Von-Willebrand-Krankheit

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Die von-Willebrand-Krankheit ist eine Blutgerinnungsstörung, die durch einen erblichen Mangel an von-Willebrand-Faktor (syn. Faktor-VIII bezogenes Antigen) ausgelöst wird. Sie ist die häufigste Störung der Blutgerinnung beim Hund und wurde auch bei Katzen, Kaninchen und Schweinen beschrieben.

Pathophysiologie

Bei gesunden Tieren befindet sich der Faktor auf der Innenwand der Blutgefäße und in den Blutplättchen. Kommt es zu einer Verletzung, bindet der Faktor an die dadurch freigelegten Kollagene und bindet die Blutplättchen an sich, wodurch die zelluläre Hämostase ausgelöst wird und die Blutplättchen mit dem Verschluss der Wunde beginnen (Thrombozytenaggregation).

Ist die Bildung des von-Willebrand-Faktors durch eine Mutation des zugehörigen Gens gestört, kann das Tier keinen oder zu wenig funktionierenden von-Willebrand-Faktor bilden. Dadurch kommt es bei einer Verletzung nicht zur Adhäsion und Aggregation der Blutplättchen, und die Blutgerinnung bleibt auf die plasmatische Komponente der Hämostase beschränkt. Dies führt je nach Schweregrad des Mangels bei Verletzungen zu einer verlängerten Blutungszeit und dadurch zu einem höheren Blutverlust, der durch Schock oder Anämie tödlich enden kann.

Klinik

Signalement

Die Krankheit ist bei mehr als fünfzig verschiedenen Hunderassen beschrieben. Besonders häufig (Prävalenz zwischen 10 und 70 %) kommt sie bei Dobermann, Deutscher Schäferhund, Golden Retriever, Zwergschnauzer, Welsh Corgi Pembroke, Shetland Sheepdog, Basset Hound, Scottish Terrier, Großpudel und Manchester Terrier vor.

Das Diagnosealter ist je nach Schwere der Erkrankung sehr variabel und kann vom Neugeboren bis hin zu alten Individuen reichen, wobei schwere Fälle normalerweise bei jüngeren Tieren diagnostiziert werden.

Symptome

Zu den Symptomen der von-Willebrand-Erkrankung gehören Zahnfleischbluten, Nasenbluten und Hämaturie. Viele der betroffenen Tiere zeigen allerdings erst nach Injektionen, Blutentnahmen oder chirurgischen Eingriffen eine verstärkte Blutungstendenz.

Diagnose

Der Verdacht auf eine von-Willebrand-Erkrankung ergibt sich bei Tieren mit klinischen Blutgerinnungsstörungen, bei denen eine Blutuntersuchung normale Blutplättchenwerte ergibt und bei denen Tests auf Gerinnungsfaktoren der plasmatischen Gerinnungskaskade normal ausfallen. Die Schleimhautblutungszeit ist fast immer verlängert. Ein negativer oder stark verminderter Bluttest auf von-Willebrand-Faktor (mittels ELISA) ist diagnostisch.

Differentialdiagnostisch kommen Thrombozytopenie oder Defekte der Blutplättchen in Betracht. Gelegentlich haben betroffene Tiere außerdem einen Mangel an Faktor VIII und dadurch eine verlängerte Partielle Thromboplastinzeit.

Therapie und Prognose

Die von-Willebrand-Krankheit ist nicht heilbar. Starke Blutungen können mit einer Blut- oder Plasmatransfusion behandelt werden. Vor Operationen ist eine präventive Gabe von Desmopressin empfehlenswert, das die Blutungstendenz verringern kann.

Neuere Studien haben ergeben, dass die Gabe von Levothyroxin nicht empfehlenswert ist und die Blutungstendenz sogar verschlimmern kann, so dass aus heutiger Sicht von dieser Therapie abgeraten werden muss.

Je nach Schweregrad der Krankheit variiert die Prognose von exzellent bis infaust.

Genetik und Zuchthygiene

Die von-Willebrand-Erkrankung kann zwei verschiedenen Erbgängen folgen:

  • Die häufigere Form folgt einem einfach autosomal intermediären Erbgang, bei dem die für das defekte Allel heterozygoten Tiere eine weniger stark erhöhte Blutungstendenz haben als die homozygoten. Der Schweregrad dieser Form kann zwischen einzelnen Rassen stark variieren.
  • Die seltenere Form vererbt sich einfach autosomal rezessiv: Hier erkranken nur die für das defekte Allel homozygoten Tiere, während die heterozygoten klinisch normale Träger sind. Für das defekte Allel homozygote Tiere sterben in der Regel vor Erreichen der Geschlechtsreife (Letalfaktor).

Im Gegensatz zu vielen anderen Krankheiten mit erhöhter Blutungsneigung (Hämophilie) wird die von-Willebrand-Krankheit nicht geschlechtsgebunden vererbt: Männliche und weibliche Tiere sind gleich häufig betroffen.

Betroffene Tiere sollten unter Berücksichtigung der klinischen Aspekte der Krankheit in der jeweiligen Rasse nicht zur Zucht verwendet werden. Gentests sind für verschiedene Rassen verfügbar, wobei die genauen Mutationen je nach Rasse variieren können und die klinischen Symptome nur bedingt mit dem Genotyp korrelieren.[1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Marjory B. Brooks, Tracy Stokol, James L. Catalfamo: Comparative hemostasis: animal models and new hemostasis tests. In: Clinics in laboratory medicine. Band 31, Nummer 1, März 2011, ISSN 1557-9832, S. 139–159, doi:10.1016/j.cll.2010.10.009, PMID 21295727 (Review).