Wirtschaftsprüfer

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Wirtschaftsprüfer (häufig abgekürzt WP) ist ein Beruf und ein öffentliches Amt: Zu den Aufgaben von Wirtschaftsprüfern gehören unter anderem die Wirtschaftsprüfung über die ordnungsmäßige Buchführung eines Unternehmens und die Prüfung eines den einschlägigen Vorschriften entsprechenden Jahresabschlusses und Konzernabschlusses sowie des (Konzern-)Lageberichts.

Geschichte

Der Beruf des Wirtschaftsprüfers in Deutschland entstand durch die 1. Durchführungsverordnung zur Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie am 15. Dezember 1931. Wirtschaftsprüfer mussten öffentlich bestellt und Prüfungsgesellschaften eingetragen sein.[1]:16

Die Länder des Deutschen Reiches legten „den rechtlichen und institutionellen Rahmen“ für den neuen Beruf fest. 1931 entstanden zwölf Zulassungs- und Prüfungsstellen für Wirtschaftsprüfer.[1]:17

Anfang 1932 waren in Deutschland ungefähr 280 Wirtschaftsprüfer bestellt und 32 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften eingetragen.[1]:21

Rechtslage in Deutschland

Berufsbild

Folgende Aufgaben bestimmen das Berufsbild vorrangig (vgl. § 2 Wirtschaftsprüferordnung (WPO)):

  • Prüfungstätigkeit: Wirtschaftsprüfer führen betriebswirtschaftliche Prüfungen durch (§ 2 Abs. 1 WPO). Maßgeblich prägt dabei die Vorbehaltsaufgabe, die durch Gesetz vorgeschriebene Prüfung von Jahresabschlüssen und Lageberichten sowie Konzernabschlüssen und Konzernlageberichten durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen bzw. zu versagen. Dies umfasst auch Prüfungen von nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen aufgestellten Jahres- und Konzernabschlüssen und sonstige gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen, wie zum Beispiel Sonderprüfungen nach dem Aktiengesetz.

Aufgrund seiner besonderen Befähigung werden dem Wirtschaftsprüfer regelmäßig auch sonstige betriebswirtschaftliche Prüfungen übertragen, wie etwa Due-Diligence-Prüfungen und Unterschlagungsprüfungen.

  • Gutachter/Sachverständigentätigkeit: Ebenfalls zum Berufsbild gehört die Tätigkeit als Gutachter oder Sachverständiger in allen Bereichen der wirtschaftlichen Betriebsführung, zu der zum Beispiel die Unternehmensbewertung zählt
  • Rechtsberatung: In Angelegenheiten, mit denen der Wirtschaftsprüfer beruflich befasst ist, die in unmittelbarem Zusammenhang mit seinen Aufgaben stehen und die er ohne die Rechtsberatung nicht sachgemäß erledigen kann, ist der Wirtschaftsprüfer auch zur Rechtsbesorgung/-beratung befugt.
  • Steuerberatung: Zu den beruflichen Vorbehaltsaufgaben zählt die unbeschränkte (geschäftsmäßige) Hilfeleistung in Steuersachen, also die Steuerberatung. Sie umfasst auch das Recht der Vertretung der Steuerpflichtigen vor den Finanzbehörden und Finanzgerichten.
  • Unternehmensberatung: Die Beratung in unternehmerischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gehört ebenfalls zu den Aufgaben des Wirtschaftsprüfers.

Berufspflichten

Aufgrund der besonderen Verantwortung, die der Wirtschaftsprüfer durch seine Aufgaben übernimmt, sind bei der Ausübung seiner Tätigkeit u. a. die folgenden Berufspflichten zu erfüllen (vgl. §§ 43, 43a 49 WPO).

  • Berufswürdiges Verhalten: Der Wirtschaftsprüfer hat sich sowohl innerhalb als auch außerhalb seiner Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die der Beruf erfordert.
  • Eigenverantwortung: Der Wirtschaftsprüfer ist gehalten, seinen Beruf eigenverantwortlich auszuüben. Er hat sein Handeln in eigener Verantwortung zu bestimmen, sich selbst ein Urteil zu bilden und seine Entscheidungen selbst zu treffen. Dieser Berufsgrundsatz kann heute bei den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht mehr von einzelnen angestellten Wirtschaftsprüfern eingehalten werden, er wird daher von der jeweiligen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft insgesamt eingehalten.
  • Gewissenhaftigkeit: Der Wirtschaftsprüfer hat seinen Beruf gewissenhaft auszuüben. Aufträge sind ordnungsgemäß zu bearbeiten. Bei der Einstellung von Mitarbeitern sind deren fachliche und persönliche Eignung zu prüfen. Mitarbeiter sind über Berufspflichten zu unterrichten (insbesondere Verschwiegenheit), für ihre angemessene praktische und theoretische Aus- und Fortbildung ist zu sorgen.
  • Unabhängigkeit: Der Wirtschaftsprüfer muss unabhängig, d. h. frei von Bindungen sein, die die berufliche Entscheidungsfreiheit beeinflussen oder beeinträchtigen könnten.
  • Unbefangenheit: Die Funktion der Abschlussprüfung verlangt, dass der Wirtschaftsprüfer bei seinen Feststellungen, Beurteilungen und Entscheidungen frei von Einflüssen, Bindungen und Rücksichten ist – und zwar gleichgültig, ob sie persönlicher, wirtschaftlicher oder rechtlicher Natur sind.
  • Unparteilichkeit: Der Wirtschaftsprüfer hat sich bei der Prüfungstätigkeit und der Erstattung von Gutachten unparteiisch zu verhalten.
  • Verschwiegenheit: Die Pflicht zur Verschwiegenheit bildet die Grundlage für das Vertrauensverhältnis zum Mandanten. Alle dem Wirtschaftsprüfer bei seiner Berufstätigkeit anvertrauten Tatsachen und Umstände dürfen nicht unbefugt offenbart werden.

