Sowjetski-Sojus-Klasse

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Sowjetski Sojus-Klasse p1
Schiffsdaten
Land Sowjetunion Sowjetunion
Schiffsart Schlachtschiff
Gebaute Einheiten 4 (nicht fertiggestellt)
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 269,0 m (Lüa)
261,0 m (KWL)
Breite 38,9 m
Tiefgang (max.) 10,1 m
Verdrängung 62,536 t
 
Besatzung 1924
Maschinenanlage
Maschine 6 Dampfkessel
Dampfturbinen
Maschinen­leistung 210,000 PS (154 kW)
Höchst­geschwindigkeit 28,0 kn (52 km/h)
Propeller 3
Bewaffnung
  • 9 × Sk 40,6 cm L/50 B-37
  • 12 × Sk 15,2 cm L/50 B-38
  • 12 × Flak 10,0 cm L/56 B-54
  • 32 × Flak 37 mm L/67,8 46-K
  • 8 × Fla-MG 12,7 mm DShK
Panzerung
  • Gürtelpanzer 380-420 mm
  • Panzerquerschotte 365-240 mm
  • Oberdeck 25 mm
  • Hauptpanzerdeck 100-170 mm
  • unteres Panzerdeck 50 mm
  • Unterwasserschutz Pugliese-System
  • SA-Türme 230-495 mm
  • SA-Barbetten 425 mm
  • MA-Türme 65-100 mm
  • MA-Barbetten 65-100 mm
  • vorderer Kommandoturm 250-425 mm
  • achterer Kommandoturm 220-225 mm

Die Sowjetski Sojus-Klasse (russisch тип „Советский Союз“, auch Projekt 23, проекта 23) war eine Schiffsklasse von Schlachtschiffen der Sowjetischen Marine, die nicht fertiggestellt wurden.

Vorgeschichte

Nach dem Ersten Weltkrieg und den Wirren des Russischen Bürgerkriegs bestand die neu gebildete sowjetische Flotte nur noch aus drei verbliebenen Schlachtschiffen der Gangut-Klasse in der Ostsee. Zudem gab es noch die unfertigen Schlachtkreuzer der Borodino-Klasse auf den Ostseewerften und es existierte im Schwarzen Meer die unfertige Demokratija (ex-Imperator Nikolai I.), ein modifiziertes Schiff der Imperatriza-Marija-Klasse. Alle anderen vorhandenen großen Schiffe waren veraltete Einheitslinienschiffe aus der Vor-Dreadnought-Zeit. Die unfertigen Großkampfschiffe wurde sukzessive bis 1931 aufgrund der ökonomischen Situation, fehlender Ressourcen, geänderter taktischer Konzepte und des allgemeinen technischen Fortschritts abgewrackt. Zudem kam es in der neuen Marine zu einem Richtungsstreit zwischen jüngeren, "progressiven" Offizieren, die eine Flotte aus kleinen Einheiten, wie Schnellbooten, im Sinne der Jeune École favorisierten und Anhängern des Großkampschiffbaus, zu denen meist ex-zaristischen Offizieren gehörten. All diese Faktoren hemmten bis 1932 jegliche Initiative bezüglich schwerer Einheiten.[1]

Projektentwicklungen

Mit der ökonomischen Konsolidierung der Sowjetunion in den 1930er Jahren sowie der Festigung des politischen System durch Stalin wurde diesem Richtungsstreit ein Ende gesetzt. Dieser sah es als notwendig an, das entsprechend der Größe des Landes eine "angemessene Flotte zu schaffen"[2] sei. Unterstützt und bestärkt wurde er darin vom Oberkommandierenden der Marine, Wladimir Orlow. Innerhalb der Marine und der zuständigen Schiffbau-Hauptverwaltung war man sich jedoch einig, dass man aufgrund der 15-jährigen Pause im Großkampfschiffbau den Anschluß an technische Entwicklungen nur mit Hilfe des Auslands überwinden könne. In erster Linie betraf die Beschaffung von Plankonstruktionen und Materialmustern.

