Schriftstellerkongress

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. Oktober 2016 um 09:54 Uhr durch Bordiehn (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Schriftstellerkongress ist eine Veranstaltung zur Vertretung der Interessen von Schriftstellern, oft auch im Zusammenhang mit dem jeweiligen politischen System. Sie finden und fanden zumeist auf nationaler Ebene statt. Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es zudem Bestrebungen, sich auch auf internationaler bzw. europäischer Ebene auszutauschen. Unter wechselnden Namen und Organisatoren lässt sich schwer auf eine einheitliche Geschichte zurückblicken.

Geschichte

Kongresse des P.E.N.

Die internationale Schriftstellervereinigung P.E.N. wurde 1921 in London gegründet und wird bis heute nach dem englischen Club-Prinzip fortgeführt. Mitglied können nur durch andere Mitglieder vorgeschlagene Autoren werden. Der erste internationale Kongress des P.E.N. fand 1923 in London statt. Heute fungiert der P.E.N. als Dachverband für 144 Zentren in 102 Nationen. Er richtet jährlich einen Kongress in einem anderen Mitgliedsland aus.

Erster, zweiter und dritter Internationaler Schriftstellerkongress

Im Jahr 1935 organisiert Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg gemeinsam mit André Malraux, André Gide, Jean-Richard Bloch und Paul Nizan einen Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur, der im Juni 1935 in Paris stattfindet. Zu den Teilnehmern zählten neben den Genannten unter anderem Tristan Tzara, Louis Aragon, Aldous Huxley, Edward Morgan Forster, Bertolt Brecht, Heinrich Mann, Ernst Toller, Anna Seghers, Gustav Regler, André Breton, Robert Musil und Egon Erwin Kisch.

Auch der Zweite Internationale Schriftstellerkongresses zur Verteidigung der Kultur geht auf Ehrenburg zurück, er tagte im Juli 1937 zunächst in Valencia, dann in Madrid und schließlich in Paris – Teilnehmer waren unter anderem Malraux, Octavio Paz und Pablo Neruda.

1939 fand in New York der "Exilkongreß" (Helga Schreckenberger) statt, da dieser Weltkongreß der Schriftsteller ganz im Zeichen des Phänomens Exil und Exilliteratur stand.[1]

Schriftstellerkongresse in Deutschland

gesamtdeutsch 1945–1948

  • Erster Deutscher Schriftstellerkongress 4.–8. Oktober 1947 in Berlin; einberufen vom Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands und dem Schutzverband Deutscher Autoren (SDA)
  • II. Schriftstellerkongress 18.–19. Mai 1948 in Frankfurt; Diskrepanzen zwischen Ost und West werden spürbar; Gründung der Gruppe 47, die sich bis 1967 ohne feste Organisationsform trifft (BRD).

Schriftstellerkongresse in der DDR

In der Organisation des Deutschen Schriftstellerverbandes (DSV), ab 1973 umbenannt in Schriftstellerverband der DDR fanden statt:

II. Schriftstellerkongress 4.–6. Juli 1950
III. Schriftstellerkongress 22.–25. Mai 1952
IV. Schriftstellerkongress 9.–14. Januar 1956
V. Schriftstellerkongress 25.–27. Mai 1961
VI. Schriftstellerkongress 28.–30. Mai 1969
VII. Schriftstellerkongress 14.–16. November 1973
VIII. Schriftstellerkongress 29.–31. Mai 1978
IX. Schriftstellerkongress 31. Mai–2. Juni 1983
X. Schriftstellerkongress 25.–26. November 1987
Außerordentlicher Schriftstellerkongress 1.–3. März 1990

Schriftstellerkongresse in der Bundesrepublik

  • Gründungskongress des Verbandes Deutscher Schriftsteller (VS) am 8. Juni 1969
  • I. Schriftstellerkongress des VS 20.–23. November 1970 in Stuttgart
  • II. Schriftstellerkongress des VS 19.–22. Januar 1973 in Hamburg; Anschluss an die IG Druck und Papier
  • III. Schriftstellerkongress 15.–18. November 1974 in Frankfurt/Main
  • ...
  • IX. Schriftstellerkongress 8.–10. September 1989 in Frankfurt/Main

Gesamtdeutsch, ab 1990

  • 17.–18. 1990 Februar in Hannover

Europäische Schriftstellerkongresse

Im Oktober 2007 fand in Saarbrücken anlässlich der Beteiligung Saarbrückens an den Aktivitäten von Luxemburg als Kulturhauptstadt Europas literarische Veranstaltungen unter dem Namen Europäischer Schriftstellerkongress statt. Im September 2009 gab es eine weitere Veranstaltungsreihe mit Vorträgen, Gesprächen und Lesungen und zehn geladenen Schriftstellern. Die Sprache der Veranstaltungen war deutsch.

Im November 2010 fand in Istanbul ein europäischer Schriftstellerkongress (Europäisches Schriftstellerparlament) statt, der im Rahmen „Kulturhauptstadt Europas“ organisiert wurde und auf eine Idee von José Saramago und Orhan Pamuk von 2007 zurückging. Vier Kommissionen tagten zu für Schriftsteller relevanten Themen. Tagungs-Sprache ist Englisch.

"European Writers' Congress" war darüber hinaus bis 2006 der Name des European Writers Council (EWC, Dachverband von rd. 50 Schriftsteller- und Übersetzerverbänden aus 34 Ländern)

Weblinks

Literatur

  • VS e.V. (Hg.):Ende der Bescheidenheit - Die Texte der Gründungsveranstaltung des Verbands deutscher Schriftsteller (VS), 1969.
  • Dieter Lattmann (Hg.): Entwicklungsland Kultur - Dokumentation des zweiten Schriftstellerkongresses des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS), München 1973 (Kindler).
  • Bernt Engelmann (Hg.): Bestandsaufnahme - V. Schriftstellerkongress VS, München 1980 (Goldmann).
  • Wolfram Dorn, Klaus-Dieter Sommer (Hg.): Komm! ins Offene, Freund! - Erster gesamtdeutscher Kongress des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) in der IG Medien, Göttingen 1992 (Steidl).
  • Klaus Michael, Margret Pötsch, Peter Walther: Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des Schriftstellerverbandes der DDR. In: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin ZdF 3/1997.
  • Sabine Pamperrien: Versuch am untauglichen Objekt: Der Schriftstellerverband der DDR im Dienst der sozialistischen Ideologie, Frankfurt am Main 2004.
  • Sandra Teroni, Wolfgang Klein (Hg.): Pour la défense de la culture. Les textes du Congrès international des écrivains. Paris, juin 1935, Dijon 2005.
  1. Schreckenberger, Helga, Der Weltkongreß der Schriftsteller von 1939 im Spiegel der amerikanischen Presse. In: Dieter Sevin (Hg.), Die Resonanz des Exils. Amsterdam 1992.