Zaman (Tageszeitung)

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Zaman

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Beschreibung Tageszeitung
Verlag Feza Gazetecilik A.Ş.
Erstausgabe 3. November 1986[1]
Einstellung 2016
Erscheinungsweise täglich
Verkaufte Auflage 895.262 Exemplare
(November 2014[2])
Chefredakteur Ekrem Dumanlı (2001-Oktober 2015)

Abdülhamit Bilici (Oktober 2015-März 2016)

Herausgeber Ali Akbulut
Weblink Türkei (Memento vom 15. März 2012 im Internet Archive)

Deutschland (Memento vom 21. September 2012 im Internet Archive)

Zaman (deutsch Zeit oder Zeitpunkt oder Zeitalter)[3] war eine 1986 gegründete, werteorientiert-konservativ[4] ausgerichtete Zeitung in der Türkei und bis kurz vor ihrer Schließung 2016 die auflagenstärkste Tageszeitung des Landes. Die Zaman hat eine eigenständige Ausgabe in Deutschland sowie in anderen europäischen Ländern. Landessprachliche Ausgaben erschienen in Aserbaidschan, Kasachstan, Bulgarien, Rumänien und den zentralasiatischen Ländern sowie in den Vereinigten Staaten.

Eng mit Zaman verbunden waren die Nachrichtenagentur Cihan und das Nachrichtenmagazin Aksiyon.[5] Zaman und Today’s Zaman waren die einzigen türkischen Zeitungen, die Mitglied des International Newspaper Color Quality Clubs waren.[6][7]

Geschichte

Gründungszeit

1986 gründeten von Fethullah Gülen beeinflusste Geschäftsleute die Zeitung. Verschiedene Intellektuelle, darunter Elif Şafak, Şahin Alpay und Etyen Mahçupyan, haben in der Zaman ihre Kolumnen veröffentlicht. Der Journalist Hüseyin Gökçe war von 1989 bis 1990 als Chefredakteur (Genel Yayın Müdürü) für die Zaman tätig.

Die Zeitung wurde von einem der Bewegung von Gülen zugeordneten Medienunternehmen herausgebracht. Er selbst verfasste eine Freitagskolumne, war aber laut Helen Rose Ebaugh darüber hinaus nie in finanzieller oder administrativer Hinsicht tätig.[8] Seit Dezember 2006 erschien Today’s Zaman als englischsprachige Schwesterzeitung.

Zaman wurde mit dem Medienpreis der Society for Newsdesign (SND) ausgezeichnet. Mit einer Auflage von etwa 954.335[9] Exemplaren (KW 51/2014), ein Teil davon Massenabonnements aus der staatlichen Verwaltung, war sie die Zeitung mit der höchsten Auflage in der Türkei.

Razzien und staatliche Kontrolle

Mitte Dezember 2014 wurde die Zaman einer Razzia der AKP-Regierung unter Davutoğlu ausgesetzt, die sich mit dem ehemaligen Verbündeten Gülen zerstritten hatte. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde dabei ein Journalist während einer Live-Übertragung festgenommen. Dabei handelte es sich um den Chefredakteur der Zeitung, Ekrem Dumanlı. Die Festnahme wurde sowohl von der Europäischen Union als auch von Journalistenverbänden stark kritisiert und sorgte für Aufsehen. Dumanlı wurde nach einem Verhör unter Auflagen wieder entlassen.

Anfang März 2016 bestimmte ein Istanbuler Gericht zwei Rechtsanwälte zu „Treuhändern“ von Zaman. Am 4. März 2016 stürmte die türkische Polizei das Redaktionsgebäude der Zeitung. Laut Berichten kam es dabei zum Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas.[10] Tatsächlich entschied dies nicht ein ordentliches Gericht, sondern sogenannte „Friedensrichter“. Erdoğan hat diese gegen Ende seiner Amtszeit als Ministerpräsident installiert; sie haben die Befugnis, „zur Herstellung der inneren Sicherheit“ Personen festzunehmen und Unternehmen unter staatliche Aufsicht zu stellen.[11] Nach der Übernahme durch einen staatlichen Verwalter gründeten Angehörige der Redaktion eine eigene Zeitung namens Yarına Bakış (Blick auf Morgen).[12]

Nach dem misslungenen Putsch wurde Ende Juli 2016 die Festnahme von 47 früheren Mitarbeitern der Zeitung Zaman verfügt.[13] Am 27. Juli 2016 wurden alle der Gülen-Bewegung nahestehenden Zeitungen (einschließlich Zaman und deren Nachfolger Yarına Bakış), Zeitschriften und Nachrichtenagenturen bei der Säuberungswelle nach dem Putschversuch durch eine Rechtsverordnung verboten und aufgelöst.[14]

