Dimenhydrinat

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Strukturformel
     
Allgemeines
Freiname Dimenhydrinat
Andere Namen
  • (2-Benzhydryloxyethyl)-dimethylammonium-8-chlor-1,3-dimethyl-3,7-dihydropurin-2,6-dion
  • Dramamine
Summenformel C24H28ClN5O3
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 523-87-5
EG-Nummer 208-350-8
ECHA-InfoCard 100.007.593
PubChem 10660
ChemSpider 10210
DrugBank DB00985
Wikidata Q420439
Arzneistoffangaben
ATC-Code

R06AA02

Wirkstoffklasse

Antihistaminikum, Antiemetikum

Wirkmechanismus

Kompetitiver Antagonismus zum Histamin am H1-Rezeptor.

Eigenschaften
Molare Masse 469,96 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze[1]
Toxikologische Daten

1320 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Dimenhydrinat ist ein Salz aus Diphenhydramin und 8-Chlortheophyllin und damit eine Kombination zweier Wirkstoffe. Diphenhydramin ist ein H1-Rezeptor-Antagonist (Antihistaminikum der 1. Generation) und wird vorwiegend als Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen (Antiemetikum) und als Beruhigungsmittel (Sedativum) eingesetzt. Chlortheophyllin ist ein mildes Anregungsmittel (Stimulans) und wird zugesetzt, um die Müdigkeit zu vermindern. Diphenhydramin ist zudem ein nichtselektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer und hat somit gegebenenfalls auch eine stimmungsaufhellende Wirkung.

Wirkmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Medikament wirkt auf das zentrale Nervensystem, wo es primär kompetitiv H1-Rezeptoren blockiert. Das Diphenhydramin wirkt dabei als inverser Agonist. Wie bei anderen H1-Antihistaminika der ersten Generation handelt es sich zudem um eine Dirty-Drug, welche auch anticholinerge Eigenschaften aufweist. Ferner wird das 8-Chlortheophyllin als A-Rezeptor-Antagonist eingesetzt, um die Müdigkeit, welche durch die H1-Blockade ausgelöst wird, (im Sinne eines funktionellen Antagonisten) einzudämmen.

Anwendungsgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dimenhydrinat darf gemäß deutscher, österreichischer und Schweizer Zulassung zur Vorbeugung und symptomatischen Behandlung von Übelkeit und Erbrechen unterschiedlicher Ursache, insbesondere von Reiseübelkeit, angewendet werden.

Dimenhydrinat ist zur alleinigen Behandlung von durch Chemotherapie hervorgerufener Übelkeit und Erbrechen nicht geeignet.[2]

In den USA ist Dimenhydrinat als Tablette und als Kautablette frei erhältlich[3] sowie als verschreibungspflichtige Injektion verfügbar.[4]

Gegenanzeigen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Dimenhydrinat zur intravenösen Injektion (Handelsname Vomex A) werden in der Fachinformation folgende absolute Gegenanzeigen aufgezählt:[2]

Vomex A darf nicht angewendet werden bei:

Folgende relative Gegenanzeigen (als Gabe unter besonderer Vorsicht bezeichnet) werden angegeben:

  • eingeschränkte Leberfunktion
  • Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien)
  • Kaliumarmut (Hypokaliämie), Magnesiumarmut (Hypomagnesiämie)
  • Langsames Herz (Bradykardie)
  • angeborenes Langes QT-Syndrom oder andere klinisch signifikante Herzstörungen (insbesondere koronare Herzkrankheit, Erregungsleitungsstörungen)
  • gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern (z. B. Antiarrhythmika Klasse IA oder III, Antibiotika, Malaria-Mittel, Antihistaminika, Neuroleptika) oder zu einer Hypokaliämie führen
  • chronische Atembeschwerden und Asthma
  • Übelkeit durch verengten Magenausgang (Pylorusstenose)

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während des Kauens von Dimenhydrinat-Präparaten kann ein vorübergehendes Taubheitsgefühl der Mundschleimhäute auftreten. Abhängig von der individuellen Empfindlichkeit und der eingenommenen Dosis kann Dimenhydrinat u. a. sedierend wirken und zu Schläfrigkeit und Benommenheit führen. Dimenhydrinat kann auch ein zentrales anticholinerges Syndrom (ZAS) auslösen.[6] Als anticholinerge Begleiterscheinungen können zudem Mundtrockenheit, Gefühl einer verstopften Nase, Sehstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks und Störungen beim Urinieren auftreten.[7]

Dimenhydrinat kann in höheren Dosierungen möglicherweise halluzinogen[8] wirken.

Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monopräparate
Antemin (CH), Emedyl (A), Reisefit Hennig (D), Reisegold (D), Reisetabletten (D), Superpep (D), Travel-Gum (A), Trawell (CH), Vertigo-Vomex (D), Vertirosan (A), Vomacur (D), Vomex A (D), RubieMen (D)
Kombinationspräparate
Antemin compositum (CH), Arlevert (D, A), Dropa (CH), Gem Voyage (CH), Neo-Emedyl (A), Rhin-X (CH), Rotpunkt Apotheke Reisedragées (CH), Synkapton (A), Tesero (CH), Vertirosan Vitamin B6 (A)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Datenblatt Dimenhydrinate bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. März 2011 (PDF).
  2. a b Fachinformation von Astellas, Vomex A Injektionslösung, Stand 11/2008.
  3. Food & Drug Administration – MedlinePlus: Dimenhydrinate. Abgerufen am 8. April 2014.
  4. Food & Drug Administration: Dimenhydrinate. Abgerufen am 8. April 2014.
  5. Präparate Details. In: Ratiopharm. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 20. April 2022.@1@2Vorlage:Toter Link/www.ratiopharm.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  6. J. Wallenborn und andere: Metoclopramid und Dexamethason zur Prophylaxe von postoperativer Übelkeit und Erbrechen nach balancierter Anästhesie. In: AINS. Band 38, Nr. 11, November 2003, S. 695–704, hier: S. 702.
  7. Thomas Lempert: Wirksame Hilfe bei Schwindel: was dahinter steckt und wie Sie ihn wieder loswerden. Georg Thieme Verlag, 2003, ISBN 978-3-8304-3105-3, S. 75 (books.google.com).
  8. Avoxa-Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH: OTC-Missbrauch: Von Vomex-Partys und Loperamid-Rausch. Abgerufen am 20. April 2022.