St. Anna im Lehel

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Außenansicht
Hochaltar
Die Orgel

Die katholische Pfarrkirche St. Anna im Lehel, errichtet 1887–1892 im neuromanischen Stil nach Plänen Gabriel von Seidls, ist die Hauptpfarrkirche des Lehels und gilt als eines der besten Beispiele des Historismus in München.

Lage

Die Katholische Pfarrkirche St. Anna im Lehel (St.-Anna-Platz 5) befindet sich im Zentrum des Lehel gegenüber der Klosterkirche St. Anna im Lehel.

Geschichte

Nachdem sich das Lehel bei wachsender Einwohnerzahl immer mehr zu einem (groß-)bürgerlichen Stadtteil entwickelte, erwies sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Klosterkirche St. Anna im Lehel bald als zu klein. Es erwies sich als ein Glücksfall, dass der Platz gegenüber der Klosterkirche St. Anna dem Druckereibesitzer und Förderer von Karl Valentin Franz Erlacher gehörte, der diesen Platz für den Kirchenneubau stiftete. Den beschränkten Münchner Architektenwettbewerb von 1885 für einen Neubau gewann Gabriel von Seidl. Am 30. Oktober 1887 erfolgte die Grundsteinlegung, die Kirche selbst wurde am 22. Oktober 1892 geweiht.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Pfarrkirche St. Anna im Lehel 1944/45 insgesamt viermal getroffen. In den 1950er Jahren baute man die Kirche wieder auf und in den 1970er Jahren fand noch einmal eine Generalsanierung statt. Dabei ist fast die gesamte neoromanische Ausstattung entfernt worden, auch wurden die Fresken, die im Querschiff von Carl Johann Becker-Gundahl stammten, mit Ausnahme der Chorapsis kalt, also weiß, übertüncht. 1984 kehrten die noch auffindbaren Ausstattungsstücke wieder in die Pfarrkirche zurück. Nach einem Sturmschaden im Oktober 2014 erfolgte eine Komplettsanierung des Turms.[1]

Programm und Konzeption

Gabriel von Seidl wählte als Baustil einen neoromanischen Stil aus, der sich an die rheinische Romanik insbesondere der Kaiserdome anlehnt. Das hat vor allem auch politische Gründe[2]. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 sah man in der Romanik einen Baustil, der die Treue zum dynastischen Kaisertum betont und zugleich eine Kontinuität zum römisch-deutschen Kaisertum des Mittelalters konstruiert.

Der Grundriss der Pfarrkirche zeigt daher eine dreischiffige Pfeilerbasilika, die ein Querhaus und ein Vierungsquadrat besitzt. Im Osten befindet sich eine um ein Joch verlängerte Apsis, an der sich konzentrisch umlaufende Nebenräume befinden. Das Querhaus nimmt vier apsidenförmige Seitenaltäre auf. Das Westwerk wirkt von außen wie ein großer mächtiger Turm, der ein eigenes Querhaus besitzt. Im Inneren ist jedoch erkennbar, dass das Westwerk aus zwei Seitenkapellen und dem Turmgeschoss besteht. Von außen wirkt die Pfarrkirche wie ein Komplex ineinander verschachtelter, kontrastierender Baukörper[3], der häufig aber als harmonischer empfunden wird als der Baukörper der Evangelisch-Lutherischen Pfarrkirche St. Lukas.

Um mit der damals noch vorhandenen Doppelturmfassade der Klosterkirche St. Anna im Lehel, die im Rundbogenstil errichtet wurde, zu korrespondieren, wählte Gabriel von Seidl eine Einturmlösung[4]. Der Turm erhielt eine zweigeschossige Portal-Ädikula. Sie wird von einer überlebensgroßen Reiterstatue Christi bekrönt, der in seiner Rechten einen Ölzweig, in seiner Linken einen Bogen hält. Das gilt als ikonographische Seltenheit[5].

Ausstattung

Bedeutende Werke

Das Weltgericht: Tympanon-Relief über dem Westportal von Anton Pruska

Glocken

Die große Annenglocke läutet nur an den höchsten Feiertagen. Sie trägt eine für Bochumer Gussstahlglocken ihrer Zeit aufwendige Zier.

