„Desertifikation“ – Versionsunterschied

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[[Bild:Aralship2.jpg|thumb|Ausgetrockneter [[Aralsee]]]]
'''Desertifikation''' oder '''fortschreitende Wüstenbildung''' bezeichnet die Verschlechterung des [[Boden (Bodenkunde)|Bodens]] in relativ trockenen ([[Arides Klima|ariden]], [[Semiarides Klima|semiariden]] und [[Trocken subhumides Klima|trocken sub-humiden]]) Gebieten, die durch unterschiedliche Faktoren einschließlich [[Globale Erwärmung|Klimawandel]] und menschlicher Aktivitäten herbeigeführt wird.<ref>[http://www.unep.org/dec/onlinemanual/Resources/Glossary/tabid/69/Default.aspx?letter=D Definition nach UNCCD]; auf der Homepage des UN-Umweltprogrammes, abgerufen am 29. Dezember 2007</ref> Diese [[Bodendegradation]] bewirkt die Ausbreitung bzw. Entstehung von [[Wüste]]n oder wüstenähnlichen Verhältnissen. Die meist vorgelagerte Entwicklungsstufe der [[Steppe]]nbildung wird als [[Versteppung]] bezeichnet.


Der Begriff stammt vom lateinischen ''desertus facere'' ab, was übersetzt „wüst machen“ oder auch „verwüsten“ bedeutet. Dabei steht der Begriff im Deutschen meist für die Wüstenbildung [[anthropogen]]en Ursprungs im Gegensatz zur natürlichen Wüstenbildung. Voraussetzung hierfür ist der Eingriff des Menschen in das jeweilige [[Ökosystem]].
tut tut tut

== Ursachen ==
[[Bild:Erosion Lesotho.jpg|thumb|Erosion, hier in [[Lesotho]], bedingt vielerorts die Wüstenbildung]]
[[Bild:Klimate-humidität.png|thumb|Gebiete arider und teilarider Klimata sind von wüstenbildenden Prozessen am stärksten betroffen.]]

Desertifikation kann durch [[Deflation_(Geomorphologie)|Deflation]] (Windböen), [[Denudation]] (Wasser), [[Versalzung]] und Skelettierung fortschreiten. Die wesentlichen Ursachen der Desertifikation beruhen auf menschlichen Handlungen, die Desertifikation ist also [[anthropogen]]. Daneben spielen aber auch natürliche Schwankungen der [[Niederschlag]]smengen eine Rolle, indem durch [[Dürre]]perioden ein Desertifikationsprozess ausgelöst oder verstärkt werden kann.

In Folge der Dürre – und damit verbunden der Hungerkatastrophe in der afrikanischen [[Sahelzone]] – gewann Anfang der 1970er Jahre das Problem der Desertifikation immer stärker an Bedeutung. In der 1977 im kenianischen [[Nairobi]] erstmals abgehaltenen „United Nations Conference on Desertification ([[UNCOD]])“ kam man zur Übereinkunft, dass die menschliche Degradierung der biologischen Grundlagen durch folgende anthropogene Eingriffe in die Natur geschieht:
* [[Überweidung]]
* [[Übernutzung]]
* [[Abholzung]]
* falsche [[Bewässerung]]smethoden

Der häufigste Eingriff des Menschen in den Naturhaushalt der Trockengebiete besteht in der Überweidung, das heißt, der [[Vieh]]bestand pro Fläche ist unter den gegebenen trockenen klimatischen Verhältnissen zu groß. Durch das Weiden wird deshalb die Pflanzendecke immer schütterer und der Boden wird aufgelockert. Die Folge ist eine zunehmende [[Bodenerosion|Erosion]], wodurch dem Pflanzenwuchs die Basis noch weiter entzogen wird.

