Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat

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Strukturformel
Strukturformel von Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat
Allgemeines
Name Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat
Andere Namen
  • L-Glutaminsäure-N,N-diessigsäure-tetranatriumsalz
  • (S)-Glutaminsäure-N,N-diessigsäure-tetranatriumsalz
  • N,N-Bis(carboxymethyl)-L-glutaminsäure-tetranatriumsalz
  • GLDA-Na4
  • Tetrasodium Glutamate Diacetate (INCI)
  • Dissolvine® GL
Summenformel C9H9NO8Na4
Kurzbeschreibung

weißes Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 51981-21-6
PubChem 44630158
Wikidata Q25393000
Eigenschaften
Molare Masse 351,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,466 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

280 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit
  • sehr gut löslich in Wasser (ca. 1000 g·cm−3 bei 20 °C)[1]
  • sehr gut löslich in Wasser (bei pH 1 ca. 35 Gew.-%)[2]
  • löslich in Ethylenglycol (45 Gew.-%), in 5m NaOH (60 Gew.-%)[3]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat (GLDA-Na4) ist das Tetranatriumsalz der L-Glutaminsäure-N,N-diessigsäure (GLDA-H4), das von der Aminosäure Glutaminsäure abgeleitet ist und sich als Komplexbildner vom Aminopolycarboxylat-Typ durch besonders hohe Bioabbaubarkeit und Löslichkeit auszeichnet.[3]

GLDA-Na4 wird als "grüne" Alternative zu den am meisten verbreiteten Chelatoren Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) und Nitrilotriessigsäure (NTA) diskutiert.

Gewinnung und Darstellung

Ausgangsstoff für GLDA-Na4 ist L-Glutaminsäure[4] und besonders das wesentlich besser wasserlösliche und als Geschmacksverstärker in Mengen über 3 Millionen Tonnen pro Jahr hergestellte Mononatriumglutamat (MSG).[5] Zur Erzielung akzeptabler Ausbeuten wird MSG bei pH<7 in einer Cyanmethylierung mit wässrigem Formaldehyd und Cyanwasserstoff zu Natriumglutamat-diacetonitril, einem substituierten Iminodiacetonitril, umgesetzt.[6]

Synthese von Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat durch Cyanmethylierung
Synthese von Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat durch Cyanmethylierung

Das Diacetonitril wird mit Natronlauge unter Abspaltung von Ammoniak in über 90 %iger Ausbeute zum Tetranatriumsalz der L-Glutaminsäure-N,N-diessigsäure hydrolysiert.[7]

Eine Verfahrensvereinfachung stellt die Verwendung von Natriumcyanid anstatt Blausäure dar.[8] Die erhaltenen Ausbeuten liegen bei 90 % mit Gehalten am Nebenprodukt Nitrilotriessigsäure von deutlich unter 0,1 Gew.%. Die Reaktion kann sowohl diskontinuierlich als Chargenprozess, als auch als kontinuierlicher Prozess ausgeführt werden.

Eigenschaften

Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat ist ein weißer, sehr gut wasserlöslicher, hygroskopischer Feststoff, der alkalisch reagierende (typischerweise pH 11,5) und schwach gelbe wässrige Lösungen bildet.[3] Im Gegensatz zu EDTA und NTA löst sich GLDA-Na4 in wässrigen Medien sehr gut über einen breiten pH-Bereich von 1 bis 12. Die thermische Stabilität (Zersetzung >280°C) liegt deutlich über der von EDTA und NTA (>150°C).[9]

Verwendung

Wegen der (derzeit) akzeptierten, aber letztlich unbefriedigenden ökologischen und toxikologischen Profile der gängigsten und auf petrochemischen Rohstoffen basierenden Komplexbildner EDTA und NTA wird weiter nach umweltverträglicheren Alternativen gesucht. Neben β-Alanindiessigsäure (β-ADA), Methylglycindiessigsäure (MGDA), Tetranatriumiminodisuccinat (IDHA) sowie Citraten und Gluconaten wurde Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat als bioabbaubarer und weitgehend aus nachwachsenden Rohstoffen – hier L-Glutaminsäure – hergestellter Komplexbildner entwickelt. GLDA-Na4 ist nach der OECD-Methode OECD 301 D (>60 % nach 28 Tagen) als leicht biologisch abbaubar klassifiziert.[9]

Die folgende Tabelle gibt die Komplexbildungskonstanten log K von GLDA im Vergleich zu den Standards EDTA und NTA, sowie zu den bioabbaubaren Komplexbildnern Methylglycindiessigsäure (MGDA) und Tetranatriumiminodisuccinat (IDS) gegenüber mehrwertigen Metallionen wieder:

Metallionen GLDA[10] EDTA NTA[10] MGDA[11] IDS[12]
Al3+ 12,2 16,4 11,4 - 14,1
Ba2+ 3,5 7,9 4,8 4,9 3,4
Ca2+ 5,9 10,7 6,4 7,0 5,2
Cd2+ 9,1 16,5 9,8 10,6 8,4
Co2+ 10,0 16,5 10,4 11,1 10,5
Cu2+ 13,1 18,8 13,0 13,9 13,1
Fe2+ 8,7 14,3 8,9 8,1 8,2
Fe3+ 11,7 25,1 15,9 16,5 15,2
Hg2+ 14,3 21,5 14,3 - 14,9
Mg2+ 5,2 8,8 5,5 5,8 6,1
Mn2+ 7,6 13,9 7,5 8,4 7,7
Ni2+ 10,9 18,4 11,5 12,0 12,2
Pb2+ 10,5 18,0 11,5 12,1 11,0
Sr2+ 4,1 8,7 5,0 5,2 4,1
Zn2+ 10,0 16,5 10,7 10,9 10,8

EDTA weist gegenüber allen Kationen im Vergleich zu anderen Chelatoren deutlich höhere Komplexbildungskonstanten auf und bildet daher auch stabilere Komplexe als GLDA, das meist geringfügig niedrigere log K-Werte mit Metallionen als NTA besitzt.