Im Jahre 1892 goss Ulrich Kortler aus München-Neuhausen ein achstimmiges Großgeläute in den Schlagtönen as0, c1, es1, f1, g1, as1, b1 und c2 mit einem Gesamtgewicht von 9.619 kg[6], von dem die größte Glocke allein 3.958 kg[6] wog. Die beiden Weltkriege ließen das Geläut auf zwei Glocken schrumpfen; die noch zum Teil im Glockenstuhl hängenden Gusseisenjoche zeugen von den vor den Weltkriegen vorhandenen Glocken. 1950 goss der Bochumer Verein die beiden großen Gussstahlglocken Anna und Maria hinzu.[6]

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer
 
Durchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Schlagton
 
1 Anna 1950 Bochumer Verein 1.900 2.580 b0
2 Maria 1950 Bochumer Verein 1.600 1.570 des1
3 Antonius 1892 Ulrich Kortler 1.284 es1
4 1892 Ulrich Kortler 565 g1
5 Sterbeglocke 1853 Ignaz Bauer a1

Orgel

Die Orgel wurde 1980 von Orgelbau Klais gebaut. Sie hat 30 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Disposition ist wie folgt:[7]

I Hauptwerk C–g3
1. Quintade 16'
2. Principal 8'
3. Bourdon 8'
4. Octave 4'
5. Holzflöte 4'
6. Superoctave 2'
7. Larigot 11/3'
8. Cornet V (ab a) 8'
9. Mixtur V 11/3'
10. Trompete 8'
Tremulant
II Schwellwerk C–g3
11. Rohrflöte 8'
12. Gamba 8'
13. Vox Coelestis (ab c) 8'
14. Principal 4'
15. Spitzflöte 4'
16. Nasard 22/3'
17. Schweizerpfeife 2'
18. Terz 13/5'
19. Sifflet 1'
20. Scharff IV 2/3'
21. Cromorne-Hautbois 8'
22. Clairon Harmonique 4'
Tremulant
Pedal C–f1
23. Principal 16′
24. Subbaß 16'
25. Octave 8'
26. Gedackt 8'
27. Tenoroctave 4'
28. Hintersatz IV 22/3'
29. Posaune 16'
30. Trompete 8'

Die Vorgänger-Orgel war ein dreimanualiges Instrument der Münchner Firma Moser, das in seinem Hauptteil auf der Westempore stand (zwei Teilwerke und das Pedal), während das dritte Manual auf zwei Schwalbennester im nördlichen und südlichen Querschiff als Fernwerk aufgeteilt war.

Einzelnachweise

  1. Gerhard Eisenkolb: In altem Glanz. sueddeutsche.de, 9. September 2015, abgerufen am 11. September 2015.
  2. vgl. Klaus Gallas: München. Von der welfischen Gründung Heinrichs des Löwen bis zur Gegenwart: Kunst, Kultur, Geschichte. Dumont, Köln 1979, ISBN 3-7701-1094-3, S. 320.
  3. vgl. Klaus Gallas: München. Von der welfischen Gründung Heinrichs des Löwen bis zur Gegenwart: Kunst, Kultur, Geschichte. Dumont, Köln 1979, ISBN 3-7701-1094-3, S. 320 f.
  4. vgl. Klaus Gallas: München. Von der welfischen Gründung Heinrichs des Löwen bis zur Gegenwart: Kunst, Kultur, Geschichte. Dumont, Köln 1979, ISBN 3-7701-1094-3, S. 320.
  5. vgl. Klaus Gallas: München. Von der welfischen Gründung Heinrichs des Löwen bis zur Gegenwart: Kunst, Kultur, Geschichte. Dumont, Köln 1979, ISBN 3-7701-1094-3, S. 320.
  6. a b c Karl Walter: Glockenkunde. Pustet, Regensburg u. a. 1913, S. 642f.
  7. München, Deutschland (Bayern) - Katholische Pfarrkirche Sankt Anna im Lehel. Orgel. In: Orgeldtatbank NL. Piet Bron, abgerufen am 4. Januar 2016.

Literatur

  • Klaus Gallas: München. Von der welfischen Gründung Heinrichs des Löwen bis zur Gegenwart: Kunst, Kultur, Geschichte. Dumont, Köln 1979, ISBN 3-7701-1094-3.
  • Sigfried Grän: Kath. Stadtpfarrkirche St. Anna - Lehel. Schnell und Steiner, Regensburg 1999, ISBN 978-3-7954-4738-0 (Reihe: Kleine Kunstführer/Kirchen und Klöster).

Weblinks

Commons: St. Anna im Lehel (Pfarrkirche) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 8′ 25″ N, 11° 35′ 14″ O