Lörracher Rathaus

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Vorlage:Infobox Hohes Gebäude

Das Lörracher Rathaus ist ein Mitte der 1970er Jahre errichtetes siebzehngeschossiges Verwaltungshochhaus in der Lörracher Innenstadt und mittlerweile ein Baudenkmal. Das vom Architekten Thomas Heiß entworfene Bauwerk mit dunkelgrüner Fassade ist das höchste Gebäude im Landkreis Lörrach und höchstes Rathaus in Baden-Württemberg. Das Rathaus beherbergt neben den städtischen Ämtern auch den Amtssitz des Oberbürgermeisters von Lörrach.

Geschichte

Die ab dem 5. August 1927 als Rathaus genutzte Villa Favre in der Turmstraße 45 bot bereits in den 1930er Jahren nicht allen städtischen Ämtern genügend Platz, so dass 1934 das Stadtbauamt, das Fürsorge- und Jugendamt, das Grundbuch- sowie das Vermessungsamt in umgebaute Fabrikräume gegenüber dem Bahnhof umziehen mussten. Pläne für einen Erweiterungsbau im Garten der Villa scheiterten an Geldmangel und der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschärfte die Situation. Im Jahr 1955 wurde die Diskussion über die Raumnot erneut geführt und weitere zehn Jahre später waren die städtischen Behörden an fünf verschiedenen Standorten in Lörrach verteilt.

Der Gemeinderat griff das Problem diesmal energischer auf und sprach sich zunächst für einen Neubau am bisherigen Standort der Villa Favre aus. Eine Baukommission besichtigte von Dezember 1967 bis Mai 1968 insgesamt 13 Rathäuser in der Bundesrepublik und eines in der Schweiz und stimmte am 18. Juli 1968 der Durchführung eines Architektenwettbewerbes zu. Dem Preisgericht stand der bekannte Architekt Egon Eiermann vor, der aus insgesamt 72 eingereichten Modellen und Planunterlagen am 10. Juni 1969 die Arbeit vom Freiburger Architekten Thomas Heiß auswählte. Der prämierte Entwurf wurde am 13. November 1969 durch den Gemeinderat zur Ausführung empfohlen und Heiß wurde beauftragt, eine baureife Planung vorzubereiten.[1]

Nachdem der Gemeinderat im März 1971 den Kostenvoranschlag in Höhe von 23.230.000 DM bewilligt hatte, erfolgte der Spatenstich am 21. März 1972. Das Richtfest wurde am 21. Juni 1974 begangen und die Ämter konnten im Januar 1976 den Neubau beziehen. Am Wochenende des 12. und 13. Juni 1976 wurde die Vollendung des Rathauses mit einem großen Volksfest auf dem Rathausplatz begangen. Gleichzeitig konnte im Rahmen des Tags der offenen Tür die Bevölkerung das neue Haus besichtigen. Mit Gesamtkosten in Höhe von rund 23,7 Mio. DM verteuerte sich der Bau um rund 500.000 DM. Da der Neubau in die Amtszeit des damaligen Oberbürgermeister Egon Hugenschmidt fiel, der den Bau auch maßgeblich unterstützte, trägt das Bauwerk auch den Spitznamen „Langer Egon“.

Im November 2006 geriet das Rathaus in Lörrach in die Schlagzeilen, als eine Gruppe Jugendlicher eine junge Frau, die sich vom Dach des Hochhauses stürzen wollte, dazu ermunterten. Durch das Eingreifen der Polizei konnte die aufgeheizte Situation beruhigt und die Frau von ihrem Vorhaben abgebracht werden.[2] Das Rathaus wurde Ende 2012 unter Denkmalschutz gestellt.[3]

Lage und Beschreibung

Städtebauliche Bedeutung

Rathaus mit Rathausplatz von Osten gesehen

Das Lörracher Rathaus befindet sich in der Nähe des Hauptbahnhofes und der Hauptpost am nordöstlichen Ausläufer der Fußgängerzone. Im Zuge seines Neubaus wurde östlich der Hauptpost auch ein Fußgängerbereich zwischen Post und Bahnhof neu erschlossen, der mittlerweile mit der neuen innerstädtischen Fußgängerzone fast komplett verwachsen ist. Nördlich des Rathauses befindet sich der Zentrale Omnibusbahnhof der Stadt.

Der Rathausplatz östlich des Rathauses ist zum übrigen Straßenniveau leicht abgesenkt. Der mit Natursteinen gepflasterte Platz, auf dem häufig Flohmärkte oder anderer Veranstaltungen stattfinden, wird von teilweise alten Bäumen gesäumt. Auf dem Platz befindet sich die Granitskulptur Triade des Künstlers Giancarlo Sangregorios, die eine Station des Lörracher Skulpturenwegs bildet. Der Platz wird für Flohmärkte und andere Veranstaltungen verwendet.

Südlich vom Rathaus am Fußweg zur nah gelegenen Bonifatiuskirche steht ein kleiner von Jörg Bollin gestalteter Brunnen Lebensquell in Form einer Frucht. Das 85 Meter hohe Bauwerk bildet eine städtebauliche Dominante und ist sowohl innerhalb der Stadt wie auch von vielen Hügeln des unteren Wiesentals gut zu erkennen. Die dunkelgrüne Farbgebung der Fassade soll sich an die waldreiche Gegend des Lörracher Umlandes anpassen.

