Nationalarchiv von Südsudan

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Das Archiv 2018.

Das National Archive of South Sudan ist das Staatsarchiv des Südsudan. Es hat seinen zentralen Standort in Juba und befindet sich mit norwegischer Unterstützung im Aufbau.

Das Archivgut besteht aus zehntausenden Dokumenten der sudanesischen und südsudanesischen Regierung seit der Zeit des Anglo-Ägyptischen Sudan (um 1900), aus der Zeit der Republic des Sudan (جمهورية السودان Jumhūrīyat as-Sūdān) und der Bürgerkriege (Erster sudanesischer Bürgerkrieg الحرب الأهلية السودانية الأولى 1955–1972; Zweiter Sudanesischer Bürgerkrieg الحرب الأهلية السودانية الثانية 1983–2005) bis in die späten 1990er. Die teilweise noch zu erschließenden Archivbestände fallen in die Zuständigkeit des Ministry of Culture, Youth and Sports in Juba.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Nationalarchiv entstand aus dem Werk von Enoch Mading de Garang, der seit seiner Amtszeit als Regional Minister of Information, Culture, Youth and Sports (ab 1976) war, die Idee für ein Archiv der südsudanesischen politischen Bewegungen entwickelte.[2] Enoch Mading baute das Archiv auf und nahm auf Vorschlag des Historikers Robert O. Collins auch die Verwaltungsakten des Südlichen Sudan auf.[2][3] Das Archives Department wurde 1977 als Teil des Ministry of Information and Culture gegründet.[2]

Die Regierungsakten litten in den Ersten und Zweiten Sudanesischen Bürgerkriegen stark. Viele Dokumente wurden zerstört durch Hitze, Termiten, Wasser, Feuer und falsche Behandlung.[4] Viele dieser Archivalien wurden im Southern Records Office in Juba aufbewahrt (Southern Sudan Autonomous Region (1972–83) unter Douglas H. Johnson).[5] Während des Zweiten Sudanesischen Bürgerkrieges (1983–2005) wurden diese Dokumente erneut zerstreut, vernachlässigt und teilweise mutwillig zerstört.[6][7][8]

Aufbewahrungszelt des South Sudan Archive, Juba, 2010.

Die Autorität über die Archive wurde vom Bundesstaat Central Equatoria nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages an die Regierung des Südsudan übertragen.[2] Erste Rettungsmaßnahmen für die Archivalien begannen 2005, während der Friedensperiode aufgrund des Friedensvertrages, mit Unterstützung des US Ambassadors’ Cultural Fund.[9] In diesem Zusammenhang wurde ein Aufbewahrungszelt nahe dem Verwaltungs-Hauptquartier des Central Equatoria State in Juba aufgestellt, wo Dokumente aus dem Archiv gesammelt wurden, die größtenteils ungeordnet waren („in a disordered state“).[10][11]

2010 begannen British Institute in Eastern Africa (BIEA) und Rift Valley Institute (RVI) eine zweite Phase der Notfall-Konservierung und Digitalisierung. Unter anderem wurden Archivboxen und Digitalisierungsequipment geliefert und Training für Digitalisierungstechniken und Archivierung für einheimische Mitarbeiter durchgeführt. Eine dritte Phase, die durch die Michigan University finanziert und vom Rift Valley Institute durchgeführt wurde, folgte 2013 und setzte die begonnene Arbeit fort.[12]

Bei der Unabhängigkeitszeremonie des Südsudan in Juba 2011 kündigte Pa'gan Amum Okiech, der damalige Generalsekretär des Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM), dass auch die Flagge des Sudan, die in diesem Zuge abgenommen worden war im National Archiv aufbewahrt werden sollte im Andenken der „shared history“ (Gemeinsamen Geschichte) mit dem Nachbarland.[13][14]

Das Projekt erhielt Unterstützung von der Regierung von Norwegen für den Bau eines permanenten Gebäudes South Sudan National Archive Building.[15][16] Die Norwegische Regierung und die niederländische Prince Claus Foundation gaben Mittel zur Renovierung eines temporären Gebäudes in Munuki, Juba.[17] Der Bau des neuen Archives war angesetzt auf die Zeit von Juli 2014 bis Juli 2015.[18] Der Bau wurde allerdings durch den Bürgerkrieg im Südsudan 2013 bis 2018 aufgehalten.[19]

Sammlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bestände des Archivs beginnen Anfang der 1900er Jahre und reichen bis in die 1990er Jahre. Meist stammen die Akten von früheren lokalen Verwaltungen im Südsudan, unter anderem monatliche Tagebücher und jährliche Reports, Inspektionsberichte, Distrikt- und Provinz-Reporte, Aushändigungsbestätigungen und allgemeine Korrespondenzen.