An zweiter Stelle ist eine unangepasste ackerbauliche Nutzung zu nennen. Verkürzte [[Brache]]zeiten, fehlerhafte Bewässerungstechniken, die Erosion begünstigendes Pflügen auf geneigten Flächen in Hangneigung und ungeeignete Pflanzen sind Ursachen von Bodenveränderungen, die zu geringerem Bewuchs und damit stärkerer Erosion führen. Durch chemische Stoffe wie Dünger oder [[Pestizide]] und maschinelle Verdichtung wird das Bodenleben beeinträchtigt, was bis zur Ausrottung von [[Regenwürmer]]n führen kann.

Schließlich ist auch die [[Entwaldung]] in Trockengebieten als wichtige Ursache der Desertifikation zu nennen. Die Gewinnung von Ackerland und der Bedarf an Brenn- und Bauholz haben in vielen ariden Gebieten der Erde den Baumbestand dramatisch reduziert, insbesondere in vielen dichtbesiedelten Regionen Afrikas, in denen Holz auch heute noch den wichtigsten Energieträger darstellt.

Die Bekämpfung der Desertifikation gestaltet sich jedoch äußerst komplex. Übernutzung und Klimavariationen können identische Auswirkungen haben und in Rückkopplungen verbunden sein, was es sehr schwierig macht, die Ursachen für ein Vorrücken der Wüste zu identifizieren, und geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen. Hier kommt der Erforschung der Vergangenheit ([[historische Desertifikation]]) eine besondere Rolle zu, da sie eine bessere Unterscheidung zwischen natürlichen und anthropogenen Faktoren ermöglicht. Neuere Forschungsergebnisse zur historischen Desertifikation in [[Jordanien]] lassen es dabei fraglich erscheinen, ob die aktuellen Maßnahmen zum Schutz der Vegetation und der Böden unter fortschreitendem Klimawandel zum Erfolg führen können, und ob der Einfluss des Menschen nicht deutlich überschätzt wurde. Fortschreitende Erwärmung könnte z.B. zum Absterben aufgeforsteter Wälder führen.

== Folgen ==

Nach Schätzungen des [[Millennium Ecosystem Assessment]] der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] sind weit über eine Milliarde Menschen und etwa ein Drittel aller [[landwirtschaft]]lich nutzbaren Flächen der [[Erde]] von Bodendegradation und damit potenziell auch von Desertifikation betroffen. Dies gilt insbesondere für weite Teile Nordafrikas im Bereich der [[Sahelzone]], für [[Südafrika]], [[Zentralasien|Zentral]]- und [[Südasien]], [[Australien (Kontinent)|Australien]], Teile [[Nordamerika|Nord]]- und [[Südamerika]]s sowie [[Südeuropa]].

Die Folgen der Desertifikation sind aus [[Ökologie|ökologischer]] wie [[Ökonomie|ökonomischer]] Hinsicht tiefgreifend und dabei fast durchweg negativ. Die land- und insbesondere forstwirtschaftliche Produktivität, [[Artenvielfalt]] und auch die Individuenzahl nehmen markant ab, was gerade in ärmeren Ländern aufgrund der dort großen Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen sowie durch die meist geringen Reserven und Ausweichmöglichkeiten schwerwiegende Folgen haben kann. Desertifikation verringert die Verfügbarkeit von elementaren [[Ökosystem-Dienstleistungen]] und gefährdet die [[menschliche Sicherheit]]. Sie stellt daher ein wichtiges Entwicklungshindernis dar, weshalb die Vereinten Nationen das Jahr 2006 zum [[Internationales Jahr der Wüsten und Wüstenbildung|Internationalen Jahr der Wüsten und Wüstenbildung]] proklamiert haben.

