Rydzewo (Drawsko Pomorskie)

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Rydzewo
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Rydzewo (Polen)
Rydzewo (Polen)
Rydzewo
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Westpommern
Powiat: Drawski
Gmina: Gmina Drawsko Pomorskie
Geographische Lage: 53° 37′ N, 15° 50′ OKoordinaten: 53° 36′ 52″ N, 15° 49′ 34″ O
Einwohner: 260 (31. März 2021)
Postleitzahl: 78-504
Kfz-Kennzeichen: ZDR



Rydzewo (deutsch Rützow, früher Rützo) ist ein Dorf in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Es gehört zur Gmina Drawsko Pomorskie (Gemeinde Dramburg) im Powiat Drawski (Dramburger Kreis).

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kirchdorf liegt in Hinterpommern, am Nordufer des Rützower Sees, etwa 19 Kilometer südlich der Stadt Świdwin (Schivelbein), zehn Kilometer nördlich der Stadt Dramburg (Drawsko Pomorskie), 15 Kilometer ostsüdöstlich der Stadt Łobez (Labes) und fünf Kilometer südlich des Dorfs Łabędzie (Labenz). Entlang der letzteren Strecke liegen in südlicher Reihenfolge der Kleine Gangenowsee, der Große Gangenowsee, das Hager Bruch und der Mandelkowsee.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Landbuch von 1337 ist das Dorf Rützow, das zur Vogtei Schivelbein gehörte, unter dem Namen Ressow aufgelistet.[1] Der Ortsname Rützow wird auf die Familie Russow zurückgeführt, die im Land Schivelbein im frühen 14. Jahrhundert mehrere Lehen besaß; das Dorf befand sich jedoch schon 1373 im Besitz der von Brederlow.[2] Im Landbuch Kaiser Karls IV. wird Rützow 1364 als neumärkisches Schloss aufgeführt. Nachforschungen haben ergeben, dass das Schloss in Rützow nicht gestanden haben kann, möglicherweise jedoch auf der sieben Morgen großen Insel ‚Burgwerder‘ im nahe gelegenen Großen Gangenowsee.[3]

Später befand sich eine Familie Elbe im Besitz von Rützow und einiger anderer Dörfer der Umgebung. Das Dorf sowie Venzlaffshagen, Gumtow und Simmatzig fielen während der Ordenszeit durch das Aussterben der Familie Elbe an den Landesherren[4] und wurden dem Amt Schivelbein einverleibt. Auf Wunsch des Markgrafen Johann kam am 15. Juni 1540 in Küstrin ein Tauschvertrag zustande, durch den die Kommende Quartschen des Johanniter-Ordens in seinen Besitz über ging und die Johanniter dafür mit dem Amt Schivelbein entschädigt wurden.[5] Durch den im Wortlaut überlieferten Vertrag[6][7] kam das Dorf Rützo 1540 an die Kommende Schivelbein, der es auch noch 1801 gehörte.[8]

Nach Auflösung der Schivelbeiner Johanniterordens-Komturei 1808 kam aller Zubehör, einschließlich Rützow, an den preußischen Staat, der die Ländereien vom Domänenamt Schivelbein verwalten ließ. Auch der Rützower See und die übrigen Seen des Landes Schivelbein fielen unter die Zuständigkeit des Domänenamts.[9] Die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse wurde in Rützow im Jahr 1850 eingeleitet. Rützow gehörte zusammen mit Nuthagen nicht zum Marktbezirk Schivelbein, sondern zum Marktbezirk Dramburg.[10]

Im Jahr 1865 war in der Landgemeinde Rützow eine Grundsteuer in Höhe von 241 Reichstalern und fünf Pfennigen erhoben worden.[11] Im Jahr 1875 hatte Rützow 64 Wohnhäuser.[12] Rützow hatte um 1910 eine Mühle und Sägewerke.

Die Gemarkung der Landgemeinde Rützow hatte um 1930 eine Fläche von 13,4 km². Im Gemeindegebiet, in dem Rützow die einzige Wohnstätte war, standen insgesamt 102 bewohnte Wohnhäuser.[13] Am 1. Oktober 1932 wurde Rützow, das bisher dem Kreis Schivelbein angehörte, zusammen mit dem Amtsbezirk Labenz in den Kreis Dramburg eingegliedert.[14]

Im Jahr 1945 gehörte das Dorf Rützow zum Kreis Dramburg im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Rützow war dem Amtsbezirk Labenz zugeordnet.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region Anfang März 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde Rützow zusammen mit ganz Hinterpommern seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Danach begann die Zuwanderung polnischer Zivilisten. Das Dorf Rützow wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Rydzewo‘ verwaltet. In der Folgezeit wurde die einheimische Bevölkerung von der polnischen Administration aus Rützow und dem Kreisgebiet vertrieben.

