St. Marien (Lünen)

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St. Marien, vom südlichen Lippeufer gesehen
Inneres, Blick zum Altar; links die Kapelle mit dem Gnadenbild

St. Marien ist eine römisch-katholische Pfarrkirche in Lünen, Westfalen. Die neugotische Basilika wurde von 1894 bis 1896 nach Plänen von Wilhelm Rincklake erbaut. Als Marien-Wallfahrtskirche setzt sie eine Ortstradition fort, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.

Geschichte

Die alte Marienkirche
Gnadenbild
Taufstein

Die erste Kirche auf der Anhöhe am Nordufer der Lippe, ein romanischer Steinbau, wurde 1018[1] als Pfarrkirche für das damalige Südlünen – nördlich der Lippe gelegen – und die angrenzenden Bauerschaften Nordlünen, Alstedde und Wethmar (später Altlünen genannt) erbaut. 1254 wurde sie wie der ganze Ort im Gefolge der Schlacht auf dem Wülferichskamp (Brechten) zerstört und danach einige Jahre als Festung und Kerker genutzt.

Nach dem Wiederaufbau in gotischen Formen – nur der romanische Turm blieb erhalten – entstand in den 1260er Jahren das Bild der Muttergottes mit dem Kind, das die Marienreliquien der Kirche aufnahm[2] und bald als wundertätig verehrt wurde. In der heutigen Kirche hat dieses Gnadenbild seinen Platz in der nördlichen Chor-Seitenkapelle.

Anfang des 14. Jahrhunderts erlangten die Grafen von der Mark die Herrschaft über Lünen. Da ihre Rechte nördlich der Lippe jedoch angefochten blieben, ließ Graf Adolf II. ab 1336 die Stadt auf das strategisch sicherere Südufer verlegen. Die Altsiedlung auf der Nordseite blieb ungeschützt und rechtlich benachteiligt. Die Pfarrkirche gewann jedoch Bedeutung durch die Marien-Wallfahrt, die 1335 erstmals urkundlich bezeugt ist. Sie gilt als älteste im Bistum Münster.

Als in der Grafschaft Mark die Reformation eingeführt wurde, blieb St. Marien als einzige Kirche in der nordwestlichen Grafschaft Mark katholisch, auch nachdem das Hochstift Münster 1575 die Zugehörigkeit der nordlippischen „Altstadt“ zur Grafschaft anerkannt hatte. Auch Wallfahrt und Marienprozessionen wurden, von Kriegszeiten unterbrochen und durch die Grenzlage erschwert, weiter ausgeübt.

1609 kam die Grafschaft Mark zu Brandenburg. 1729 ließ König Friedrich Wilhelm I. als Vergeltung für die Rekatholisierung der reformierten Kirche in Werth durch den Bischof von Münster die Lüner Marienkirche schließen. 1735 wurde sie wieder geöffnet.

Die industrielle Entwicklung im 19. Jahrhundert führte zu einem raschen Wachstum der Stadt und der katholischen Gemeinde. Nach langem Abwägen fiel der Beschluss, die alte Kirche abzureißen und durch einen großen Neubau zu ersetzen. Die Weihe der fertiggestellten Basilika vollzog Bischof Hermann Dingelstad 1896. 1936 wurde die Feier des 600-jährigen Wallfahrtsjubiläums mit Bischof Clemens August von Galen zu einer Glaubensdemonstration.

Im Zweiten Weltkrieg blieb St. Marien von größeren Schäden verschont. Eine Neugestaltung des Inneren 1976 sowie der Austausch sämtlicher Buntglasfenster 1991–2003 geben der Kirche ihr heutiges Erscheinungsbild.

Architektur

Der Dombaumeister Wilhelm Rincklake entwarf eine Kirche in klassischen gotischen Formen. Er folgte dem Basilikaschema mit dreischiffigem Langhaus, Querhaus, Chor und 5/8-Apsis als Ostabschluss. Den Chor flankieren zwei Seitenkapellen. Im Westen erhebt sich über dem Hauptportal der quadratische Glockenturm mit schlankem Kegel-Helm. Die Gesamtlänge der Kirche beträgt 66 m. Der Turm ist mit Kreuz und Hahn 83 m hoch und zählt damit zu den 100 höchsten Kirchtürmen Deutschlands.