== Gegenmaßnahmen ==
[[Bild:Senegal reforestation.jpg|thumb|Wiederaufforstungsprojekt in [[Senegal]], um die Desertifikation aufzuhalten]]

Eine wirksame Gegenstrategie zur Desertifikation lässt sich im Regelfall nur durch ein Maßnahmenpaket mit sowohl forst- und landwirtschaftlichen wie auch sozialen und politischen Aspekten umsetzen. So lassen sich beispielsweise [[Wiederaufforstung]]sprojekte zusammen mit der Anlage von Waldschutzstreifen nur dann dauerhaft umsetzen, wenn in der lokalen Bevölkerung einerseits ein Problembewusstsein und andererseits eine Alternative zum Feuerholz existiert. Dabei sind auch Fragen des lokalen [[Bevölkerungswachstum]]s und der [[Verstädterung]] entscheidend, da sie derartige Alternativen oft unmöglich machen können.

Als Maßnahme gegen die Desertifikation werden oft Stein- oder Lehmwälle errichtet, um das geringe Aufkommen an Niederschlägen aufzustauen. Dabei reicht es aus, 30 bis 40 cm hohe Anlagen zu errichten. Gleichzeitig müssen in der Regel Bildungsmaßnahmen für die Bevölkerung hinsichtlich der Wartung der Dämme erfolgen, damit das Wasser, wie vor der Errichtung des Dammes, nicht unkontrolliert versickert. Auf den entstandenen Feldern können in der Folge Futterpflanzen, wie zum Beispiel [[Hirse]], angepflanzt werden.

Eine weitere Strategie gegen die Ausbreitung der Wüste könnte der Einsatz von sparsamen Öfen sein. Da sie deutlich weniger Brennholz benötigen, sinkt auch die Brennholzentnahme. Durch die leichte Bauweise dieser fortschrittlichen Geräte soll es den Anwohnern ermöglicht werden, selbst einen solchen Ofen zu bauen. Diese Methode stärkt die eigene Wirtschaft und reduziert die Entnahme von Holz.

Weiterhin ist es notwendig, auch die ökonomischen und politischen Probleme der betroffenen Länder zu lösen, um eine wirksame und langfristige Bekämpfung der Desertifikation zu erreichen. Ein in der Entwicklungszusammenarbeit häufig diskutierter und vielversprechender Ansatz sind [[Agroforstwirtschaft|agrarforstliche]] Maßnahmen. Dabei werden auf Ackerflächen Bäume gepflanzt. Diese bremsen einerseits die Erosionswirkung des Windes und andererseits mindern sie aufgrund ihrer Schattenwirkung die Verdunstungsverluste und steuern so der Austrocknung des Bodens entgegen.

== Siehe auch ==
*[[Afrikas Grüne Mauer im Sahel]]
*[[Chinas Grüne Mauer]]
*[[United Nations Convention to Combat Desertification|Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung]] (UNCCD)
*[[Etagenanbau (Regenwald)]]

