Montenegriner

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Montenegriner (montenegrinisch/serbisch Crnogorci/Црногорци) sind eine Ethnie, deren Angehörige zumeist den ijekavischen Dialekt des Serbokroatischen sprechen, der teilweise als montenegrinische Sprache bezeichnet wird. Montenegriner leben vor allem in Montenegro, aber auch in Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Serbien. Manche sehen die Montenegriner als ethnische Subgruppe der Serben.

Geschichte

Die serbisch-orthodoxen Slawen Montenegros wurden erst 1946 zur Nation innerhalb Jugoslawiens erklärt. Zuvor galten sie als Serben und bezeichneten sich selbst zum Teil als Alt-Serben.[1] Eine Ausnahme bildeten autochthone serbisch-orthodoxe Slawen um die Bucht von Kotor, diese betrachteten sich weiterhin mehrheitlich als Serben. Daneben betonten viele Montenegriner stets die montenegrinische Eigenart, welche sie ihrer Auffassung nach von den restlichen Serben unterscheiden würde, was letzteblich als Grundlage für eine eigene montenegrinische Nation dienen sollte. Milovan Đilas, der einst als geistiger Vater der montenegrinischen Nation galt, definierte die montenegrinische Nation in seinem Memorandum vom 1. Mai 1945 in der offiziellen Zeitung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens, der Borba:

„Die Montenegriner gehören ohne Zweifel der serbischen Linie der südslawischen Stämme und Nationen an. In der Vergangenheit, im achtzehnten, auch zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, waren die Serben in Serbien Reaya' (Unterworfene) unter den Türken, die Montenegriner - teils Reaya', teils freie Bauern im ständigen Kampf gegen die Türken. Die gemeinsame Religion (Anm.: Das orthodoxe Christentum) bot die Idee, in welcher sich der Kampf sowohl der einen als auch der anderen gegen den türkischen Feudalismus (Kreuz gegen Halbmond) abwickelte. Es ist vollkommen verständlich, dass bei den orthodoxen Reaya', gleich nach den historischen Traditionen, und verwandt nach Sprache und Bräuchen, das gleiche Streben nach Befreiung und Vereinigung im Kampf bestanden. Aber die Wege der Entwicklung zur Nation waren bei den einen (in Serbien) und bei den anderen (in Montenegro) unterschiedlich.“

„Die Serben und Montenegriner sind der gleichen (serbischen) ethnischen Abstammung, des gleichen Stammes, aber die Entwicklung zu Nationen, die Entwicklung des nationalen Bewusstseins, ging verschiedene Wege. Aus der Tatsache, dass Serben und Montenegriner der gleichen Abstammung sind, kamen bürgerliche Theoretiker und kleinbürgerliche Politiker, welche die Wesenheit der nationalen Frage und die Gesetze der Formation von Nationen nicht verstehen, zum Folgeschluss, es müsste sich um eine Nation handeln, ein Folgeschluss welcher aber eine ideologische Grundlage war und eine Rechtfertigung des Hegemonismus (Anm.: Serbiens bzw. des Kgr. Jugoslawiens, dass als ein Projekt von 'bürgerlichen Hegemonisten Serbiens' angesehen wurde).“

„Die Bildung der Nation in Montenegro begann ein ganzes Jahrhundert später als in Serbien. Hier existierten andere und alle Voraussetzungen (Territorium, ökonomische Verbundenheit usw.), welche es bei den Minderheiten in Bosnien-Herzegowina nicht gab. Der Prozess der Formation der montenegrinischen Nation dauert bis heute an, und in diesem Kriege (Anm.: Zweiter Weltkrieg) kam die montenegrinische Individualität, das Bekenntnis zum montenegrinischen Bewusstsein und zur montenegrinischen Eigenart, am schärfsten zum Vorschein. Dieser Krieg kennzeichnet den Kulminationspunkt im Prozess der Formation der Montenegriner zu einer eigenen Nation, zu einer eigenen nationalen Individualität.“