Die wichtigste Eigenschaft von Chelatoren ist die Komplexbildung mit Calcium- und Magnesium-Ionen als wesentliche Verursacher für Wasserhärte. Chelatisierung der härtebildenden Ca2+-Ionen mit GLDA-Na4 kann die Ausfällung von Calciumcarbonat, auch bei hohen Temperaturen, verhindern und die Auflösung von Kalkablagerungen fördern. Dadurch wirkt Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat als so genannter Builder in Wasch- und Reinigungsmitteln, indem es die Emulgatorwirkung von Tensiden verbessert.[4]

Wegen seiner sehr guten Wasserlöslichkeit und Stabilität auch bei hohen pH-Werten eignet sich GLDA-Na4 zum Ersatz von Natriumtripolyphosphat (engl. STPP) in maschinellen Geschirrspülmitteln oder phosphatfreien Waschmitteln.[13]

GLDA-Na4 erhöht die Wirksamkeit von Bioziden durch Komplexierung von Ca2+- und Mg2+-Ionen, die zur Destabilisierung der Membranen von Mikroorganismen führt und so deren Empfindlichkeit gegenüber Konservierungsmitteln und Bioziden erhöht.

Die komplexbildenden Eigenschaften von GLDA-Na4 werden in der Öl- und Gasförderung zur Auflösung von Ablagerungen von Strontiumsulfat, Bariumsulfat und Calciumsulfat und zur Verhinderung der Ausfällung schwerlöslicher Eisensalze eingesetzt.[14]

Komplexe von Spurenelementen mit Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat finden als Mikronährstoffe (engl. micronutrients) in Düngemitteln[15] und als Lebensmittel- und Futterzusätze (Supplement) Verwendung.[16]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Eintrag zu Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  2. Green chelating agent. In: Chemical Engineering. 1. Februar 2007, abgerufen am 28. April 2016.
  3. a b c Dissolvine® GL technical brochure. (PDF; 5,8 MB) In: akzonobel.com. Akzo Nobel Functional Chemicals, abgerufen am 28. April 2016 (englisch).
  4. a b Patent US5948748: Detergent composition. Angemeldet am 2. Oktober 1997, veröffentlicht am 7. September 1999, Anmelder: Kao Corp., Erfinder: G. Hagino, S. Tagata, S. Kamioka.
  5. Glutamic Acid and Monosodium Glutamate (MSG) Market Size, Potential, Industry Outlook, Regional Analysis, Application Development, Competitive Landscape & Forecast, 2016 - 2023. In: Global Market Insights. Abgerufen am 28. April 2016.
  6. Patent WO2009109544A1: Verfahren zur Herstellung von Aminodicarbonsäure-N,N-diessigsäuren. Angemeldet am 2. März 2009, veröffentlicht am 11. September 2009, Anmelder: BASF SE, Erfinder: A. Oftring, A. Stamm, F. Wirsing, G. Braun.
  7. Patent US8399705: Alkali metal salt of glutamic acid N,N-diacetic acid, a process to prepare such salt, and the use thereof. Angemeldet am 14. August 2008, veröffentlicht am 19. März 2013, Anmelder: Akzo Nobel N.V., Erfinder: T.O. Boonstra, M. Heus.
  8. Patent WO2010139755A1: Process to prepare a chelating agent or precursor thereof using a cyanide salt. Angemeldet am 3. Juni 2010, veröffentlicht am 9. Dezember 2010, Anmelder: Akzo Nobel Chemicals International B.V., Erfinder: H. Lammers, M. Heus, T.O. Boonstra, A.M. Reichwein.
  9. a b J. Seetz, G.P. Stafford: Bound by biodegradability. In: Soap, Perfumery & Cosmetics. 2007, S. 75–76 (PDF; 1,6 MB).
  10. a b Chelates Product Guide. (PDF; 4,9 MB) In: akzonobel.com. Akzo Nobel Functional Chemicals, abgerufen am 28. April 2016 (englisch).
  11. BASF SE, Technical Information, Trilon® M types: Trilon M types
  12. Lanxess AG, General Product Information: Baypure
  13. Patent US20160097020A1: Aqueous solutions containing a complexing agent in high concentration. Angemeldet am 13. Mai 2014, veröffentlicht am 7. April 2016, Anmelder: BASF SE, Erfinder: M.C. Biel, T. Greindl, M. Hartmann, W. Staffel, M. Reinoso Garcia.
  14. Patent WO2012146895A1: Treatment fluids containing biodegradable chelating agents and methods for use thereof. Angemeldet am 26. April 2012, veröffentlicht am 1. November 2012, Anmelder: Halliburton Energy Services, Inc., Erfinder: E.A. Reyes, T.D. Welton.
  15. Patent WO2015036374A2: Acidic fertilizer compositions containing a metal complex of glutamic acid N,N′-diacetic acid or iminosuccinic acid. Angemeldet am 9. September 2014, veröffentlicht am 19. März 2015, Anmelder: Akzo Nobel Chemicals International B.V., Erfinder: A.M. Reichwein, M.H.J. Bugter.
  16. Patent WO2011051295A1: Use of a metal supplement in animal feed. Angemeldet am 26. Oktober 2010, veröffentlicht am 5. Mai 2011, Anmelder: Akzo Nobel Chemicals International B.V., Erfinder: C.T.J. Wreesmann, A.M. Reichwein, M.A. van Doorn, J. Martintereso López.