Unterstützung aus dem Ausland

Bereits 1932 waren diesbezüglich enge Kontakte zum faschistischen Italien geknüpft worden: Die UdSSR bestellte bei Ansaldo in Genua zwei Wachschiffe und 1935 bei Odero-Terni-Orlando in Livorno den Flottillenführer Taschkent. Zudem wurde auch technisches Know-how bezüglich moderner Turbinen- und Kesselanlagen erworben. Parallel bat man die Ansaldowerft um die Ausarbeitung eines sowjetischen Vorstellungen entsprechenden Schlachtschiffentwurfs. Das Projekt erhielt den Namen U.P 41 (U.P. = Ufficio Progretto, d.h. Büroprojekt). Es besaß sowohl äußerlich wie in der inneren Aufteilung größere Ähnlichkeit mit dem zeitgleich bei Ansaldo für die Regia Marina in Bau befindlichen Schlachtschiff Littorio der Littorio-Klasse. Das U.P. 41 sollte bei 252 Metern Länge, 35,5 Meter Breite sowie 10 Meter Tiefgang maximal 50.000 ts Verdrängung besitzen. Es war für die hohe Geschwindigkeit von 32 kn bei 180.000 wPS ausgelegt und bewaffnet mit 9×40,6-cm Geschützen in drei Drillingstürmen als Hauptbatterie, 12×18-cm Geschützen in vier Drillingstürmen als mittlere Artillerie und einer Flugabwehrkomponente von 24×10-cm Flak sowie 48×4,5-cm Flak. Die defensiven Schutzeinrichtungen orientierten sich an den italienischen Vorbildern. Das Projekt wurde bereits am 14. Juli 1936 zum Abschluß gebracht - zerschlug sich aber 1937 mit dem Beitritt Italiens zum Antikominternpakt.[3] In diesem Jahr wandte man sich mit Bitte um Unterstützung bei der Geschützentwicklung sowohl an den Skoda-Konzern in der ČSR als auch an die USA sowie den privaten Schneider-Creusot-Konzern in Frankreich. Die Verhandlungen mit den USA und Schneider-Creusot wurden nach kurzer Zeit abgebrochen, die Gründung eines gemeinsamen Konstruktionsbüros mit Skoda zerschlugen sich Anfang 1939 mit der deutschen Besetzung der Rest-Tschechei. Jedoch kam es Ende 1937 nochmals zu Verhandlungen mit dem renommierten amerikanischen Schiffbau-Büro Gibbs & Cox bezüglich der Konstruktion von Schlachtschiffentwürfen. Gibbs & Cox präsentierte schließlich im März 1939 ein finales Design D, welches ähnliche Abmessungen wie U.P. 41 besaß. Die Panzerung war demgegenüber abgeschwächt und die Bewaffnung auf 10×40,6-cm Geschütze (in zwei Drillingstürmen achtern und einem Vierlingsturm vorn) sowie 20×12,7-cm Flak-Geschütze verstärkt worden. Jedoch scheute sich die US-Administration definitive Entscheidungen zur Übergabe herbeizuführen, da das projektierte Schiff die Größenvorgaben für Schlachtschiffneubauten des Londoner Flottenabkommens von 1936 erheblich überschritten - an dieses waren die USA jedoch vertraglich gebunden und plante eigene Schiffe penibel auf das vertraglich fixierte 45.000 ts Deplacement hin.[4]

Eigene Entwürfe

Unabhängig von den Bemühungen aus dem Ausland Schiffsentwürfe und Geschütze zu erhalten, arbeiteten mehrere sowjetische Konstruktionsbüros seit 1935 an eigenen Entwürfen.

Dies stellte sich für das avisierte 40,6-cm Geschütz weniger problematisch dar, da man auf die Dokumentation des 40,6 L/45-cm 1914, welches einer Kooperation der Obuchow-Werke und des britischen Vickers-Konzern aus den Jahren 1914 bis 1917 entstammte, zurückgreifen konnte. Dieses Geschütz, von dem ein Musterexemplar vorhanden war, sollte ursprünglich auf den Nachfolgeschiffen der Borodino-Klasse eingerüstet werden - es kam jedoch nie zu einer Bestellung dieser Schiffe.[5] Aufbauend auf den Erfahrungen damit, wurde dieses Geschütz mit italienischer Hilfe zum 40,6-cm L/50 B 1937-Geschütz weiterentwickelt.[6] Ebenso waren in den Leningrader Metallwerken aus der Zarenzeit Erfahrungen mit Drillingstürmen und deren komplexer Mechanik vorhanden.

Ursprünglich arbeiteten das Zentrale Konstruktionsbüro Nr. 1 und die Konstruktionsabteilung der Baltischen Werft (damals administrativ als Werk Nr. 189 und offiziell als Ordschonikidse-Werft bezeichnet)[7] konkurrierende Entwürfe aus. Die ersten Projekte orientierten sich äußerlich an der britischen Nelson-Klasse, waren jedoch vor allem eine Entgegnung auf die neuesten Großschiffe im europäischen Bereich, wie die Deutschland-Klasse und die Dunkerque-Klasse. Über verschiedene Projektentwürfe kam man schließlich Ende 1936 zum Projekt 21, der unmittelbaren Vorstufe zum späteren Projekt 23. Zwei Gründe sollten sich jedoch stark hemmend auf den weiteren Gang der Dinge auswirken: Zum einen fielen nahezu alle mit der Auswahl der Typen und dem Entstehen der Schiffe beteiligten Führungskräfte der stalinistischen Tschistka zum Opfer, zum anderen befand sich weder der sowjetische Turbinenbau noch die Panzerplattenfertigung auf der Höhe der Zeit. Die Probleme mit den leistungsstarken Turbinen umging man durch Lieferung einer Musteranlage samt technischer Dokumentation durch den eidgenössischen Maschinenbaukonzern Brown, Boveri & Cie. Die Panzerplattenfertigung musste hingegen erheblich modernisiert werden, um die maximal 495-mm starken Platten überhaupt fertigen zu können.