„Nach der Stammestradition fühlen sie sich, und sie sind es ja, als Serben (serbische Stämme im Mittelalter, serbische Reaya', serbisches Volk unter den Türken), aber sie sind in der nationalen Betrachtung heute auch etwas Besonderes, eigenes, montenegrinisches (wie zum Beispiel die Serben in Serbien keine Montenegriner sind und sich als solche auch nicht fühlen). Die Sache so betrachtend, durch die historische Entwicklung, ist es vollkommen verständlich, warum sich die Montenegriner im nationalen Sinne heute als etwas Besonderes fühlen (nicht leugnend, dass sie Serben seien nach der Tradition, nach der Herkunft), warum sie es als richtig und natürlich empfinden, wenn sie als montenegrinisches Volk (Nation) genannt werden und sie meinen, der föderale Status (Anm.: Als föderale Einheit in Jugoslawien, nicht Teil einer serbischen Teilrepublik etc.) sei notwendig, natürlich und verständlich.“

„Aber über die Zukunft könne man nur raten. Die einen meinen, dass zwischen den Montenegrinern und den Serben in Serbien, ohne Hegemonie und Hegemonisten, es schnell zu einer Vereinigung käme, zur Verschmelzung. Es wäre, das versteht sich, lachhaft, diese Möglichkeit zu verneinen. Sie kann nicht bestritten werden selbst für Völker, die bei Weiten nicht so miteinander verwandt sind. Deswegen ist der Kampf für die Freiheit und Gleichheit des montenegrinischen Volkes, für die freie, offene Betonung seiner nationalen Individualität und für die Achtbarkeit seiner föderalen Rechte, der einzige Weg zur Annäherung, Vereinigung, zur richtigen Brüderlichkeit der serbischen und montenegrinischen Nation, welche hervorgegangen von den serbischen Stämmen.“

„Wir Kommunisten sind nicht für ein föderales Montenegro aus irgendwelchen politischen Gründen (d.h. aus Gründen zu provisorischen Manövern) noch zerreißen wir das Serbentum. Wir sind für all das, weil wir überzeugt sind, weil wir wissen, dass es das montenegrinische Volk so haben möchte, und es möchte es so haben weil es sich als etwas Besonderes fühlt, und es ist etwas Besonderes, eigen, andere "Serben" als alle Serben, - Montenegriner.“

Eric Hobsbawm beschrieb Montenegro und die Montenegriner folgendermaßen: Zum neuerschaffenen Jugoslawien „gehörte auch das ehemals unabhängige, kleine Stammeskönigreich Montenegro, eine kahle, von Hirten und Banditen bevölkerte Berglandschaft, deren spontane Reaktion auf den erstmaligen Verlust ihrer Unabhängigkeit war, dass sie in Massen zum Kommunismus konvertierten (von dem sie annahmen, dass er ihren heroischen Geist willkommen heißen würde).“[2]

Religion und Kultur

Die meisten Montenegriner gehören der serbisch-orthodoxen Kirche an; andere, eine Minderheit, der nicht kanonischen montenegrinisch-orthodoxen Kirche. Insbesondere viele Serben betrachten die Montenegriner wegen der gemeinsamen kulturellen Verbundenheit als Serben, weil viele serbische historische Persönlichkeiten aus dieser Gegend kommen. So stammen die Vorfahren beispielsweise des serbischen Fürsten Lazar Hrebeljanović und Karađorđes sowie der politischen Personen des 20. Jahrhunderts wie Petar II. Petrović-Njegoš, Nikola von Montenegro, Slobodan Milošević, Radovan Karadžić und Željko Ražnatović aus Montenegro.

Literatur

  • Hösch, Nehring, Sundhaussen (Hrsg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. S. 460, ISBN 3-8252-8270-8

Einzelnachweise

  1. Gerhard Herm: Der Balkan. Das Pulverfaß Europas. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf / Wien / New York / Moskau, 1993, S. 315, ISBN 978-3-430-14445-2
  2. Hobsbawm, Eric (1994). Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. S. 51