Welsbach-Patent

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Als Welsbach-Patent wird das US-Patent 5003186 bezeichnet, welches das Ausbringen von speziellen Partikeln in der Erdatmosphäre zur Milderung der globalen Erwärmung beschreibt. Das Patent wurde im Jahr 1990 von David B. Chang und I-Fu Shih, die bei der Hughes Aircraft Company arbeiteten, angemeldet und 1991 veröffentlicht.[1]

Behauptetes Wirkprinzip[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Emissions­spektrum eines Glüh­strumpfs (schwarz) im Ver­gleich zum Schwarz­körper­spektrum (sichtbarer Bereich grau hinterlegt); ein ähnliches Spektrum sollen die im Text des Welsbach-Patents beschriebenen Partikel haben

Der Name des Patents geht auf den Glühstrumpf, den Carl Auer von Welsbach im 19. Jahrhundert erfunden hat, zurück. Die Grundidee der patentierten Methode sind staubförmige, von Flugzeugen verteilte Partikel, die ein Emissionsspektrum wie das Material eines Glühstrumpfs haben. Im sichtbaren Bereich ist ihr Emissionsgrad hoch, im nahen Infrarot niedrig und im fernen Infrarot wieder hoch, wie in nebenstehender Grafik abgebildet. Die Erfinder glaubten, dass derartige Partikel die Wärmestrahlung der Erde, die überwiegend fernes Infrarot enthält, absorbieren und die so aufgenommene Energie zumindest teilweise in Form von sichtbarem Licht abgeben würden. Sichtbares Licht wird durch Treibhausgase kaum gedämpft, sodass der Treibhauseffekt reduziert werden würde, wenn die Partikel im Wellenlängenbereich des fernen Infrarots mehr Energie absorbieren, als sie ebendort emittieren.[1]

Zweifel an der Umsetzbarkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz geht ein hoher Emissionsgrad mit einem hohen Absorptionsgrad einher und umgekehrt. Die Partikel mit dem vorgeschlagenen Emissionsspektrum würden daher, da sie die Wärmestrahlung der Erde absorbieren sollen, wie ein Treibhausgas wirken. Rein passive Körper, die über keine Energiequelle verfügen und mit der Umgebung im lokalen thermodynamischen Gleichgewicht sind, können nicht einzelne Wellenlängenbereiche aus der sie umgebenden Gleichgewichtsstrahlung verstärken oder in andere Wellenlängenbereiche verschieben, denn das widerspräche dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Das Plancksche Strahlungsgesetz liefert eine obere Schranke für die Wärmestrahlung, die ein Körper bei gegebener Temperatur in einem bestimmten Wellenlängenbereich abgeben kann, wenn er ausschließlich aufgrund seiner Temperatur elektromagnetische Wellen emittiert. Bei Temperaturen, wie sie in der Erdatmosphäre auftreten, ist der Anteil von sichtbarem Licht, den ein rein thermischer Strahler maximal abgeben kann, laut Planckschem Strahlungsgesetz vernachlässigbar klein.

Wenn die vorgeschlagenen Partikel auch nur etwas mehr sichtbares Licht erzeugen könnten, als das Plancksche Strahlungsgesetz erlaubt, dann könnte dieses Licht z. B. mittels einer Photovoltaikanlage in elektrische Energie umgewandelt werden. Damit würde aus Umgebungswärme Nutzenergie gewonnen, was ein Perpetuum mobile zweiter Art wäre. Eine Realisierung der Erfindung, so wie sie im Patenttext beschrieben ist, scheint daher physikalisch nicht möglich zu sein.[2]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer Studie des Kiel Earth Institute über Geoengineering wird das Welsbach-Patent zu den „Vorschläge[n] zur technologischen Umsetzung des stratosphärischen Aerosol-Schildes“ gezählt, ohne auf die patentierte Idee näher einzugehen.[3]