Architektur und Gliederung

Sockelbau, der den Ratssaal beherbergt

Das Lörracher Rathaus gliedert sich grob in zwei außen sichtbare Bereiche: den Eingangs- und Saalbereich in Form eines auskragenden Sockelbaus sowie den Verwaltungsbereich im anschließenden Büroturm.

Durch das Hauptportal im Osten vom Rathausplatz – ein weiterer Eingang im Norden wurde zugunsten des Bürgerservicebüros geschlossen – gelangt man in das Foyer, das manchmal auch als Ausstellungshalle genutzt wird. Im ersten Obergeschoss befinden sich der Ratssaal, zwei durch eine Schiebewand verbundene Sitzungssäle, Fraktionsräume sowie ein Aufenthaltsraum. Die Fußböden bestehen im Erdgeschoss aus Marmor, die Decken aus Sichtbeton. Im Plenarbereich ist der Boden teilweise mit Teppich ausgekleidet; Decken und Wände bestehen aus Rauputz oder Sichtbeton.

Darüber schließt sich der Verwaltungsbereich an, der je nach Größe der Ämter in zwei- oder dreigeschossige Einheiten zusammengefasst ist. Diese sind über interne Verbindungstreppen und den zentral liegenden Aufzug miteinander verbunden. Als Orientierungshilfe der einzelnen Ämter und ihrer Unterbringung auf den teilweise stockwerkübergreifenden Einheiten im Haus dient ein Farbenleitsystem. Dazu sind die Innenwände mit farbig emaillierten Stahlpaneelen ausgekleidet. Die Böden sind mit Teppich ausgekleidet und Bürobereiche über verstellbare Trennwände variabel gestaltbar.

Im zweiten Obergeschoss ist der technische Dienst mit Telefonanlage und Druckerei untergebracht. Das 11. Geschoss mit Büros für den Oberbürgermeister, den Bürgermeister und deren Mitarbeiter sowie die 13. Etage mit dem Aufenthaltsraum bilden Sondergeschosse, die durch Fassadeneinschnitte außen unterscheidbar sind. Auf der nur im Rahmen von Führungen für die Öffentlichkeit zugänglichen Dachterrasse auf 67,7 Meter schließen sich die Aufbauten für die Aufzugmaschine und die Lüftungsräume an. Neben den Verbindungstreppen in der Gangzone und den Aufzügen im Kernbereich befindet sich darüber hinaus ein separates Nottreppenhaus, das den Westteil des Bauwerks vollständig durchzieht.

In den beiden unterirdischen Etagen sind neben der Haustechnik, das Lager und das Stadtarchiv untergebracht. In einem selbstständigen Baukörper befindet sich ebenfalls unterirdisch eine zweigeschossige Tiefgarage für 197 PKW-Stellplätze.

Bautechnik und Sicherheitseinrichtungen

Luftbildaufnahme aus östlicher Richtung

Der Rathausturm wird von einem Stahlbetonskelett und zwei Versorgungsschächten getragen. Der mittlere Kern beherbergt eine Aufzugsanlage mit drei Kabinen zu je sechs Personen und einer Kabine für zwölf Personen. Die Aufzüge werden aus rationellen Gründen über eine Gruppensammelsteuerung manövriert. Der Fahrstuhlschacht weist eine Förderhöhe von 71 Metern auf. Die maximale Fahrgeschwindigkeit beträgt 3 Meter pro Sekunde.

Das Hochhaus wird über eine Zweikreis-Kesselanlage mit Wärmeübertragung für Wasser und Dampf beheizt. Das Leitungssystem der mit Erdgas betriebenen Anlage befindet sich im Kern des Gebäudes und lässt sich in vier getrennt regelbaren Höhenzonen und zwei Witterungsgruppen einteilen.

Die Belüftung des Rathauses erfolgt im Sockel über eine Klimaanlage, im Büroturm über frei regulierbare Vertikalschiebefenster. Der Lufteinlass erfolgt mechanisch über den Flurbereich, die Abluft wird über die WC-Anlage abgesaugt. Die Tiefgarage wird über eine separate Lüftung versorgt. Die Gesamtleistung der lufttechnischen Anlagen beträgt 92.000 Kubikmeter pro Stunde.

Die Stromversorgung im Haus wird über einen Transformator (630 kVA) im Technikgeschoss gewährleistet. Im Notfall kann das Rathaus über eine Notstromanlage mit Dieselaggregat versorgt werden. Seit August 2011 ist eine Fotovoltaikanlage mit einer Maximalleistung von 4,9 Kilowatt peak ans Netz gegangen, die am Dach des Ratssaales installiert wurde.[4]

Literatur

  • Stadt Lörrach (Hrsg.): Das neue Rathaus. Lörrach 1976.
  • Walter Jung: Die Rathäuser in Lörrach. in: Walter Jung, Gerhard Moehring (Hrsg.): Unser Lörrach 1975. Eine Grenzstadt im Spiegel der Zeit, Lörrach-Tumringen: Kropf & Herz 1975, Seiten 7–27.

Weblinks

Commons: Lörracher Rathaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jung: Die Rathäuser in Lörrach. S. 25
  2. Bernd Dörries: Beihilfe zum Selbstmord. In: Süddeutsche Zeitung. 7. November 2006.
  3. Sendung vom Dienstag, 18. Dezember 2012 in SWR Landesschau aktuell Baden-Württemberg
  4. Pressemitteilung Stadt Lörrach: Neue Solarstromanlage auf dem Vordach des Rathauses ist ans Netz gegangen, 11. August 2011

Koordinaten: 47° 36′ 54″ N, 7° 39′ 52,3″ O