Simonie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 15. Oktober 2016 um 19:44 Uhr durch Invisigoth67 (Diskussion | Beiträge) (→‎Beispiele im 14.–15. Jahrhundert: form). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Simonie wird der Kauf oder Verkauf eines kirchlichen Amtes, von Pfründen, Sakramenten, Reliquien oder Ähnlichem bezeichnet. Im Zusammenhang mit dem Investiturstreit im Mittelalter wurde der Begriff zeitweilig auf jede Vergabe eines kirchlichen Amtes durch einen Laien ausgedehnt, ob gegen Geld oder kostenlos (Laieninvestitur). Der im frühen Mittelalter übliche Verkauf geistlicher Ämter wurde schließlich kirchenrechtlich verboten, da man dadurch geistliche Werte entwürdigt sah.

Biblischer Begriff

Fall des Simon Magus, Hildesheim, 1170

Der Begriff Simonie ist abgeleitet von der in der Apostelgeschichte der Bibel erwähnten Person Simon Magus, einem „großen Zauberer“ in einer Stadt in Samaria.

Die Bibelstelle in der Apostelgeschichte (8,5–24) lautet unter Einbeziehung der Vorgeschichte:

5 Philippus aber ging hinab in eine Stadt Samarias und predigte ihnen den Christus. 6 Die Volksmengen achteten einmütig auf das, was von Philippus geredet wurde, indem sie zuhörten und die Zeichen sahen, die er tat. […] 9 Ein Mann aber, mit Namen Simon, befand sich vorher in der Stadt, der trieb Zauberei und brachte das Volk von Samaria außer sich, indem er von sich selbst sagte, dass er etwas Großes sei […]“

14 Als die Apostel in Jerusalem gehört hatten, dass Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen. 15 Als diese hinabgekommen waren, beteten sie für sie, damit sie den Heiligen Geist empfangen möchten; 16 denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. 17 Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist. 18 Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Geist gegeben wurde, brachte er ihnen Geld 19 und sagte: Gebt auch mir diese Macht, dass der, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange. 20 Petrus aber sprach zu ihm: Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du gemeint hast, dass die Gabe Gottes durch Geld zu erlangen sei! 21 Du hast weder Teil noch Recht an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott. 22 Tu nun Buße über diese deine Bosheit und bitte den Herrn, ob dir etwa der Anschlag deines Herzens vergeben werde; 23 denn ich sehe, dass du voll bitterer Galle und in Banden der Ungerechtigkeit bist. 24 Simon aber antwortete und sprach: Bittet ihr für mich den Herrn, damit nichts über mich komme von dem, was ihr gesagt habt.“

Simonie wird in diesem Text der Apostelgeschichte bedeutend umfassender als im kirchenrechtlichen Sinn beschrieben. Historische Tatsache ist, dass Simonie als Machtmittel über viele Jahre ein verbreitetes Übel war.

Geschichtliche Aspekte

Nach dem Toleranzedikt von Mailand von 313 unter Kaiser Konstantin I. und seinem oströmischen Mitkaiser Licinius, das die Christenverfolgungen im Römischen Reich beendete, sah sich das Christentum mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Mit der Akzeptanz als Staatsreligion (zunächst neben vielen anderen) wurde die Ausübung von Macht innerhalb des Christentums und des Staates erst möglich. Auf dem Konzil von Chalkedon 451 wurden Priesterweihen gegen Bezahlung ausdrücklich und offiziell verboten. Von Papst Nikolaus II. wurde die Simonie auf der Synode von 1059/1060 als „dreifältige simonistische Häresie“ bezeichnet, was auf seiner Einteilung in simonistischen oder nicht-simonistischen Ämterkauf sowie in daran beteiligte Simonisten und Nicht-Simonisten beruhte. Jede Weihe, die auf simonistische Weise zustande gekommen sei, solle mit der Entfernung des Amtsinhabers aus dem Amt beantwortet werden.

Auch wenn dieses Verbot auf weiteren Konzilen – wie dem Konzil im Lateran II (1139), dem Konzil im Lateran III (1179) und dem Konzil von Trient (1545–1563) – bestätigt wurde, war der Kauf von Ämtern weiterhin verbreitet.