==Literatur==
* {{Literatur|Autor=Helmut Geist|Jahr=2005|Titel=The Causes and Progression of Desertification|Verlag=Abingdon|Ort=Ashgate|ISBN=0754643239}}
* {{Literatur|Autor=Bernhard Lucke|Jahr=2007|Titel=Demise of the Decapolis. Past and Present Desertification in the Context of Soil Development, Land Use, and Climate|Verlag=Vdm Verlag Dr. Müller|ISBN=978-3639006131|Ort=Saarbrücken|Online=[http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:co1-opus-3431 PDF 143 MB online]|Kommentar=Kurzfassung deutsch und englisch}}
* {{Literatur|Autor=Horst G. Mensching|Titel=Desertifikation|Ort=Darmstadt|Verlag=Wissenschaftliche Buchgesellschaft|Jahr=März 1998|ISBN=3-53402-238-6}}
* {{Literatur|Herausgeber=[[Millennium Ecosystem Assessment]]|Jahr=2005|Titel= Ecossytems And Human Well-being: Desertification Synthesis Report of the Millennium Ecosystem... |Autor=Zafar Adeel|Verlag=World Resources Institute|Ort=Washington (DC)|ISBN=978-1569735909|Online=[http://www.millenniumassessment.org/documents/document.355.aspx.pdf 36 Seiten 3 MB PDF]}}
* {{Literatur|Herausgeber=Kayode Salau|Titel=Bildkorrekturen. Der Desertifikation auf der Spur|TitelErg=Wie der Entwicklung der Boden entzogen wird|Verlag=Internationale Weiterbildung und Entwicklung (InWEnt)|Ort=Bonn|Jahr=Dezember 2005|ISBN=3-93723-595-7}}
* {{Literatur|Herausgeber=[[United Nations Environment Programme]]|Titel=Global Deserts Outlook|Jahr=2006|Verlag=United Nations|Ort=[[Nairobi]]|ISBN=978-9280727227|Online=[http://www.unep.org/geo/gdoutlook/ 8,6 MB-PDF-Version als 5,6 MB-Zip-File-online]|Kommentar= englisch und französisch}}
* {{Literatur|Autor=Jonas V. Müller, Maik Veste, Walter Wucherer, Siegmar-W. Breckle|Titel=Desertifikation und ihre Bekämpfung - eine Herausforderung an die Wissenschaft|Sammelwerk=Naturwissenschaftliche Rundschau|Band=Band 59|Nummer=11|Seiten=585–593|Jahr=2006|ISSN=0028-1050}}
* {{Literatur|Autor=Uwe Holtz |Titel=Implementing the United Nations Convention to Combat Desertification from a parliamentary point of view - Critical assessment and challenges ahead |Ort=Bonn |Jahr=2007 |Online=[http://www.unccd.int/cop/cop8/docs/parl-disc.pdf Online-Version; pdf-Datei; 276 kB] |Kommentar=Zwischenbericht der ersten zehn Jahre der UN-Konvention zur Bekämpfung der Desertifikation}}

== Weblinks ==
{{wiktionary|Desertifikation}}
*[http://www.gtz.de/desert GTZ CCD-Projekt: deutsche Schnittstelle der Desertifikationsbekämpfung]
*[http://www.iydd2006.de Deutsche Webseite zum ''International Year on Deserts and Desertification'' der UN] (deutsch)
*[http://www.desertifikation.de/bmz-cd012.html Online-CD-Rom zu Desertifikation (deutsch, englisch, spanisch und französisch)]
*[http://www.fao.org/ag/agl/agll/drylands/index.htm FAO/UNCCD: Informationsportal zum Thema Desertifikation und Trockengebiete]
*[http://www.gtz.de/de/themen/umwelt-infrastruktur/11720.htm GTZ: Der Begriff Desertifikation]
*[http://de.youtube.com/watch?v=b9-6TNq7r04 Video auf YouTube von Arte]

== Einzelnachweise ==
<references/>

[[Kategorie:Klimageschichte]]
[[Kategorie:Biogeographie]]
[[Kategorie:Geographischer Begriff]]
[[Kategorie:Bodenkunde]]
[[Kategorie:Ökologie]]
[[Kategorie:Hydrologie]]
[[Kategorie:Forstwirtschaft]]

[[ar:تصحر]]
[[bs:Dezertifikacija]]
[[ca:Desertització]]
[[cs:Dezertifikace]]
[[en:Desertification]]
[[eo:Dezertiĝado]]
[[es:Desertificación]]
[[et:Kõrbestumine]]
[[fi:Aavikoituminen]]
[[fr:Désertification]]
[[gl:Desertización]]
[[he:מדבור]]
[[hr:Dezertifikacija]]
[[it:Desertificazione]]
[[ja:砂漠化]]
[[ko:사막화]]
[[lt:Dykumėjimas]]
[[mn:Цөлжилт]]
[[nl:Verwoestijning]]
[[nn:Ørkenspreiing]]
[[no:Ørkenspredning]]
[[oc:Desertificacion]]
[[pl:Pustynnienie]]
[[pt:Desertificação]]
[[ru:Опустынивание]]
[[sh:Dezertifikacija]]
[[simple:Desertification]]
[[sk:Dezertifikácia]]
[[sv:Ökenspridning]]
[[ta:பாலைவனமாதல்]]
[[uk:Опустелювання]]
[[vi:Sa mạc hóa]]
[[zh:沙漠化]]
[[zh-yue:沙漠化]]

