Michal Wituschka

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Oktober 2016 um 07:31 Uhr durch Stegosaurus Rex (Diskussion | Beiträge) (→‎Einzelnachweise: Review beendet, da ohne Beiträge seit 1 Monat). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Michal Apanassawitsch Wituschka (belarussisch Міхал Апанасавіч Вітушка; * 5. November 1907 in Njaswisch, Russisches Kaiserreich; † 7. Januar 1945[1]) war ein weißrussischer Politiker und Nazikollaborateur, welcher im Zweiten Weltkrieg gegen die Sowjetunion kämpfte.

Leben

Wituschka wurde am 5. November 1907 in Njaswisch geboren. Sein Cousin Dimitri Kosmowicz wurde Polizeichef von Smolensk.[2] Wituschka beendete das Weißrussische Gymnasium in Klezk und Vilnius. Anschließend studierte Wituschka an der Karls-Universität Prag sowie an der Technischen Universität Warschau. In Warschau war er in der Weißrussischen Studentenbewegung aktiv. Von 1939 bis 1940 war Wituschka Polizeichef in Njaswisch. Im August 1941 wurde er Kommandeur der Weißrussischen Selbstverteidigungseinheiten. Zudem wurde er Cheforganisator der Polizei in Minsk. Wituschka gehörte zusammen mit Winzent Hadleuski und Usewalad Rodska der Führung der 1942 gegründeten Weißrussischen Unabhängigen Partei an.[3] Von 1942 bis 1943 organisierte Wituschka die Selbstverteidigungseinheiten in den Regionen Brjansk, Mahiljou und Smolensk. Er trat dem Weißruthenischen Selbsthilfewerk bei und war Major der Weißruthenischen Heimwehr. Darüber hinaus nahm Wituschka am II. Weißrussischen Volkskongress teil. Anfang Sommer 1944 wurde er Offizier des Luftlandebataillons Dallwitz.[4]

Schwarze Katzen

Im Jahr 1944 beschloss der Offizier der Waffen-SS Otto Skorzeny bei einem Treffen mit den weißrussischen Kollaborateuren Radaslau Astrouski, Usewalad Rodska und Mikola Abramtschyk eine Zusammenarbeit, um Rekruten und Personal für Sabotage-Einsätze und zur Trainierung von Infiltratoren zu finden. Es wurden zwei SD-Anlagen errichtet: Eine in Dahlwitz-Hoppegarten bei Berlin und eine Weitere in Walbuze in Ostpreußen. Dort wurde den Rekruten die Nutzung von Funkverbindungen, Codierung, Demolierung und Tötungstechniken beigebracht. In Dallwitz bei Insterburg wurde das Luftlandebataillon Dallwitz ausgebildet. Wituschka leitete dabei eine dreißigköpfige Gruppierung mit dem Namen Schwarze Katzen, die dem SS-Jagdverband Ost untergeordnet war.[5]

Im Sommer und im Herbst des Jahres 1944 wurden die verschiedene Einheiten des SS-Jagdverbands Ost mit Fallschirmen hinter den Linien der Roten Armee abgesetzt.[5] Die Jagdverbände wurden unter anderem östlich von Vilnius, aber auch im Białowieża-Urwald abgesetzt. Wituschka selbst wurde mit seinen Schwarze Katzen, zu denen unter anderem Hleb Bogdanowitsch gehörte, am 17. November 1944 abgesetzt.[6] Die Schwarzen Katzen erzielten zunächst erste Erfolge, wurden jedoch nach einiger Zeit vom NKWD infiltriert.[7] Dem NKWD gelang es innerhalb von drei Monaten das gesamte SS-Jagdverband-Netzwerk in Weißrussland zu besiegen. Spätestens im Jahr 1946 war die gesamte Bewegung liquidiert.[8] Während einigen der Fallschirmjäger die Flucht in den Westen gelang, wurde Wituschka selbst am 7. Januar 1945[1] gefangen genommen und hingerichtet.[9]