Zulassungsverfahren

Für die Zulassung als Wirtschaftsprüfer ist ein entsprechendes Staatsexamen notwendig. Zum Examen wird zugelassen, wer

  • ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder ausnahmsweise eine langjährige Tätigkeit für einen Wirtschaftsprüfer o.ä. (§ 8, § 8a WPO) und
  • mindestens dreijährige Tätigkeit bei einer in § 8 Abs. 2 WPO genannten Stelle, z. B. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, davon mindestens 2 Jahre hauptsächlich im Bereich der Abschlussprüfung (§ 9 Abs. 1 und 2 WPO), nachweisen kann.

Neben dem Examen werden einige persönliche Anforderungen gestellt (§ 16 WPO), insbesondere

  • der Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung,
  • das Recht, öffentliche Ämter zu bekleiden,
  • geordnete Vermögensverhältnisse,
  • gesundheitliche Eignung,
  • berufspflichtkonformes Verhalten.

Das Zulassungsverfahren wird von der Wirtschaftsprüferkammer bundeseinheitlich durchgeführt. Mit erfolgreichem Abschluss des Examens ist der Kandidat befugt, sich als Wirtschaftsprüfer öffentlich bestellen zu lassen. Die Eidesformel ist in der WPO vorgegeben. Erst mit Bestellung darf die Berufsbezeichnung Wirtschaftsprüfer/-in geführt werden. Bei der Erfüllung der Vorbehaltsaufgaben gilt die Siegelpflicht.

Die Prüfung gilt als sehr anspruchsvolles Berufsexamen. Die Inhalte des Wirtschaftsprüfungsexamens sind in § 4 Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung (WiPrPrüfV) festgelegt. Die Prüfungsgebiete sind

  • A. Wirtschaftliches Prüfungswesen, Unternehmensbewertung und Berufsrecht,
  • B. Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre,
  • C. Wirtschaftsrecht,
  • D. Steuerrecht.

Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil und wird an zwei Prüfungsterminen pro Jahr (erstes und zweites Halbjahr) angeboten. Im Rahmen der schriftlichen Prüfung sind sieben Aufsichtsarbeiten (eine im Fach Wirtschaftsrecht und je zwei in den übrigen Prüfungsgebieten) über jeweils vier bis sechs Stunden zu bearbeiten. Das Erreichen eines bestimmten Notendurchschnittes berechtigt zur Teilnahme an der mündlichen Prüfung. Je nach Endnote kann die Prüfungskommission eine Ergänzungsprüfung in ein oder zwei Prüfungsgebieten anordnen. Eine Ergänzungsprüfung erfordert die erneute Teilnahme am schriftlichen und mündlichen Teil eines Prüfungstermins (meist im Folgejahr) in den betreffenden Prüfungsgebieten. Die gesamte Prüfung (bei Nichterreichen des erforderlichen Notendurchschnittes für die Zulassung zur mündlichen Prüfung, bei Durchfallen durch die mündliche Prüfung oder bei Nichtbestehen der Ergänzungsprüfung) kann zweimal wiederholt werden.

Eine Verkürzung der Prüfung ist für Steuerberater möglich. Diese können sich ihr Steuerberaterexamen als Prüfung im Prüfungsgebiet Steuerrecht nach § 13 WPO anrechnen lassen. Für Volljuristen oder Volks- und Betriebswirte besteht diese Möglichkeit nicht; sie müssen die sogenannte Vollprüfung ablegen.

Eine Ausnahme stellt der erfolgreiche Abschluss eines wirtschaftswissenschaftlichen Masterstudiengangs im Sinne des § 8a WPO dar. Erfolgreiche Absolventen eines solchen "als zur Ausbildung von Berufsangehörigen besonders geeignet anerkannten Studiengangs" erhalten drei der insgesamt sieben Prüfungsleistungen im WP-Examen anerkannt bzw. erlassen. Zurzeit akkreditiert[2] sind unter anderem die Masterstudiengänge Master in Auditing der Leuphana Universität Lüneburg, Auditing, Finance and Taxation (MAFT) der Hochschule Osnabrück/ Fachhochschule Münster, der Mannheim Master of Accounting & Taxation der Mannheim Business School, der Masterstudiengang Audit & Tax der Hochschule Fresenius in Köln und der Masterstudiengang Auditing and Taxation der Hochschule Pforzheim. Daneben erlaubt § 13b WPO eine Anrechnung einzelner Prüfungsleistungen im Rahmen einer Hochschulausbildung, wenn die Gleichwertigkeit der Prüfungsleistung in Inhalt, Form und Umfang mit den in § 4 WPO aufgeführten Anforderungen im Zulassungsverfahren durch die Prüfungsstelle festgestellt wird. Die deutlich größere Zahl der aktuell von der WPK akkreditierten Studiengänge nach § 13 b WPO ist hier[3] gelistet.