Version vom 19. März 2010, 10:40 Uhr

Ausgetrockneter Aralsee

Desertifikation oder fortschreitende Wüstenbildung bezeichnet die Verschlechterung des Bodens in relativ trockenen (ariden, semiariden und trocken sub-humiden) Gebieten, die durch unterschiedliche Faktoren einschließlich Klimawandel und menschlicher Aktivitäten herbeigeführt wird.[1] Diese Bodendegradation bewirkt die Ausbreitung bzw. Entstehung von Wüsten oder wüstenähnlichen Verhältnissen. Die meist vorgelagerte Entwicklungsstufe der Steppenbildung wird als Versteppung bezeichnet.

Der Begriff stammt vom lateinischen desertus facere ab, was übersetzt „wüst machen“ oder auch „verwüsten“ bedeutet. Dabei steht der Begriff im Deutschen meist für die Wüstenbildung anthropogenen Ursprungs im Gegensatz zur natürlichen Wüstenbildung. Voraussetzung hierfür ist der Eingriff des Menschen in das jeweilige Ökosystem.

Ursachen

Erosion, hier in Lesotho, bedingt vielerorts die Wüstenbildung
Gebiete arider und teilarider Klimata sind von wüstenbildenden Prozessen am stärksten betroffen.

Desertifikation kann durch Deflation (Windböen), Denudation (Wasser), Versalzung und Skelettierung fortschreiten. Die wesentlichen Ursachen der Desertifikation beruhen auf menschlichen Handlungen, die Desertifikation ist also anthropogen. Daneben spielen aber auch natürliche Schwankungen der Niederschlagsmengen eine Rolle, indem durch Dürreperioden ein Desertifikationsprozess ausgelöst oder verstärkt werden kann.

In Folge der Dürre – und damit verbunden der Hungerkatastrophe in der afrikanischen Sahelzone – gewann Anfang der 1970er Jahre das Problem der Desertifikation immer stärker an Bedeutung. In der 1977 im kenianischen Nairobi erstmals abgehaltenen „United Nations Conference on Desertification (UNCOD)“ kam man zur Übereinkunft, dass die menschliche Degradierung der biologischen Grundlagen durch folgende anthropogene Eingriffe in die Natur geschieht:

Der häufigste Eingriff des Menschen in den Naturhaushalt der Trockengebiete besteht in der Überweidung, das heißt, der Viehbestand pro Fläche ist unter den gegebenen trockenen klimatischen Verhältnissen zu groß. Durch das Weiden wird deshalb die Pflanzendecke immer schütterer und der Boden wird aufgelockert. Die Folge ist eine zunehmende Erosion, wodurch dem Pflanzenwuchs die Basis noch weiter entzogen wird.

An zweiter Stelle ist eine unangepasste ackerbauliche Nutzung zu nennen. Verkürzte Brachezeiten, fehlerhafte Bewässerungstechniken, die Erosion begünstigendes Pflügen auf geneigten Flächen in Hangneigung und ungeeignete Pflanzen sind Ursachen von Bodenveränderungen, die zu geringerem Bewuchs und damit stärkerer Erosion führen. Durch chemische Stoffe wie Dünger oder Pestizide und maschinelle Verdichtung wird das Bodenleben beeinträchtigt, was bis zur Ausrottung von Regenwürmern führen kann.

Schließlich ist auch die Entwaldung in Trockengebieten als wichtige Ursache der Desertifikation zu nennen. Die Gewinnung von Ackerland und der Bedarf an Brenn- und Bauholz haben in vielen ariden Gebieten der Erde den Baumbestand dramatisch reduziert, insbesondere in vielen dichtbesiedelten Regionen Afrikas, in denen Holz auch heute noch den wichtigsten Energieträger darstellt.

