„Jugendkriminalität“ – Versionsunterschied

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== Kontroversen um das Jugendstrafrecht ==
== Kontroversen um das Jugendstrafrecht ==
Immer wieder gibt es politische Debatten um eine Verschärfung des [[Jugendstrafrecht]]s meist infolge medialer Darstellung von Einzelfällen. So forderte im Januar 2008 [[Roland Koch]] in einem Interview mit der Bildzeitung <ref>http://www.bild.t-online.de/BILD/news/politik/2007/12/28/koch-roland/interview-deutschland-faust, geo=3361148.html</ref> ''„Verurteilte Täter zwischen 18 und 21 Jahren dürfen nicht vor allem mit Verständnispädagogik behandelt werden und regelmäßig offenen Vollzug bekommen“''. Der Vorsitzende des [[Deutscher Richterbund|Deutschen Richterbundes]] Christoph Frank, nannte solche Debatten „überflüssig“. ''„Die Diskussion gaukelt den Menschen Zusammenhänge vor, die es nicht gibt. Die Formel härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch. Die Politik würde hier erneut der Versuchung unterliegen, Fragen des Strafrechts für plakative Botschaften zu missbrauchen. Das Thema sei aber zu ernst, um vor Wahlen immer wieder instrumentalisiert zu werden“''. Ähnlich äußerte sich auch der [[Deutscher Anwaltverein|Deutsche Anwaltsverein]]: ''„Solche Patentrezepte ganz kurz vor Wahlen zu äußern, fördere die Glaubwürdigkeit von Politik nicht gerade“''.<ref>[http://www.tagesschau.de/inland/jugendgewalt12.html Tagesschau: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht „Überflüssig, unglaubwürdig und populistisch“] </ref> Die Union fordert dagegen in der „Wiesbadener Erklärung“ einen „Warnschussarrest“, die Anhebung der Höchststrafe für Jugendkriminalität von zehn auf 15 Jahren, die konsequente Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei allen Tätern über 18 Jahre und eine schnellere [[Abschiebung (Recht)|Abschiebung]] von kriminellen ausländischen Jugendlichen. <ref>[http://www.tagesschau.de/inland/cduwiesbaden4.html Tagesschau: CDU zieht mit Jugendstrafrecht in den Wahlkampf] </ref> Dagegen verweist die SPD darauf, dass ein [[Jugendarrest|Warnschussarrest]] bereits möglich sei und fordert eine Beschleunigung der Strafverfahren. <ref> [http://www.tagesschau.de/inland/spd108.html Tagesschau: SPD will jugendliche Straftäter schneller aburteilen] </ref>
Immer wieder gibt es politische Debatten um eine Verschärfung des [[Jugendstrafrecht]]s meist infolge medialer Darstellung von Einzelfällen. So forderte im Januar 2008 [[Roland Koch]] in einem Interview mit der Bildzeitung <ref>http://www.bild.t-online.de/BILD/news/politik/2007/12/28/koch-roland/interview-deutschland-faust, geo=3361148.html</ref> ''„Verurteilte Täter zwischen 18 und 21 Jahren dürfen nicht vor allem mit Verständnispädagogik behandelt werden und regelmäßig offenen Vollzug bekommen“''. Der Vorsitzende des [[Deutscher Richterbund|Deutschen Richterbundes]] Christoph Frank, nannte solche Debatten „überflüssig“. ''„Die Diskussion gaukelt den Menschen Zusammenhänge vor, die es nicht gibt. Die Formel härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch. Die Politik würde hier erneut der Versuchung unterliegen, Fragen des Strafrechts für plakative Botschaften zu missbrauchen. Das Thema sei aber zu ernst, um vor Wahlen immer wieder instrumentalisiert zu werden“''. Ähnlich äußerte sich auch der [[Deutscher Anwaltverein|Deutsche Anwaltsverein]]: ''„Solche Patentrezepte ganz kurz vor Wahlen zu äußern, fördere die Glaubwürdigkeit von Politik nicht gerade“''.<ref>[http://www.tagesschau.de/inland/jugendgewalt12.html Tagesschau: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht „Überflüssig, unglaubwürdig und populistisch“] </ref> Die Union fordert dagegen in der „Wiesbadener Erklärung“ einen „Warnschussarrest“, die Anhebung der Höchststrafe für Jugendkriminalität von zehn auf 15 Jahren, die konsequente Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei allen Tätern über 18 Jahre und eine schnellere [[Abschiebung (Recht)|Abschiebung]] von kriminellen ausländischen Jugendlichen. <ref>[http://www.tagesschau.de/inland/cduwiesbaden4.html Tagesschau: CDU zieht mit Jugendstrafrecht in den Wahlkampf] </ref> Dagegen verweist die SPD darauf, dass ein [[Jugendarrest|Warnschussarrest]] bereits möglich sei und fordert eine Beschleunigung der Strafverfahren und eine Aufstockung des Personals, damit Wiederholungstäter innerhalb eines Monats angeklagt und verurteilt werden können. <ref> [http://www.tagesschau.de/inland/spd108.html Tagesschau: SPD will jugendliche Straftäter schneller aburteilen] </ref><ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,527068,00.html Spiegel Online: SPD paddelt im Koch-Strudel] </ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 7. Januar 2008, 21:39 Uhr

Graffiti an einer Bushaltestelle

In Deutschland werden alle Straftaten von registrierten Tatverdächtigen im Altersbereich von 8 bis 21 Jahren polizeilich unter dem Begriff Jugendkriminalität subsumiert. Ausgenommen hiervon sind Übertretungen im Bereich der Ordnungswidrigkeiten.