Beispiele im 14.–15. Jahrhundert

Den Höhepunkt erreichten Ämterkauf und -verkauf gegen Ende des Mittelalters. Papst Innozenz VIII. (1432–1492), 1484 durch Simonie an die Macht gekommen, fiel besonders durch seine Förderung der Inquisition und Hexenverfolgung auf, wobei seine Amtsführung durch Girolamo Savonarola, einen charismatischen Wanderprediger, massiv kritisiert wurde.

Sein Nachfolger Rodrigo Borgia soll sich seine Wahl zum Papst (Alexander VI.) 1492 erkauft haben, indem er das Gebot des französischen Königs Karl VIII. und der Republik Genua – 300.000 Golddukaten für ihren eigenen Favoriten – mit vier Maultierladungen Silber überbot. Auch vorsichtigere Geschichtsschreiber geben zu, dass ein Ämterkauf in diesem Fall „nicht unwahrscheinlich“ war. Möglich war dies Alexander, da er – ohne zum Priester geweiht worden zu sein – von seinem Onkel Papst Kalixt III. zum Kardinal ernannt worden war. In der Folge war er als Vizekanzler des Kirchenstaats einer der reichsten Männer Europas geworden und führte das Leben eines Renaissancefürsten mit Konkubinen und unehelichen Kindern.

Reformation als Reaktion

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Reformation durch Martin Luther und andere ohne Simonie nicht hätte stattfinden müssen, vielleicht nicht hätte stattfinden können: Der Verkauf von Ablassbriefen durch den Dominikaner Johannes Tetzel im Auftrag des Albrecht von Brandenburg, des Bischofs von Mainz, im Jahr 1517 brachte die Empörung des niederen Klerus jedoch zum Überlaufen, und Martin Luther veröffentlichte seine 95 Thesen.

Offiziell war das Geld aus dem Verkauf der Ablasszettel für den Bau des Petersdoms in Rom vorgesehen. Eine Geheimabmachung mit Papst Leo X. (Papst von 1513 bis 1521), dem zweiten Sohn von Lorenzo de Medici, erlaubte es Albrecht jedoch, die Hälfte des Geldes zur Rückzahlung seiner immensen Schulden zu verwenden. Albrecht musste sich den – dem Kirchenrecht widersprechenden – Erwerb seiner drei Bistümer nämlich mit einer halben Million Mark teuer erkaufen und hatte sich beim Bankhaus Fugger in Augsburg hoch verschuldet. Mit dem Verkauf der Ablasszettel sollten bei dieser unheiligen Liaison von Politik, Finanz und Kirche alle Seiten gewinnen. Dass Albrecht im Dezember 1517 in Rom eine Beschwerde gegen Luthers reformatorisches Auftreten einbrachte, verwundert letztlich nicht.

Simonie heute

Die mittelalterliche Simonie ist heute nicht mehr vorstellbar und verboten. Mit der Trennung von Kirche und Staat ist dieses Problem grundlegend entschärft worden.

Relevanz hat der Begriff der Simonie jedoch im Rahmen der Papstwahl. Gemäß Can. 149 § 3 des römisch-katholischen Codex Iuris Canonici ist eine durch Simonie erfolgte Amtsübertragung grundsätzlich unwirksam. Papst Johannes Paul II. hat aber in der Apostolischen Konstitution Universi Dominici Gregis (1996 – Kapitel VI, § 78), der letzten Wahlrechtsänderung, ausdrücklich bestätigt, dass die Wahl eines neuen Papstes auch bei Bestechung gültig bleibt:

„Gesetzt den Fall, dass bei der Wahl des Papstes das Verbrechen der Simonie – Gott bewahre uns davor! – begangen worden sein sollte, beschließe und erkläre ich, dass alle diejenigen, die sich schuldig machen sollten, sich die Exkommunikation latae sententiae [als Tatstrafe] zuziehen; jedoch erkläre ich, dass die Nichtigkeit oder die Ungültigkeit bei simonistischer Wahl aufgehoben ist, damit die Gültigkeit der Wahl des Papstes aus diesem Grunde – wie schon von meinen Vorgängern verfügt – nicht angefochten werde.“

Weblinks