Auslegung

Die Ausgangskonfiguration, das Projekt 21 welches um Details des U.P. 41-Entwurfs ergänzt wurde, sah ursprünglich über 260 m lange und 38,9 m breite Schiffe mit einer Verdrängung von ca. 42.000 t vor, die nach ihrer Fertigstellung bis zu 60.000 t verdrängen sollten. Vorgesehen war ursprünglich ein turboelektrischer Antrieb auf vier Wellen, für die jedes Schiff acht Dampfkessel und entsprechende Turbinen erhalten sollte. Dieser Antrieb sollte 164.000 PS leisten und eine Höchstgeschwindigkeit von 30,0 kn ermöglichen. Während der Projektierung wurde dies jedoch auf eine Drei-Wellen-Anlage mit ausschließlichem Dampfturbinenantrieb mittels 6 Hochleistungs-Öl-Kesseln und drei Turbinen geändert. Als Hauptbewaffnung der Schiffe waren jeweils neun Schnellfeuergeschütze 40,6 cm L/50 in drei Drillingstürmen vorgesehen. Die Mittelartillerie bestand aus 12 Geschützen des Kalibers 15,2 cm. Ergänzt wurden die Seezielgeschütze um eine Flugabwehrkomponennte aus acht, später zwölf Fla-Geschützen von 10,0 cm und entsprechende leichte Kanonen von 3,7 cm Geschützen.

Die Schiffe selbst waren als Backdecker mit einem leichten Deckssprung im Vorschiff konstruiert und sollten überwiegend genietet werden. Der Unterwasserschutz bestand aus dem italienischen Pugliese-System und sollte eine Schutzbreite von 8,15 m gewährleisten - damit hätte der Rumpf theoretisch Torpedos mit Sprengladungen von ca. 700 kg TNT widerstanden. Über die Immunitätszonen der Panzerung gegen Geschützfeuer und Flugzeugbomben ist nichts bekannt geworden. Auch lässt sich die Qualität des verwandten Panzermaterials aufgrund unbekannter Fertigungsverfahren wie der metallurgischen Zusammensetzung nicht beurteilen.

Begonnene Bauten
Name Kiellegung Bauwerft Grad d. Fertigst. Abbruch
Sowjetski Sojus 28.08.1938 Werft No. 189, Leningrad 21,2 % 1949
Sowjetskaja Ukraina 17.07.1939 Werft No. 198, Nikolajew 18 % 1944
Sowjetskaja Belorussija 21.12.1939 Werft No. 402, Molotowsk 2,57 % 1940
Sowjetskaja Rossija 22.07.1940 Werft No. 402, Molotowsk 0,07 % 1947

Endschicksal

Der Bau von vier Schiffen wurde begonnen. Die Arbeiten an der in Leningrad im Bau befindlichen Sowjetski Sojus wurden bereits im Herbst 1940 wieder eingestellt. Nach dem Ausbruch des Deutsch-Sowjetischen Krieges endete auch der Weiterbau der Sowjetsaja Ukraina. Die beiden unfertigen Schiffsrümpfe wurden nach dem Zweiten Weltkrieg, in den Jahren 1948 bis 1951 abgewrackt. Die anderen beiden Schiffe befanden sich noch im Anfangsstadium und der Materialbereitstellung - so dass sie schon während des Krieges kannibalisiert worden sind. Zwei weitere Schiffe, die Baunummern 5 und 6, sind weder vergeben worden, noch fand eine Bauvorbereitung statt.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Breyer, Schlachtschiffe 1921-1997, S. 354
  2. Breyer, Schlachtschiff 1921-1997, S. 354
  3. Vgl. Breyer, Schlachtschiff 1921-1997, S. 355
  4. Vgl. Breyer, Schlachtschiff 1921-1997, S. 357-358
  5. Norman Friedman:Naval Weapons of World War One. Barnsley 2011, ISBN 978-1-84832-100-7, S. 249
  6. http://www.navweaps.com/Weapons/WNRussian_16-50_m1937.htm
  7. andere Quellen sind sich bei der administrativen Nummer Nr. 189 einig, geben den Namen jedoch abweichend mit "Marti-Werft" an

Literatur

  • Breyer, Siegfried: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905–1970. Manfred Pawlak, Herrsching 1970, ISBN 3-88199-474-2, S. 415, 426 f. (Lizenzausgabe J. F. Lehmanns Verlag München).
  • Breyer, Siegfried: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1921-1997. Bernard & Graefe, Bonn 2002, ISBN 3-7637-6225-6.

Weblinks