Definition

Diese Erklärung des Begriffs Jugendkriminalität ist weit gefasst. Bei genauer Betrachtung dieser Definition zeigt sich, dass außerdem die Kinder- und Heranwachsendenkriminalität gemeint sind. Im deutschen Jugendstrafrecht werden Personen unter 14 Jahren (Alter zur Tatzeit) wegen Strafunmündigkeit strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen. Personen zwischen dem 18. und einschließlich 20. Lebensjahr (sog. Heranwachsende) können sowohl unter das Erwachsenenstrafrecht, als auch unter das Jugendstrafrecht fallen. Nach dem Jugendgerichtsgesetz und nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz werden nur Personen von 14 bis unter 18 Jahre rechtlich als Jugendliche eingestuft. Ferner ist die polizeiliche Kriminalstatistik eine Hellfeld- und Tatverdächtigenstatistik. Tatverdächtig ist jede Person, die infolge einer polizeilichen Ermittlung hinreichend verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben. In Deutschland ist eine Person erst nach einem rechtskräftigen Richterspruch der Tat überführt. Genau genommen kann deshalb erst nach Verurteilung des Tatverdächtigen (Verurteiltenstatistik) von Kriminalität, welche durch einen Jugendlichen begangen wurde, gesprochen werden.

Jugendspezifische Delikte

Im Bereich der polizeilich erfassten Straftaten fallen hierunter Diebstahlsdelikte, speziell Ladendiebstähle, Fahrrad- und Kraftraddiebstähle, Raubdelikte wie der Handtaschenraub, Körperverletzungsdelikte, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und Sachbeschädigungen (wie Graffiti). Bei den Deliktsbereichen Beleidigung, Urheberrechtsverletzungen und Ladendiebstahl kann man von einem hohen Dunkelfeld ausgehen. Von 10 Ladendiebstählen werden nach Ergebnissen der Dunkelfeldforschung 9 nicht entdeckt.

Phänomenologie

Die Kriminologie untersucht Entstehungs- und Erscheinungsformen der Jugendkriminalität. Nach dem aktuellem Wissensstand wird nicht davon ausgegangen, dass nur eine Ursache bzw. wenige Faktoren zur Straffälligkeit Jugendlicher führen. Kriminogene Faktoren, die ursächlich für Jugendkriminalität sind, liegen in einer Störung des Sozialverhaltens sowie der Persönlichkeit des Betroffenen, seinem sozialen Umfeld (Schwierigkeiten in der Familie, Schule oder Gruppenzwang), Leistungsdruck, fehlender Frustrationstoleranz, Neugierverhalten der Jugendlichen und/oder schlechten Zukunftsperspektiven. Eine Rolle spielt sicherlich das Zusammentreffen von vielen sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren. [1]

Ausmaß der Jugendkriminalität

Im Jahr 2006 wurden 100.487 Kinder, 278.447 Jugendliche und 241.824 Heranwachsende in Deutschland als Tatverdächtige ermittelt (siehe Bild).

Bild: Jugendkriminalität in Deutschland

Das genaue Ausmaß der Jugendkriminalität lässt sich Anhand von Statistiken (Polizeiliche Kriminalstatistik, Verurteiltenstatistik usw.) jedoch nicht ermitteln. Diese sind in Deutschland, wegen unterschiedlicher Erfassungszeiträume/-daten und anderen Einflussfaktoren, nicht vergleichbar. Die Wissenschaft bedient sich deshalb weiterer Methoden, um Aussagen zum Ausmaß der Jugendkriminalität zu machen. Sogenannte Dunkelfeldstudien (empirische Täter- und Opferbefragungen) ergänzen das offizielle Hellfeld. Sie versetzten die Wissenschaft in die Lage präzisere Aussagen zum Ausmaß der Jugendkriminalität treffen zu können.

Episodenhaftigkeit von Jugendkriminalität

Sachbeschädigung

Für Jugendliche ist der Anpassungsprozess in die Gesellschaft nicht selten konfliktbehaftet. Dazu gehören auch Verstöße gegen die Rechtsnorm.

Jugendkriminalität ist im statistischen Sinne „normal“. Über 80 Prozent aller Befragten und „im Schnitt über 90 Prozent der mit Befragungen erfassbaren Jungen und jungen Männer geben an, mindestens einmal in ihrem seitherigen Leben, regelmäßig jedoch wiederholt, Handlungen begangen zu haben, die juristisch unter eine Strafnorm des Strafgesetzbuchs oder eines Gesetzes aus dem sog. Nebenstrafrecht subsumiert werden könnten.“ Referenzfehler: Ungültiger Parameter in <ref>.