Der Innenraum mit seinen Kreuzrippengewölben, Obergaden, Spitzbögen, Maßwerkfenstern, Säulen und Diensten bezieht seine Wirkung besonders aus dem Kontrast der dunklen Gliederungselemente zu den hell gefassten Flächen.

Ausstattung

Mehrere bedeutende Ausstattungsstücke wurden aus der alten Kirche übernommen. Neben der etwa 1260/70 geschaffenen, als Gnadenbild verehrten und gekrönten Eichenholzskulptur der thronenden Gottesmutter mit dem Kind sind besonders der etwa gleichzeitig entstandene figürliche Taufstein und das Triumphkreuz aus dem 14. Jahrhundert bemerkenswert. Die neugotische Kanzel von 1855 mit den Figuren Christi und der vier Evangelisten wurde 2003 zu einem Altar umgestaltet. In der Marienkapelle sind historische Votivgaben ausgestellt.

Ab 1991 schuf der Glasmaler Hubert Spierling für den gesamten Kirchenraum einen Zyklus von Bildfenstern mit biblischen Szenen von Tod und Leben, Sünde und Erlösung. Die Fenster der Marienkapelle stammen von Wilhelm Rengshausen.

Orgeln

St. Marien besitzt zwei Orgeln. Die große Orgel wurde 1996–1998 von der Orgelbaufirma Gebrüder Stockmann (Werl) erbaut. Das Instrument hat 45 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen sind elektrisch.[3][4]

I Hauptwerk C–g3
1. Bordun 16’ 


2. Prinzipal 8’ 


3. Gamba 8’ 


4. Holzflöte 8’ 


5. Flûte harmonique 8’ 


6. Oktave 4’ 


7. Flöte 4’ 


8. Quinte 22/3’ 


9. Superoktave 2’


10. Terz 13/5’ 


11. Mixtur IV-V 11/3’


12. Trompete 16’


13. Trompete 8’ 


Tremulant

II Brustwerk C–g3
14. Gedackt 8’


15. Prinzipal 4’


16. Rohrflöte 4’


17. Sesquialtera II 22/3 ‘


18. Schwiegel 2’


19. Quinte 11/3’


20. Scharff III 1’


21. Cromorne 8’




Tremulant
III Schwellwerk C–g3
22. Pommer 16’ 


23. Geigenprinzipal 8’ 


24. Hohlflöte 8’ 


25. Salicional 8' 


26. Vox coelestis 8’ 


27. Prinzipal 4’ 


28. Gedackt 4’ 


29. Nasat 22/3’ 


30. Waldflöte 2’ 


31. Terz 13/5’


32. Piccoloflöte 1’ 


33. Mixtur IV 2‘


34. Oboe 8’


35. Trompete harm. 8’ 


36. Clairon 4’ 



Tremulant

Pedalwerk C–f1
37. Kontrabaß 16’


38. Subbaß 16’


39. Quintbaß 102/3’


40. Oktavbaß 8’


41. Gedacktbaß 8’


42. Choralbaß 4’


43. Aliqotbaß II 31/5’ 


44. Posaune 16’


45. Trompete 8’




  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P

Die Chororgel von Henk und Gerrit Klop entstand 1983 und wurde 2005 für St. Marien erworben.[5]

Geläut

Der Westturm trägt ein vierstimmiges Gußstahlgeläut aus dem Jahre 1922, gestimmt auf die Tonfolge h°-d'-e'-fis'.

Literatur

  • Pfarrgemeinderat der Pfarrei St. Marien zu Lünen (Hrsg.): 950 Jahre Lünen St. Marien 1018–1968. Lünen 1968.
  • „Imagination des Unsichtbaren“, Ausstellung des Westf. Landesmuseum 1993, ISBN 3-88789-111-2, Werner Freitag: Sichtbares Heil – Wallfahrtsbilder in Mittelalter und Neuzeit, S. 122 ff.
  • Wilfried Heß: St. Marien zu Lünen – Kapitel zur Stadtgeschichte, Zwei Bände (1993/1996) Schriftenreihe des Stadtarchivs Lünen

Einzelnachweise

  1. Jahreszahl am 1894 abgebrochenen Turm (Stadtgeschichte (PDF; 2,5 MB) S. 3)
  2. darunter die Blutstropfen der Lubbert-Legende
  3. Informationen zur Orgel
  4. Disposition
  5. Disposition

Weblinks

Commons: St. Marien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 37′ 0″ N, 7° 31′ 16,5″ O