Potts-Modell
Das Potts-Modell ist ein mathematisches Modell und kann als Verallgemeinerung des in der statistischen Physik verwendeten Ising-Modells betrachtet werden. Besteht ein System aus einer abzählbaren Menge von Entitäten (z. B. Atome), welche alle verschiedene Zustände (z. B. Spins) annehmen können und zwischen denen eine Wechselwirkung besteht, kann zur Analyse des Systems das Potts-Modell verwendet werden. Die Grundlagen dafür stammen aus der Graphentheorie und Wahrscheinlichkeitstheorie. Anwendung findet es unter anderem in der Physik (statistische Mechanik), Informatik (Signalverarbeitung) und Biologie (neuronale Netze). Das Modell wurde benannt nach Renfrey Potts, welcher das Modell 1951 in seiner Dissertation definierte.
Definition
Das Potts-Modell besteht aus einem d-dimensionalen Gittergraphen , einer Menge von Knotenbelegungen (Knotenkonfigurationen) und einem Hamiltonoperator auf dieser Menge. Jeder Knoten wird mit einem Element aus der Menge
belegt. Diese können als Punkte auf dem 2-dimensionalen Einheitskreis interpretiert werden und heißen Spins. Der Hamiltonoperator ist gegeben durch
Summiert wird über alle benachbarten Knoten für . Die Kopplungskonstante beschreibt die Wechselwirkung zwischen den benachbarten Knoten. Alternativ zu dem gerade beschriebenen planaren Potts-Modell wird in der Regel das gleichwertige Standard-Potts-Modell (oder einfach: Potts-Modell) verwendet. Dabei werden die Knoten mit Elementen aus der Menge belegt. Der Hamiltonoperator ist gegeben durch
wobei das Kronecker-Delta ist. Das heißt, falls zwei benachbarte Knoten verschiedene Spins besitzen, verschwindet der entsprechende Summand. Das negative Vorzeichen von ist eine Konvention, motiviert vom Ising-Modell.
Verhältnis zu anderen statistischen Modellen
Allgemeine Version
Auf dem Gittergraphen mit der Menge der Knotenbelegungen kann eine allgemeinere Version des Potts-Modells definiert werden:
Im Unterschied zum ursprünglichen Modell variiert die Wechselwirkung zwischen den benachbarten Knoten. Außerdem wird der Operator durch den Term
ergänzt. Er kann als externes Feld, das auf das ursprüngliche System wirkt, verstanden werden.
Das Ising-Modell als Spezialfall
Setzt man , folgt aus dem Potts-Modell das Ising-Modell.
Das XY-Modell als Spezialfall
Für erhält man das XY-Modell, welches wiederum als Spezialfall des N-Vektor-Modells mit verstanden werden kann. Betrachtet man das planare Potts-Modell, so ist der Zustandsraum der Spins keine endliche Teilmenge des Einheitskreises, sondern der ganze 2-dimensionale Einheitskreis.
Eigenschaften
Energie einer Knotenkonfiguration
Zustandssumme
Die Zustandssumme stellt eine der wichtigsten Größen des Potts-Modells dar. Sie normiert das Potts-Maß und dient als Grundlage für die Berechnung der freien Energie:
Summiert wird über alle Knotenkonfigurationen. Da die Kardinalität aller Knotenkonfigurationen – abhängig von der Anzahl der Knoten – exponentiell wächst, existieren Approximationsalgorithmen, welche die Zustandssumme simulieren. Es handelt sich dabei in der Regel um Monte-Carlo-Verfahren.
Potts-Maß
Das Potts-Maß ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß und gehört zur Klasse der Boltzmannverteilungen:
Freie Energie
Literatur
- Julius Ashkin, Edward Teller: Statistics of Two-Dimensional Lattices With Four Components. In: Phys. Rev. 64. Jahrgang, Nr. 5–6, 1943, S. 178–184, doi:10.1103/PhysRev.64.178, bibcode:1943PhRv...64..178A.
- Renfrey B. Potts: Some Generalized Order–Disorder Transformations. In: Mathematical Proceedings. 48. Jahrgang, Nr. 1, 1952, S. 106–109, doi:10.1017/S0305004100027419, bibcode:1952PCPS...48..106P.
- Fa-Yueh Wu: The Potts model. In: Reviews of Modern Physics. 54. Jahrgang, Nr. 1, 1982, S. 235–268, doi:10.1103/RevModPhys.54.235, bibcode:1982RvMP...54..235W.