Scheißbeere

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Scheißbeere, auch Schießbeere, war im 18./19. Jahrhundert eine im Volksmund verbreitete Bezeichnung für verschiedene, nicht als Speisebeeren verwendete beerenartige Früchte, benannt wahrscheinlich nach ihrer abführenden Wirkung.[1]

Wortherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die genaue Herkunft des Begriffs Scheißbeere ist nicht eindeutig dokumentiert, jedoch lässt sich aus dem Kontext seiner Verwendung schließen, dass er sich auf Früchte bezog, die aufgrund ihrer laxierenden Eigenschaften im Volksmund diesen Namen erhielten. Der Begriff setzt sich aus den Worten Scheiße und Beere zusammen, was direkt auf die abführende Wirkung der damit bezeichneten Früchte hinweist.

Volksmund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 18. und 19. Jahrhundert war die medizinische Versorgung und das Wissen über die Wirkung von Pflanzen und Früchten anders als heute. Viele Menschen griffen auf traditionelle Heilmittel und die Kenntnisse über die heilende oder schädliche Wirkung bestimmter Pflanzen zurück, die oft von Generation zu Generation weitergegeben wurden. In diesem Kontext wurden bestimmte Früchte, die eine starke abführende Wirkung hatten, als Scheißbeeren bezeichnet. Diese Bezeichnung diente als Warnung oder Hinweis auf die Wirkung der Früchte.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die spezifischen Früchte, die als Scheißbeeren bezeichnet wurden, sind in historischen Quellen nicht genau benannt. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass es sich um wild wachsende Beeren handelte, deren Verzehr unangenehme Nebenwirkungen wie Durchfall hervorrufen konnte. Solche Früchte wurden in der Regel gemieden oder nur in geringen Mengen verzehrt.

Nach zeitgenössischen Quellen zählten zu den Scheißbeeren der Kreuzdorn, die Früchte des Faulbaums, der Rote Hartriegel, die Rote Heckenkirsche, der Wollige Schneeball sowie der Gewöhnliche Schneeball, der Bittersüße Nachtschatten, der Gewöhnliche Liguster und die Gewöhnliche Traubenkirsche.[1]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Scheißbeere, in den niedrigen Sprecharten, ein Name vieler Arten Beeren und der Stauden, welche sie tragen, welche letzteren denn auch wohl Scheißbeerholz oder Scheißbeerstaude, genannt werden. Die vornehmsten derselben sind 1) die Kreuzbeere, deren Staude der Kreuzdorn <142, 3> oder Wegedorn genannt wird, Rhamnus catharticus Linn., s. Th. 49, → S. 92 u. f. 2) Die verwandte Faulbeere, Rhamnus frangula Linn., s. Th. 12, → S. 294. 3) Die Beere des Hartriegels, Cornus sanguinea, s. Th. 46, → S. 185. 4) Die Zaun=oder Heckenkirsche, Lonicera xylosteum Linn., s. Th. 39, → S. 146. 5) Die Mehl- oder Schlingbeere, Viburnum lantana Linn., s. → Schlingbeere. 6) Der Bach- oder Wasserholunder, Viburnum opulus Linn., s. Th. 24, → S. 331. Woher der Name Scheißbeere eigentlich entstanden ist, ist ungewiß. Einige wollen ihn daher leiten, weil das Holz einiger dieser Staudenarten gute Kohlen für das Schießpulver geben, so sei er aus Schießbeere verderbt worden; allein Adelung ist nicht der Meinung, sondern glaubt, daß er bei vielen, gewiß älter, als die Erfindung des Schießpulvers sei; er glaubt daher, daß der üble Geschmack einiger dieser Beeren und bei andern ihre purgierende Kraft bei einem übermäßigen Genusse zu ihrer Benennung Veranlassung gegeben, welches auch wahrscheinlicher ist. Diese Benennung findet jedoch nur bei dem gemeinen Manne oder dem großen Haufen Statt, ist aber nicht in die höhere Umgangssprache übergangen.“

Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyklopädie, 1773 ff.[2]

Scheiszbeere, f. (vgl. scheiszkraut, scheiszlorbeer, scheiszmelde, scheiszrübe und scheiszwurz). benennung mehrerer pflanzen wegen ihrer abführenden kraft: kreuzdorn, rhamnus catharticus Nemnich, dessen beeren zum abführen gebraucht werden (vgl. Spiess 209. Kleemann 18c); solanum dulcamara, bittersüsz ebenda; ligustrum vulgare Nemnich. Pritzel-Jessen; lonicera xylosteum Pritzel-Jessen; prunus padus, viburnum lantana und opulus ebenda; baccae opuli, etiam scheiszbeere dicuntur Stieler 119. hierzu scheiszbeerbaum, -holz.“

Scheißbeere; Schwarznachtschatten, auch Schneeballschwelke, auch Purgirkreutzdorn, auch Faulbaumkreutzdorn.“

Samuel Hahnemanns Apothekerlexikon, Leipzig 1793–1798[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Bernd Gerken, Johannes Hansmann: Von den Tücken der Begrifflichkeiten und Definitionen – Gedanken zum Neuen Jahr aus dem sprachlichen Wald der Unwägbarkeiten. Naturschutz und Kunst – Lebendige Auen, 21. Januar 2020, abgerufen am 12. Februar 2024.
  2. Krünitz' Oekonomische Encyklopädie online bei der Uni Trier Abgerufen am 29. Dezember 2018.
  3. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Bd. 14, Leipzig 1854 ff. Abgerufen am 29. Dezember 2018.
  4. Samuel Hahnemanns Apothekerlexikon online bei zeno.org Abgerufen am 29. Dezember 2018.