Tarikh Tana (Unsere Geschichte)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im November 2017 wurden die Dokumente des National Archivs in der Radio-Sendung Tarikh Tana (Unsere Geschichte) vorgestellt. Die Radiosendung wurde in fünf Teilen von Eye Radio (98.6 FM) in Juba ausgestrahlt. Das Programm wurde vom South Sudan Ministry of Culture, Youth and Sports, dem Rift Valley Institute und der UNESCO unterstützt und durch Finanzmittel aus Norwegen.[20] Die erste Episode wurde von Rosemary Ochinyi moderiert und skonzentrierte sich auf die Dokumente im Zusammenhang mit den Verurteilungen der Torit Mutineers (Meuterern von Torit),[21] die zweite zeigte einen Auszug aus dem Evangelium nach Markus aus einer Bibel von 1952;[22] und die dritte Episode zeigte ein Instructional Pamphlet on Malaria in Bor Dinka (Aufklärungs-Flugblatt zu Malaria in Bor Dinkha) von 1948.[23] In der vierten Episode stand das Dokument An Appeal by the Peace Delegation to the Anyanya von 1967 im Mittelpunkt.[24] Der letzte Teil beschäftigte sich mit dem Dokument The functions of the leopard-skin chief (Die Aufgaben des Leopardenhaut-Häuptlings), einer Auswahl von Gesetzen der Nuer die von den Kolonialbehörden 1944 in Auftrag gegeben worden war.

„[Deng Nhial Chioh, ein Anthropologe und Experte für Kulturerbe,] erklärte, dass der Begriff Leopardenhaut-Häuptling eine inkorrekte Übersetzung von Kuaar Muon sei, welches „Erd-Hüter“ in Nuer bedeutet. „Das Wort Chief wurde dort eingefügt, was nicht korrekt ist,“ sagte Mr. Nhial. „Das Amt des Kuaar Muon ist sehr unabhängig und sehr einzigartig. er ist ein Friedensstifter und ein Vermittler, er kann einige Flüche benutzen, and wann immer eine Person eine andere tötet, wird [diese Person] zum Kuaar Muon fliehen.““[25]