Um eine gewisse Transparenz hinsichtlich des umfangreichen Examensstoffes zu schaffen, hat der IDW/WPK-Arbeitskreis Reform des Wirtschaftsprüfungsexamens in einer Veröffentlichung eine inhaltliche Konkretisierung der Prüfungsgebiete vorgenommen. Diese ist als Empfehlung für alle am Wirtschaftsprüferexamen und an der Wirtschaftsprüferausbildung Beteiligten zu verstehen.[4]

Aufgrund des hohen qualitativen und quantitativen Umfangs der Prüfung sind die Durchfallquoten hoch. 2008 haben 36,0 % bzw. 21,2 % bei den beiden Prüfungsterminen die Vollprüfung ohne Ergänzungsprüfung bestanden. Bei Bewerbern mit bestandenem Steuerberaterexamen haben 48,8 % bzw. 47,4 % die Prüfung ohne Ergänzungsprüfung bestanden.[5]

Arbeitsrechtlicher Status

Nach § 45 S. 1 WPO sollen Wirtschaftsprüfer als Angestellte von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Rechtsstellung von Prokuristen haben. 2007 wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordung hinzugefügt, dass angestellte Wirtschaftsprüfer als leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes gelten.[6]

Der Status des leitenden Angestellten bei angestellten Wirtschaftsprüfern bedeutet, dass für den angestellten Wirtschaftsprüfer diverse Arbeitnehmerrechte (wie z. B. das Arbeitszeitgesetz, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, aktives und passives Wahlrecht bei Betriebsratswahlen) nicht mehr gelten.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 29. Juni 2011, 7 ABR 15/10, entschieden, dass § 45 Satz 2 WPO i. V. m. § 45 Satz 1 WPO verfassungskonform einschränkend so zu verstehen ist, dass die Bereichsausnahme von der Betriebsverfassung nur für angestellte Wirtschaftsprüfer mit Prokura gilt.

Die Gremien der Wirtschaftsprüferkammer haben die Streichung des § 45 Satz 2 WPO (angestellte WP/vBP als leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG) vorgeschlagen. Dem Bundeswirtschaftsministerium wurde dieser Vorschlag im Rahmen der WPO-Änderungsvorschläge mit Schreiben vom 21. März 2012 übermittelt (vgl. WPK-Magazin 2/2012, S. 17 und S. 18, abrufbar auf www.wpk.de).

Wirtschaftsprüfer in den Vereinigten Staaten

Siehe auch

Literatur

  • Reinhard Goerdeler: Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und die gesetzliche Abschlußprüfung in den Ländern der EWG. In: Die Wirtschaftsprüfung 28 (1975), S. 402–410.
  • Harald Helmschrott, Claus Buhleier: Der Beruf des Wirtschaftsprüfers. Tätigkeit, Bewerbung und Berufseinstieg. 1. Auflage. R. Oldenbourg Verlag, München/Wien 1998, ISBN 3-486-24743-3.
  • Anja Bierwirth, Heinz Dennenwaldt u. a.: Berufsstart Steuern & WP (= Praxis Konkret). 1. Auflage. DSV Studenten Verlag, St. Gallen 1999, ISBN 3-905440-38-5 (Vertrieb: Forum Verlag, Konstanz).
  • Volker Mayer[7]: Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen (Reihe), Wirtschaftsrecht Band 1: Rechtsgeschäftslehre Schuldverhältnisse Handelsgeschäfte. 1. Auflage. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-17-030513-7.
  • Volker Mayer[8]: Wirtschaftsrecht Band 2: Sachenrecht Insolvenzrecht Internationales Privatrecht. 1. Auflage. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-030709-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c IDW (Hrsg.): 75 Jahre Wirtschaftsprüfer im IDW – Gemeinsam denken, gemeinsam gestalten, gemeinsam verantworten. IDW-Verlag, November 2007, ISBN 978-3-8021-1318-5.
  2. http://www.wpk.de/examen/8a-studiengaenge.asp
  3. http://www.wpk.de/examen/13b-studiengaenge.asp
  4. http://www.wpk.de/pdf/IDW-WPK_Konkretisierung_Pruefungsgebiete_Paragraf_4_WiPrPruefV.pdf
  5. http://www.wpk.de/examen/ergebnisse.asp
  6. Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordung (BGBl. 2007 I S. 2178)
  7. http://www.kohlhammer.de/wms/instances/KOB/appDE/nav_product.php?product=WXX39
  8. http://www.kohlhammer.de/wms/instances/KOB/appDE/nav_product.php?product=WXX39