von Eva Buchmann, München: Frauenbuchverlag, 1989, ISBN 3-88897-137-3
  • 1976 Scoundrel Time
    • Die Zeit der Schurken, dt. von Peter Naujack, Frankfurt a. Main: Verlag Neue Kritik, 1979, ISBN 3-8015-0159-0

Filmographie

Drehbuch
Literarische Vorlage
  • 1935: Infame Lügen (These Three) – auch Drehbuch
  • 1941: Die kleinen Füchse (The Little Foxes) – auch Drehbuch
  • 1943: Watch on the Rhine – auch Drehbuch zusammen mit Dashiell Hammett
  • 1946: Liebe zwischen Krieg und Frieden (The Searching Wind) – auch Drehbuch
  • 1948: Aus dem Dunkel des Waldes (Another Part of the Forest)
  • 1961: Infam (The Children’s Hour)
  • 1963: Puppen unterm Dach (Toys in the Attic)
  • 1977: Julia

Literatur

  • Renate Möhrmann: Bad to the Bone. Das machiavellistische Mädchen in Lillian Hellmans Theaterstück “The Children’s Hour” und seinen Verfilmungen von William Wyler (USA 1936/1961). In: rebellisch – verzweifelt – infam. Das böse Mädchen als ästhetische Figur, herausgegeben von Renate Möhrmann, Aisthesis Verlag, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-89528-875-3, S. 331–348.
  • Dorothy Gallagher: Lillian Hellman : an imperious life, New Haven [u.a.] : Yale Univ. Press, 2014, ISBN 978-0-300-16497-8
  • Victor Grossman: Rebel Girls: 34 amerikanische Frauen im Porträt, Köln : Papyrossa, 2012, S. 193–201

Einzelnachweise

  1. a b Renate Möhrmann: Bad to the Bone. Das machiavellistische Mädchen in Lillian Hellmans Theaterstück “The Children’s Hour” und seinen Verfilmungen von William Wyler (USA 1936/1961). In: rebellisch – verzweifelt – infam. Das böse Mädchen als ästhetische Figur, herausgegeben von Renate Möhrmann, Aisthesis Verlag, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-89528-875-3, S. 331–348.
  2. Diese Verfolgungen – die auch ihren Gefährten Hammett und zahlreiche Freunde oder Bekannte betrafen – schildert sie ausführlich in Die Zeit der Schurken.

Weblinks