Die Radioprogramme wurden von öffentlichen Wanderausstellungen in Juba begleitet.[26]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rift Valley Institute (RVI): National Archive of South Sudan. In: riftvalley.net. www.riftvalley.net, 2008, archiviert vom Original am 20. Dezember 2016; abgerufen am 4. Dezember 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/riftvalley.net
  2. a b c d Christopher Gallien Tounsel: ‘God will crown us’: The Construction of Religious Nationalism in Southern Sudan, 1898-2011. PhD dissertation (History), University of Michigan 2015.
  3. Robert Oakley Collins (1933–2008) war ein Historiker mit einem Schwerpunkt in der Geschichte des Sudans. Er reiste mit seiner Frau 1976 in den südlichen Sudan und suchte zusammen mit Mading de Garang nach Wegen Materialien, zu sammeln, sichern und archivieren, die sich auf die Geschichte des Südlichen Sudan bezogen. Dies sollte Teil des Southern Sudan Historical Retrieval Project werden. Collins besuchte Beamte und Gelehrte und erstellte eine Inventarliste von Distrikt-Akten und Ablagesystemen. Robert Oakley Collins. In: reed.dur.ac.uk. Durham University Library Special Collections Catalogue, 1997, abgerufen am 24. Juni 2017.
  4. Skye Wheeler: Documents for Sudan's disputed border lost. In: Reuters, Juba, South Sudan 25. September 2007.
  5. Douglas H. Johnson war derzeit im Southern Records Office in Juba, einem Vorgängerinstitut der National Archives of South Sudan. Douglas Johnson: Talking their Language: A Rare Language Exam from the Anglo-Egyptian Sudan. Sudan Studies. 2004, 32. Johnson hat die gegenwärtigen Bemühungen beschrieben in The Revival of the Southern Sudan’s Archives. In: Sudan Studies. 2011, 43: 28–36.
  6. National Archive of South Sudan. In: riftvalley.net. Rift Valley Institute (RVI), 2008, archiviert vom Original am 20. Dezember 2016; abgerufen am 4. Dezember 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/riftvalley.net
  7. Nicki Kindersley: South Sudan National Archives: New country, New Paperwork. In: imperialandglobal.exeter.ac.uk. The Imperial and Global History Network, 14. März 2014, archiviert vom Original am 20. Dezember 2016; abgerufen am 4. Dezember 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/imperialandglobal.exeter.ac.uk
  8. Douglas Johnson: 2004 |title= Talking their Language: A Rare Language Exam from the Anglo-Egyptian Sudan|url= |journal= Sudan Studies|volume= 32
  9. The U.S. Ambassadors Fund for Cultural Preservation Annual 2005/2006 Report. U.S. Department of State, 2006, S. 17 (state.gov [PDF]).
  10. National Archive of South Sudan. In: riftvalley.net. Rift Valley Institute (RVI), 2008, archiviert vom Original am 20. Dezember 2016; abgerufen am 4. Dezember 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/riftvalley.net
  11. Pascal Fletcher: South Sudan's history emerges - from a tent. Reuters 24. Mai 2014.
  12. National Archive of South Sudan. In: riftvalley.net. Rift Valley Institute (RVI), 2008, archiviert vom Original am 20. Dezember 2016; abgerufen am 4. Dezember 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/riftvalley.net
  13. Abdullahi Gallab: Their Second Republic: Islamism in the Sudan from Disintegration to Oblivion. Ashgate, Burlington, VT 2014, S. 180.
  14. Gregg Carlstrom: South Sudan celebrates 'new beginning'. Aljazeera. 9. Juli 2011.
  15. Norway Offers National Archive to South Sudan. Catholic Radio Network, South Sudan, South Sudan 11. Juli 2011.
  16. United Nations Office for Project Services (UNOPS): National Archives of the Republic of South Sudan Design Brief.@1@2Vorlage:Toter Link/www.unops.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. UNOPS 29. April 2013.
  17. National Archive of South Sudan. In: riftvalley.net. Rift Valley Institute (RVI), 2008, archiviert vom Original am 20. Dezember 2016; abgerufen am 4. Dezember 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/riftvalley.net
  18. UNESCO Office in Juba: National Archives. In: unesco.org. UNESCO, abgerufen am 4. Dezember 2016.
  19. Timothy Godfrey: Timothy Godfrey spoke at the July NSW Branch meeting on his experience as a records manager with the UN Peacekeeping Mission in South Sudan. In: Australian Society of Archivists NSW Branch Newsletter. 2016: 3.
  20. Florence Miettaux: Tarikh Tana (Our History): A radio series about the South Sudan National Archives. In: riftvalley.net. The Rift Valley Institute, 1. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  21. Florence Miettaux: Tarikh Tana (Our History) part 1: The Sentencing of the Torit Mutineers. In: riftvalley.net. The Rift Valley Institute, 6. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  22. Florence Miettaux: Tarikh Tana (Our History) part 2: The Gospel of St Mark in Bari. In: riftvalley.net. The Rift Valley Institute, 13. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  23. Florence Miettaux: Tarikh Tana (Our History) part 3: Instructional pamphlet on malaria in Bor Dinka. In: riftvalley.net. The Rift Valley Institute, 13. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  24. Florence Miettaux: Tarikh Tana (Our History) part 4: 1967 Appeal by the peace delegation to the Anya Nya. In: riftvalley.net. The Rift Valley Institute, 29. November 2017, abgerufen am 6. Dezember 2017.
  25. [Deng Nhial Chioh, an anthropologist and heritage expert,] explained that the term leopard-skin chief was an incorrect translation of Kuaar Muon, which means ‘earthly custodian’ in Nuer. ‘They put the word Chief there, which is not correct,’ said Mr Nhial. ‘The office of Kuaar Muon is very independent and very unique, he’s a peace maker and a mediator, he can profess some curses, and whenever a person kills another person, [that person] will run to Kuaar Muon.’ Florence Miettaux: Tarikh Tana (Our History) part 5: 1944 The functions of the leopard-skin chief. RVI: The Rift Valley Institute riftvalley.net 6. Dezember 2017.
  26. RiftValleyInstitute: #SouthSudan National #archives public pop-up exhibition at Customs Roundabout in #Juba drawing big crowds. 931435609385852928, 17. November 2017.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]