Jugendkriminalität verläuft jedoch vorwiegend episodenhaft begrenzt auf einen Lebensabschnitt. Die meisten straffällig gewordenen Jugendlichen beginnen keine kriminelle Karriere. Das bedeutet nicht unbedingt, dass Jugendliche als Erwachsene keine Straftaten mehr begehen. Es ändert sich ihre Motivation und die Deliktarten.

Mehrfach- bzw. Intensivtäter

Ein kleiner Teil (rund 3 bis 6 Prozent) der jugendlichen Tatverdächtigen fällt durch wiederholte Begehung von Straftaten auf. Jungen gehören öfter zu der Gruppe der „mehrfach Auffallenden“ jugendlichen Tatverdächtigen als Mädchen. Diese kleine Gruppe von Mehrfach- bzw. Intensivtätern begeht nach Untersuchungen der Landeskriminalämter darüber hinaus zwischen 30 und 60 % der für die Altersgruppe bekannt gewordenen Straftaten.

Jugendliche mit Migrationshintergrund

2005 waren 22,5 Prozent aller Tatverdächtigen keine Deutschen. Der Anteil von nichtdeutschen Jugendlichen an den Tatverdächtigen sank in den Jahren 1996 bis 2006 von 25,8 auf 17,5 Prozent. Nicht gesondert erfasst werden in der polizeilichen Kriminalstatistik Jugendliche mit Migrationshintergrund und deutschem Pass, wie z.B. Spätaussiedler. Ursachen für die Kriminalität bei jugendlichen Migranten sind, neben den bereits angeführten kriminogenen Faktoren, häufig innerfamiliäre Gewalterfahrungen und fehlende Schulabschlüsse. [2] Negativ wirken sich auch unterschiedliche Vorstellungen von Männlichkeit und Ehre sowie ein unsicherer Aufenthaltsstatus aus.[3]

Kontroversen um das Jugendstrafrecht

Immer wieder gibt es politische Debatten um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts meist infolge medialer Darstellung von Einzelfällen. So forderte im Januar 2008 Roland Koch in einem Interview mit der Bildzeitung [4] „Verurteilte Täter zwischen 18 und 21 Jahren dürfen nicht vor allem mit Verständnispädagogik behandelt werden und regelmäßig offenen Vollzug bekommen“. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes Christoph Frank, nannte solche Debatten „überflüssig“. „Die Diskussion gaukelt den Menschen Zusammenhänge vor, die es nicht gibt. Die Formel härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch. Die Politik würde hier erneut der Versuchung unterliegen, Fragen des Strafrechts für plakative Botschaften zu missbrauchen. Das Thema sei aber zu ernst, um vor Wahlen immer wieder instrumentalisiert zu werden“. Ähnlich äußerte sich auch der Deutsche Anwaltsverein: „Solche Patentrezepte ganz kurz vor Wahlen zu äußern, fördere die Glaubwürdigkeit von Politik nicht gerade“.[5] Die Union fordert dagegen in der „Wiesbadener Erklärung“ einen „Warnschussarrest“, die Anhebung der Höchststrafe für Jugendkriminalität von zehn auf 15 Jahren, die konsequente Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei allen Tätern über 18 Jahre und eine schnellere Abschiebung von kriminellen ausländischen Jugendlichen. [6] Dagegen verweist die SPD darauf, dass ein Warnschussarrest bereits möglich sei und fordert eine Beschleunigung der Strafverfahren und eine Aufstockung des Personals, damit Wiederholungstäter innerhalb eines Monats angeklagt und verurteilt werden können. [7][8]

Siehe auch

Quellen

  1. Broschüre Jugendkriminalität (PDF)
  2. Tagesschau: Debatte über Jugendgewalt – „Härtere Strafen ändern nichts“
  3. Sind ausländische Jugendliche wirklich gewalttätiger?
  4. http://www.bild.t-online.de/BILD/news/politik/2007/12/28/koch-roland/interview-deutschland-faust, geo=3361148.html
  5. Tagesschau: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht „Überflüssig, unglaubwürdig und populistisch“
  6. Tagesschau: CDU zieht mit Jugendstrafrecht in den Wahlkampf
  7. Tagesschau: SPD will jugendliche Straftäter schneller aburteilen
  8. Spiegel Online: SPD paddelt im Koch-Strudel

Literatur

  • Landeskriminalamt NRW, Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS): Jugendkriminalität in Nordrhein-Westfalen, 9. Auflage, 2003
  • Hans-Dieter Schwind, Kriminologie, 13. Auflage Heidelberg 2003, ISBN 3-78320-003-2
  • Michael Walter, Jugendkriminalität, 3. Auflage 2005, ISBN 3-415-03513-1
  • Weißer Ring, Jugendkriminalität wir diskutieren, 7. Auflage, 1997

Weblinks