Ärzte der Welt

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deutsches Logo von Ärzte der Welt

Ärzte der Welt ist die Bezeichnung des seit 1999 bestehenden deutschen Zweiges der 1980 gegründeten international tätigen humanitären Hilfsorganisation Médecins du Monde (MdM). Die deutsche Bezeichnung wird darüber hinaus im deutschsprachigen Raum auch oft für die gesamte Organisation verwendet. In englischsprachigen Ländern ist der Name Doctors of the World verbreitet.

In Papua Neuguinea unterstützt Ärzte der Welt lokale Partner dabei, die Infrastruktur auszubauen, Gesundheitsstationen besser auszustatten, Schulungen zu finanzieren. Ziel des Projekts ist es, die Impfungsrate bei Kindern deutlich und nachhaltig zu erhöhen.

Aktivitäten und Selbstverständnis

Die Organisation sieht ihre Hauptaufgabe in der Unterstützung hilfsbedürftiger Bevölkerungsgruppen in Krisensituationen, wie zum Beispiel in Kriegsgebieten, nach Naturkatastrophen oder in durch Gewalt, Armut und Krankheit geprägten Regionen. Ein Schwerpunkt dabei ist die Hilfe zur Selbsthilfe als Teil der Prävention neuer Konflikte und Krisen. Die Dokumentation von Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts sowie die Information der Öffentlichkeit über derartige Vorfälle sieht die Organisation dabei ausdrücklich als wichtigen Teil ihrer Arbeit, entsprechend der Auffassung, dass es keinen dauerhaften Frieden ohne Gerechtigkeit geben könne. Insbesondere in diesem Punkt unterscheidet sich die Tätigkeit von MdM von der strikten Neutralität als zentralem Konzept der Arbeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ebenso wie von der gegenwärtigen Praxis des Wirkens von Médecins Sans Frontières, die im Vergleich zum früheren Vorgehen durch mehr Zurückhaltung in dieser Frage gekennzeichnet ist. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen, die nach der Gründung durch Kouchner anfangs ein ähnliches Konzept wie MdM verfolgte, ist aufgrund von Erfahrungen während der 1990er Jahre, vor allem während des Völkermordes in Ruanda 1994, zum Teil davon abgerückt.

Ärzte der Welt ist gemeinnützig sowie politisch und konfessionell unabhängig tätig. Sie finanziert ihre Arbeit zu etwa 65 Prozent aus privaten Spenden und zu rund 35 Prozent aus öffentlichen Zuwendungen. Einsätze werden in der Regel aus eigenen Mitteln vorfinanziert, parallel dazu bemüht sich MdM um eine Förderung durch staatliche, internationale oder private Einrichtungen. Die Organisation unterscheidet ihre Projekte in

  • Einsätze zur Soforthilfe mit einem Beginn innerhalb von 24 bis 72 Stunden nach Beginn einer Krise und einer Dauer von einigen Wochen
  • Wiederaufbau- und Rehabilitationsprojekte mit einem Schwerpunkt auf Rehabilitation, psychosozialer Betreuung sowie Versorgung von Frauen und Kindern und einer Einsatzdauer von sechs Monaten bis zu zwei Jahren
  • Entwicklungsprojekte vor allem in strukturschwachen Regionen zur Etablierung von nachhaltigen Gesundheitsstrukturen und einer Projektdauer von ein bis drei Jahren

Die derzeitigen Schwerpunkte der Arbeit sind der Kampf gegen die Immunschwächekrankheit AIDS, die Hilfe für Flüchtlinge sowie die Überwachung der Auswirkungen der Globalisierung auf den Zugang zu Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge.

Neben Einsätzen zur Soforthilfe in Krisensituationen sowie Wiederaufbau- und Entwicklungsprojekten sind die nationalen MdM-Delegationen darüber hinaus auch in ihren jeweiligen Heimatländern aktiv. In Deutschland sind dieses ein Projekt in München mit dem Namen open.med zur medizinischen Hilfe für Menschen ohne Versicherungsschutz und das Projekt MedMobil in Stuttgart. In Hamburg beteiligt sich Ärzte der Welt seit Dezember 2014 an dem Projekt "Migrantenmedizin westend"[1]. Die französische Delegation betreut unter anderem obdachlose Menschen in Paris.