Ein Artikel in der Online-Ausgabe des Focus befasst sich kritisch mit dem Welsbach-Patent[4] und kommt zu dem Schluss, dass das patentierte Verfahren eher zu einer „Erwärmung der Erde statt zu ihrer Abkühlung“ führen würde.[5] Im P.M. Magazin wurde das Welsbach-Patent erwähnt und darauf hingewiesen, dass es keine Beweise dafür gebe, dass das patentierte Verfahren tatsächlich angewandt wird.[6]

2004 erschien in der Zeitschrift Raum & Zeit der Artikel „Die Zerstörung des Himmels“, in dem Chemtrails auf das Welsbach-Patent zurückgeführt werden.[7] Diese Einschätzung teilten Vertreter der Chemtrailtheorie in einem Protestbrief an das Umweltbundesamt von Deutschland, in dem sie das Welsbach-Patent unter die ihrer Ansicht nach seriösen Quellen einordneten.[8] In einer Stellungnahme des Schweizer Bundesamts für Zivilluftfahrt heißt es, die Entstehung der Chemtrail-These stehe mit dem Welsbach-Patent in Zusammenhang, aber es gebe keine Beweise und es sei unwahrscheinlich, dass entsprechende Sprüheinsätze von Flugzeugen tatsächlich stattfinden.[9]

Winfried Petzold von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) stellte 2005 bis 2006 als Abgeordneter im Sächsischen Landtag fünf kleine Anfragen an die Sächsische Staatsregierung, in der er unter Bezugnahme auf das Welsbach-Patent Auskünfte über die „Wahrscheinlichkeit gesundheitlicher Folgeschäden infolge klimatischer Manipulation und Wetterbeeinflussung durch Kontaminierung der Atmosphäre mit sobezeichneten Welsbach-Partikeln“ verlangte.[10] In Österreich ist das Welsbach-Patent Gegenstand dreier parlamentarischer Anfragen, die von Abgeordneten der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) zwischen 2007 und 2013 eingebracht wurden.[11][12][13]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Patent US5003186: Stratospheric Welsbach Seeding for Reduction of Global Warming. Angemeldet am 23. April 1990, veröffentlicht am 26. März 1991, Anmelder: Hughes Aircraft Co, Erfinder: David B. Chang, I-Fu Shih.
  2. Mario Sedlak: Physikalische Hindernisse bei der Umsetzung der im „Welsbach-Patent“ beschriebenen Idee In: Zeitschrift für Anomalistik. Bd. 15, 2015, ISSN 1617-4720, S. 317–325
  3. Gezielte Eingriffe in das Klima? Eine Bestandsaufnahme der Debatte zu Climate Engineering Kiel Earth Institute, S. 45. Abgerufen am 2. Oktober 2015.
  4. Odenwald, Michael: 'Wetterkapriolen' (S. 2/5) Focus 17. Juni 2011.
  5. Odenwald, Michael: 'Wetterkapriolen' (S. 3/5) Focus 17. Juni 2011.
  6. Michael Kneissler: 'Verschwörung am Himmel?' (Memento vom 2. September 2012 im Internet Archive) P.M. Magazin 01/2012.
  7. Gabriel Stetter: Die Zerstörung des Himmels Raum & Zeit 127/2004
  8. Protestbrief an das Umweltbundesamt. Abgerufen am 19. März 2014.
  9. Bundesamt für Zivilluftfahrt: Warum Kondensstreifen keine Chemtrails sind, S. 2
  10. Drucksachen 4/3782, 4/3783, 4/3784, 4/3785 und 4/3987, online aufrufbar
  11. FPÖ: Parlamentarische Anfrage Nr. 551/J betreffend Freisetzung von Chemikalien in der Atmosphäre zur Beeinflussung des Klimas (PDF; 17 kB), 22. März 2007.
  12. FPÖ: Parlamentarische Anfrage Nr. 11423/J betreffend Wettermanipulation durch Chemikalien (PDF; 260 kB), 19. April 2012.
  13. FPÖ: Parlamentarische Anfrage Nr. 15921/J betreffend Wettermanipulation durch Chemikalien (PDF; 90 kB), 6. September 2013.