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1801 231 Dorf mit einem Lehnschulzenhof, 17 Bauernstellen, einem Pfarrbauern, fünf Kossätenstellen, drei Büdnern, sieben Einliegern, einer Schmiede, einer Wassermühle, einer Mutterkirche und 31 Feuerstellen (Haushaltungen), im Besitz der Kommende Schivelbein[8]
1818 326 Pfarrdorf mit Mutterkirche, königliche Besitzung[15][16]
1852 467 Dorf[17]
1864 556 am 3. Dezember, Gemeindebezirk[18]
1867 600 am 3. Dezember, Landgemeinde[19]
1871 598 am 1. Dezember, Landgemeinde, davon 593 Evangelische und fünf Juden[19]
1885 583 am 1. Dezember, Landgemeinde, sämtlich Evangelische[20]
1890 583 am 1. Dezember, Gemeindebezirk[21]
1910 570 am 1. Dezember, Gemeindebezirk[22]
1925 570 darunter 567 Evangelische und ein Katholik,[13] nach anderen Angaben 573 Einwohner[23]
1933 593 [23]
1939 531 [23]

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Feldsteinkirche mit Fachwerkturm (2023), bis 1945 Gotteshaus der evangelischen Gemeinde Rützow. Die gegen Regeln des Denkmalschutzes verstoßende Übermalung der Außenmauer der Kirche mit Kunstfarbe ist nach dem Krieg vorgenommen worden.

Die bis 1945 anwesende Bevölkerung war mit wenigen Ausnahmen evangelisch. Die aus Feldsteinen gebaute Dorfkirche mit einem Fachwerkturm hatte am Ausgang des 19. Jahrhunderts eine große Glocke von 80 Zentimetern Höhe und 70 Zentimetern Durchmesser sowie eine kleine Glocke von 50 Zentimetern Höhe und 70 Zentimetern Durchmesser.[24] Auf der kleinen Glocke war in römischen Ziffern die Jahreszahl 1542 angegeben.

Das Kirchspiel gehörte zur Diözese Schivelbein und hatte eine Filiale im Nachbarort Nuthagen. Der Bestand an Kirchenbüchern reichte bis ins Jahr 1658 zurück.[25] Im Jahr 1741 wirkte hier der 73 Jahre alte Geistliche David Kipcken sen., der an der Universität Halle studiert und das Amt schon seit 48 Jahren bekleidet hatte.[26] Ein preußisches Kirchengesetz schrieb vor, dass ein Pfarrerssohn nicht auf seinen Vater im Amt nachfolgen dürfe. Als Kipcken seinen Sohn Carl Heinrich als Geistlichen in der Pfarrei angestellt hatte, kamen den beiden gemeinsam regierenden Schivelbeiner Komturen Leopold Alexander Reichsgraf von Wartensleben und Friedrich Wilhelm von Kalckstein Bedenken, und sie wandten sich an das Königshaus in Berlin. Am 18. Januar 1738 beschied ihnen die Regierung Friedrich Wilhelms I., das Gesetz gelte eigentlich nur für Kirchen, für die dem König das Patronatsrecht zustehe, was hier aber nicht gegeben sei, so dass Carl Heinrich Kipcken seine Tätigkeit ohne Weiteres fortführen und auch in das Amt seines Vaters nachfolgen dürfe.[27] Im Jahr 1898 betreute die Pfarrei insgesamt 1050 Seelen, und Pastor war August Wilhelm Schmidt (* 16. Oktober 1856), der das Pfarramt seit 1887 innehatte.[28]