Geschichte

Bernard Kouchner während eines Vortrages im Mai 2006

Médecins du Monde wurde am 7. März 1980 durch den französischen Arzt und Politiker Bernard Kouchner und 14 weitere Ärzte gegründet. Kouchner war bereits 1971 an der Gründung der Organisation Médecins Sans Frontières (MSF) wesentlich beteiligt, die im deutschsprachigen Raum auch als Ärzte ohne Grenzen bekannt ist. Ab 1977 kam es jedoch zunehmend zu Differenzen zwischen ihm und der Führung von MSF. Dies betraf vor allem die Frage, wie Hilfskräfte mit Verstößen gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht umgehen sollten, deren Zeuge sie im Rahmen ihrer Einsätze wurden. Die endgültige Trennung zwischen MSF und Kouchner erfolgte 1980 als Folge eines Hilfseinsatzes Kouchners für vietnamesische Bootsflüchtlinge. Obwohl der Einsatz letztlich erfolgreich war, wurde er von der Mehrheit der MSF-Mitglieder nicht unterstützt. Kouchner entschloss sich daraufhin, mit Médecins du Monde eine neue Organisation zu gründen, und war von 1980 bis 1982 deren erster Präsident.

Im November 1987 übernahm Médecins du Monde ein von Richard Rossin entworfenes Logo. Es zeigt, in weiß auf blauem Untergrund, eine Taube, die in Form eines Kreuzes gezeichnet symbolisch sowohl für Frieden als auch für medizinische Hilfe steht. Ein Kreis um die Taube symbolisiert die Welt, ein Zweig mit fünf Blättern in ihrem Schnabel die fünf Kontinente. Umgeben ist das Logo vom kreisförmig verlaufenden Schriftzug „MEDECINS DU MONDE“. Im Jahr 1989 entstand mit der Gründung der zweiten Delegation in Spanien das internationale Netzwerk von MdM, ein Jahr später wurde unter der Bezeichnung Doctors of the World in den USA die erste außereuropäische Delegation gegründet. 1999 entstand der deutsche Zweig Ärzte der Welt als eingetragener Verein.

Struktur und Organisation

Organisatorisch gliedert sich das internationale Netzwerk von MdM in zwölf Delegationen in Frankreich (seit 1980), Spanien (seit 1989), Griechenland und den USA (seit 1990), Italien und der Schweiz (seit 1993), Schweden (seit 1994), Zypern (seit 1995), Argentinien (seit 1998), Belgien, Kanada und Portugal (seit 1999), sowie vier Büros in Deutschland, Großbritannien, Japan und den Niederlanden. Der Hauptsitz befindet sich in Paris. Die Delegationen und Büros werden durch das internationale Sekretariat geleitet und unterstützt, das die Beschlüsse des Vorstandes (Executive Board) umsetzt. Führungsgremium des internationalen Netzwerkes ist das International Executive Committee, das aus vier Präsidenten besteht. Diese werden für die Dauer von jeweils zwei Jahren vom International Board of Directors gewählt, das aus den Vorsitzenden der zwölf Delegationen besteht.

Die Organisation war bisher in rund 300 Projekten in 88 Ländern tätig. MdM hat Beobachter- oder Beraterstatus in einer Reihe von UN-Institutionen und anderen internationalen Organisationen wie dem UN-Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC), beim Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), im UN-Büro für Humanitäre Angelegenheiten (OCHA), bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), beim Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) sowie beim Europarat.

Die Projekte von Ärzte der Welt basieren auf der Unterstützung durch ehrenamtliche Helfern. Fast 8.000 Mitwirkende weltweit, davon über die Hälfte ehrenamtlich tätig, unterstützen die Arbeit von Ärzte der Welt. Die Organisation entsendet jährlich über 300 internationale Mitarbeiter in Auslandsprojekte, wo sie mit derzeit rund 2.500 nationalen Kollegen zusammenarbeiten. Die Einnahmen der deutschen Sektion von Ärzte der Welt betrugen im Jahr 2011 rund 1,7 Millionen Euro. Dem standen Ausgaben in ungefähr derselben Höhe gegenüber, mit einem Anteil von rund 8,2 Prozent Werbe- und Verwaltungskosten.

Der Verein ist Unterzeichner der Initiative Transparente Zivilgesellschaft.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Migrantenmedizin baut Sprechstunde aus. In: Hamburger Abendblatt, 27. November 2014. Abgerufen am 18. April 2015.
  2. www.transparency.de, abgerufen am 4. März 2014