In der weißrussischen nationalistischen Hagiographie soll Wituschka bis in das Jahr 2006 hinein weiter gelebt haben.[8] Im Kalten Krieg wurde Wituschka, obwohl er bereits tot war, von anderen weißrussischen Nazikollaborateuren gegenüber westlichen Geheimdiensten als Führer einer großen Untergrundarmee beworben. Diese Partisanenbewegung sollte dabei angeblich ebenfalls unter der Bezeichnung Schwarze Katzen im westlichen und mittleren Teil Weißrusslands sowie in Litauen aktiv gewesen sein.[10][11] Der General der Weißruthenischen Heimwehr Franzischak Kuschal erzählte der CIA, dass er über Kontakte mit den Schwarzen Katzen verfügte und gab Angaben zu deren Aktivitäten.[12] CIA-Agenten beschrieben die Bewegung als „ein loses Bündnis von Banditengruppen mit wenig Kraft, um eine kontrollierte Bewegung zu werden“ und trauten der Zuverlässigkeit von Kuschals Aussagen, insbesondere was die Qualität und Stärke der angeblichen Guerillabewegung anging, nicht. Nichtsdestotrotz zeigten ranghohe US-Agenten ein zunehmendes Interesse an den Schwarzen Katzen, um die Macht der Sowjetunion zu untergraben.[13] Auch der Historiker Sjarhej Jorsch, berichtet von einer Aktivität Wituschkas als Anführer einer antisowjetischen Guerilla, wobei sich diese Behauptungen nicht verifizieren lassen.[14]

Nachwirkung

Obwohl Wituschka innerhalb der weißrussischen Opposition stark umstritten ist, wird er und seine angebliche antisowjetische Partisanenbewegung in der Nachkriegszeit insbesondere von der nationalistischen Jugendorganisation Malady Front heroisiert. Die Organisation argumentiert, dass allein die Zusammenarbeit Wituschkas mit den deutschen Besatzern aus ihm noch keinen überzeugten Nationalsozialisten macht und zieht dabei Parallelen zum Hitler-Stalin-Pakt. Stattdessen wird ein angeblich von Wituschka geplanter Aufstand gegen die deutschen Besatzer hervorgehoben.[15] Am 5. November 2007 wurden mehrere Aktivisten der Organisation in Njaswisch von der Polizei festgenommen, nachdem sie den hundertsten Geburtstag von Michal Wituschka feierten.[16] Auf einer Demonstration am 25. März 2014 erschienen Aktivisten der Malady Front mit einem Transparent auf dem unter anderem auch Michal Wituschka abgebildet war und die Aufschrift „Helden sterben nicht“ trug.[17]

Einzelnachweise

  1. a b Нашествие призраков прошлого, Pressemitteilung des KGB (Memento vom 23. Mai 2013 im Internet Archive) (russisch)
  2. John Loftus: America's Nazi Secret. TrineDay LCC 2010, ISBN 978-1936296040, S. 189
  3. Andrew Wilson: Belarus: The Last European Dictatorship, Yale University Press, New Haven 2012, ISBN 978-0-300-13435-3. S. 108
  4. Antonio J. Muñoz, Oleg V. Romanko: Hitler's White Russians: Collaboration, Extermination and Anti-partisan Warfare in Byelorussia, 1941-1944, Europa Books 2003, S. 452f.
  5. a b Perry Biddiscombe: The SS Hunter Battalions. The Hidden History of the Nazi Resistance Movement. Tempus, Stroud 2006, S. 65.
  6. Antonio J. Muñoz, Oleg V. Romanko: Hitler's White Russians: Collaboration, Extermination and Anti-partisan Warfare in Byelorussia, 1941-1944, Europa Books 2003, S. 453.
  7. John Loftus: America's Nazi Secret. TrineDay LCC 2010, S. 118
  8. a b Perry Biddiscombe: The SS Hunter Battalions. The Hidden History of the Nazi Resistance Movement. Tempus, Stroud 2006, S. 66.
  9. John Loftus: America's Nazi Secret. TrineDay LCC 2010, S. 119
  10. John Loftus: America's Nazi Secret. TrineDay LCC 2010, S. 306
  11. Antonio J. Muñoz, Oleg V. Romanko: Hitler's White Russians: Collaboration, Extermination and Anti-partisan Warfare in Byelorussia, 1941-1944, Europa Books 2003, S. 453.
  12. KUSCHEL, FRANCIS auf foia.cia.gov Aussagen des Generals Franzischak Kuschal gegenüber der CIA (englisch)
  13. Mark Alexander: Nazi Collaborators, American Intelligence, and the Cold War. The Case of the Byelorussian Central Council. University of Vermont Graduate College Dissertations and Theses, Nr. 424, 2015, S. 97 (PDF)
  14. Vadim Sidorovich: Naliboki Forest: Historical outline and ethnographical sketch. Minsk 2016, S. 1041ff.
  15. Міхал Вітушка: ТОП-5 міфаў. In: Malady Front. 20. Dezember 2013, abgerufen am 31. Januar 2016. (weißrussisch)
  16. Niasvizh: Police Detain ‘Young Front’ Activists for Celebrating Vitushka’s Birthday. In: Spring96. 5. November 2007, abgerufen am 22. April 2016.
  17. Малады Фронт тлумачыць, каго лічыць героямі, svaboda.mobi (weißrussisch)