Die nach Kriegsende zugewanderte polnische Bevölkerung ist größtenteils römisch-katholisch.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rützow, Dorf, Kreis Schivelbein, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Rützow (meyersgaz.org).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rydzewo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Georg Wilhelm von Raumer: Die Neumark Brandenburg im Jahre 1337 oder Markgraf Ludwig's des Aelteren Neumärkisches Landbuch aus dieser Zeit. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1837, S. 102 (Google Books).
  2. Heinrich von Wedel: Geschichte des Schloßgesessenen Geschlechtes der Herren und Grafen von Wedel. 1212–1402. Nebst einem Register über die urkundlich nachweisbare Begüterung. Bernhard Hermann, Leipzig 1894, S. 107–108, Ziffer 4 (Google Books).
  3. Arthur Zechlin: Die ehemals neumärkischen Kreise Schivelbein und Dramburg, in: Baltische Studien, Band 36, Stettin 1886, S. 99 (Google Books).
  4. Paul von Nießen: Die Entstehung einer Territorialherrschaft im Lande Schivelbein und die Ausdehnung dieses Landes im 14. Jahrhundert. In: Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark, Band 4, Landberg a. W. 1896. S. 109–116, insbesondere S. 114 (Google Books).
  5. Eduard Ludwig Wedekind: Geschichte des Johanniter-Ordens, besonders dessen Heermeisterthums Sonnenburg oder der Ballei Brandenburg. Decker, Berlin 1853, S. 100–101 (Google Books)
  6. Codex diplomaticus Brandenburgensis, Band 18, herausgegeben von Adolph Friedrich Riedel, Reimer, Berlin 1859, S. 277–279 (Google Books).
  7. Justus Christoph Dithmar: Genealogisch-Historische Nachricht Von denen Hochwürdigsten und Durchlauchtigsten Herren-Meistern Des Ritterlichen Johanniter-Ordens In der Marck, Sachsen, Pommern und Wendland, Samt Des Jetzigen Herren-Meisters Printz Carln, Printzen in Preußen Königl. Hoheit, Wahl und Installation, Wie auch denen unter Höchst Deroselben Regierung am 16. Aug. und 20. Sept 1731. imgleichen den 16. October 1735. geschehenen Ritter-Schlägen, und derer Ritter Wappen und Ahnen-Taffeln. Jeremias Hartmann, Frankfurt an der Oder 1737, S. 68–70 (Google Books).
  8. a b Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Band 3: Die Neumark Brandenburg enthaltend. Berlin 1809, S. 256 (Google Books).
  9. Oeffentlicher Anzeiger als Beiblatt zu No. 43 des Amts-Blattes der Königlich Preußischen Regierung zu Frankfurt an der Oder, ausgegeben den 17. Oktober 1821, S. 283 (Google Books).
  10. Extra-Beilage zu No. 32 des Amtsblatts der Königl. Regierung zu Stettin, 9. August 1850, S. 1–14 (Google Books).
  11. Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Cöslin, Stück 40, vom 4. Oktober 1865, S. 352, Ziffer 66 (Google Books).
  12. Oskar Brunkow: Die Wohnplätze des Deutschen Reiches, Band 4, Zweite Auflage, Berlin 1885, S. 204–205, Ziffer 39 (Google Books).
  13. a b Die Gemeinde Rützow im ehemaligen Kreis Dramburg in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft, 2011).
  14. Amtsbezirk Labenz (Territorial.de)
  15. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 4: P–S, Halle 1823, S. 189, Ziffer 3221 (Google Books).
  16. Friedrich von Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern mit einer statistischen Uebersicht, Nicolaische Buchhandlung, Berlin und Stettin 1827, S. 318, Ziffer 9 (Google Books).
  17. Kraatz (Hrsg.): Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Decker, Berlin 1856, S. 527 (Google Books).
  18. Königliches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Köslin: 8. Schivelbein. Berlin 1866, S. 10–17, Ziffer 65 (Google Books).
  19. a b Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 86–87, Ziffer 36 (Google Books).
  20. Königliches statistisches Bureau: Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 und anderer amtlicher Quellen. Band 4: Provinz Pommern. Berlin 1888, S. 96–97, Ziffer 31 (Google Books).
  21. Königliches statistisches Bureau: Viehstandslexikon für den preußischen Staat. IV. Provinz Pommern, Berlin 1895. II. Regierungsbezirk Köslin. 1. Kreis Schivelbein, S. 39, Ziffer 31 (Google Books).
  22. Landkreis Schivelbein (Gemeindeverzeichnis.de) – U. Schubert (2020)
  23. a b c Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte Pommern, Kreis Dramburg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 18. Oktober 2020.
  24. Arthur Zechlin: Inschriften an Kirchengeräth aus Schivelbein und Umgegend, in: Baltische Studien, Band 33, Stettin 1883, S. 230–271, insbesondere S. 259–260 (Google Books).
  25. Martin Wehrmann: Die Kirchenbücher in Pommern, in: Baltische Studien, Band 42, Stettin 1892, S. 201–280, insbesondere S. 256 (Google Books).
  26. P. Schwartz: Konduitenlisten der neumärkische Geistichen und Lehrer vom Jahre 1841, In: Jahrbuch für brandenburgische Kirchengeschichte, 9. und 10. Jahrgang, Berlin 1913, S. 392–401, insbesondere S. 396 (Google Books).
  27. Christian Otto Mylius: Corpus constitutionum Marchicarum, Band 5, Waysenhaus, Berlin/Halle 1745, S. 123 (Google Books).
  28. Das evangelische Deutschland, 2. Auflage, Schulze & Co., Leipzig 1898, S. 231 (Google Books)