Zaman in Westeuropa

Die Europa-Ausgabe (für Deutschland, die Niederlande, Belgien, Österreich, Frankreich und Spanien) wurde zunächst in Offenbach am Main, seit Januar 2013 in Berlin, durch die World Media Group AG erstellt und ist mit etwa 55.000 Abonnenten die größte der in Europa veröffentlichten türkischsprachigen Tageszeitungen. Die verkaufte Auflage in Deutschland lag im zweiten Quartal 2014 bei 22.583 Exemplaren.[15] Für Zaman sollen mehr als 120 Journalisten arbeiten. Jeden Donnerstag erschien in einer festen Rubrik eine Seite von Fethullah Gülen. Neben Erbauungstexten findet sich auch Politisches. Der Gülen-Text wurde komplett von der türkischen Zaman zugeliefert. Zaman in Deutschland war bis Ende 2012 ausschließlich im Abo zu beziehen. Seitdem wird die Zeitung auch täglich an vielen Bahnhöfen verkauft.[16]

Zaman Deutschland

Die Zentrale der Zaman-Deutschland befindet sich in Offenbach am Main. In einem großen Haus sitzt die Zaman dort gemeinsam mit dem Fernsehsender Samanyolu TV. Die Hauptredaktion der Zaman wurde allerdings Anfang Januar 2013 nach Berlin verlegt.[17]

Nachdem die Mutterredaktion im März 2016 von der türkischen Polizei gestürmt wurde, erklärte sich die deutsche Zaman-Redaktion für unabhängig. Die Mutterredaktion stehe nun unter staatlicher Kontrolle, und man wolle weiter die 14.000 Leser in Deutschland mit einer eigenen Ausgabe versorgen, sagte der deutsche Chefredakteur.[18] Die Deutschland-Ausgabe der Zaman könne in der Türkei geschriebene Artikel nicht mehr verwenden, weil davon auszugehen sei, dass es keine unabhängige Berichterstattung mehr gebe, sagte ein Redaktionsmitglied. Die Berlin-Redaktion sei von der Nachrichtenversorgung aus Istanbul abgeschnitten und der Zugang zu Texten und Bildern gekappt worden.

Auf der Titelseite informiert die Redaktion ihre Leser, dass Zaman Deutschland die Arbeit fortsetze. Die Zeitung gehört zur Worldmedia Group mit Sitz in Offenbach am Main. Die Deutschland-Ausgabe hatte rund 19.000 Digital- und 14.000 Print-Abonnenten.[19]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. zaman.com.tr (Memento vom 2. Dezember 2011 im Internet Archive)
  2. İstanbul, Kasım 2014 Tiraj Raporu. bik.gov.tr, abgerufen am 24. Februar 2015 (türkisch, Auflagezahlen türkischer Zeitungen im November 2014). Monatliche Auflagezahlen türkischer Zeitungen vom Türkischen Statistikamt (online auf: bik.gov.tr)
  3. http://de.pons.com/übersetzung?q=Zaman&l=detr&in=tr&lf=tr
  4. Madeleine Reckmann: Türkische Zeitung: In die Hauptstadt. fr-online.de, 13. Februar 2013, abgerufen am 24. Februar 2015.
  5. Türkische Polizei dringt in Redaktion der Zeitung „Zaman“ ein. In: Der Standard, 4. März 2016.
  6. Members of the International Newspaper Color Quality Club 2012–2014. (PDF) wan-ifra.org, 30. Mai 2012, abgerufen am 24. Februar 2015.
  7. wan-ifra.org
  8. Helen Rose Ebaugh: Die Gülen-Bewegung. Eine empirische Studie. Freiburg 2012, S. 159 ff.
  9. İstanbul, Kasım 2014 Tiraj Raporu. bik.gov.tr, abgerufen am 24. Februar 2015 (türkisch, Auflagezahlen türkischer Zeitungen im November 2014). Monatliche Auflagezahlen türkischer Zeitungen vom Türkischen Statistikamt (online auf: bik.gov.tr)
  10. MDR-Bericht vom 5. März 2016: Polizei stürmt „Zaman“-Redaktion
  11. FAZ.net 4. März 2016: Wie Erdogan die freie Presse mundtot macht
  12. Kemal Hür: Deutsche Ausgabe von „Zaman“: Weiter gegen Erdoğan. In: die tageszeitung, 10. März  2016, abgerufen am 27. Juli 2016.
  13. Son dakika haberi: Büyük operasyon. Aralarında yazarlar da var! In: Hürriyet vom 27. Juli 2016.
  14. Taraf ve Zaman'ın yanı sıra 16 televizyon kanalı da kapatıldı. CNN Türk, abgerufen am 28. Juli 2016.
  15. Laut IVW (Details auf ivw.eu). Die Auflagenzahlen werden seitdem nicht mehr der IVW gemeldet.
  16. Volker Siefert: Gülen-Medien in Deutschland – Eine Zeitung als Sprachrohr. deutschlandfunk.de, 19. April 2014, abgerufen am 24. Februar 2015.
  17. dapd-bln: Türkische Zeitung „Zaman Avrupa“ will ein wenig deutscher werden. welt.de, 21. Januar 2013, abgerufen am 24. Februar 2015.
  18. Deutsche „Zaman“-Redaktion arbeitet unabhängig weiter. Abgerufen am 18. Juli 2016.
  19. http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2016/03/524335/zaman-redaktion-in-deutschland-will-unabhaengig-weiterarbeiten/