Die Bekämpfung der Desertifikation gestaltet sich jedoch äußerst komplex. Übernutzung und Klimavariationen können identische Auswirkungen haben und in Rückkopplungen verbunden sein, was es sehr schwierig macht, die Ursachen für ein Vorrücken der Wüste zu identifizieren, und geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen. Hier kommt der Erforschung der Vergangenheit (historische Desertifikation) eine besondere Rolle zu, da sie eine bessere Unterscheidung zwischen natürlichen und anthropogenen Faktoren ermöglicht. Neuere Forschungsergebnisse zur historischen Desertifikation in Jordanien lassen es dabei fraglich erscheinen, ob die aktuellen Maßnahmen zum Schutz der Vegetation und der Böden unter fortschreitendem Klimawandel zum Erfolg führen können, und ob der Einfluss des Menschen nicht deutlich überschätzt wurde. Fortschreitende Erwärmung könnte z.B. zum Absterben aufgeforsteter Wälder führen.

Folgen

Nach Schätzungen des Millennium Ecosystem Assessment der Vereinten Nationen sind weit über eine Milliarde Menschen und etwa ein Drittel aller landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der Erde von Bodendegradation und damit potenziell auch von Desertifikation betroffen. Dies gilt insbesondere für weite Teile Nordafrikas im Bereich der Sahelzone, für Südafrika, Zentral- und Südasien, Australien, Teile Nord- und Südamerikas sowie Südeuropa.

Die Folgen der Desertifikation sind aus ökologischer wie ökonomischer Hinsicht tiefgreifend und dabei fast durchweg negativ. Die land- und insbesondere forstwirtschaftliche Produktivität, Artenvielfalt und auch die Individuenzahl nehmen markant ab, was gerade in ärmeren Ländern aufgrund der dort großen Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen sowie durch die meist geringen Reserven und Ausweichmöglichkeiten schwerwiegende Folgen haben kann. Desertifikation verringert die Verfügbarkeit von elementaren Ökosystem-Dienstleistungen und gefährdet die menschliche Sicherheit. Sie stellt daher ein wichtiges Entwicklungshindernis dar, weshalb die Vereinten Nationen das Jahr 2006 zum Internationalen Jahr der Wüsten und Wüstenbildung proklamiert haben.

Gegenmaßnahmen

Wiederaufforstungsprojekt in Senegal, um die Desertifikation aufzuhalten

Eine wirksame Gegenstrategie zur Desertifikation lässt sich im Regelfall nur durch ein Maßnahmenpaket mit sowohl forst- und landwirtschaftlichen wie auch sozialen und politischen Aspekten umsetzen. So lassen sich beispielsweise Wiederaufforstungsprojekte zusammen mit der Anlage von Waldschutzstreifen nur dann dauerhaft umsetzen, wenn in der lokalen Bevölkerung einerseits ein Problembewusstsein und andererseits eine Alternative zum Feuerholz existiert. Dabei sind auch Fragen des lokalen Bevölkerungswachstums und der Verstädterung entscheidend, da sie derartige Alternativen oft unmöglich machen können.

Als Maßnahme gegen die Desertifikation werden oft Stein- oder Lehmwälle errichtet, um das geringe Aufkommen an Niederschlägen aufzustauen. Dabei reicht es aus, 30 bis 40 cm hohe Anlagen zu errichten. Gleichzeitig müssen in der Regel Bildungsmaßnahmen für die Bevölkerung hinsichtlich der Wartung der Dämme erfolgen, damit das Wasser, wie vor der Errichtung des Dammes, nicht unkontrolliert versickert. Auf den entstandenen Feldern können in der Folge Futterpflanzen, wie zum Beispiel Hirse, angepflanzt werden.

Eine weitere Strategie gegen die Ausbreitung der Wüste könnte der Einsatz von sparsamen Öfen sein. Da sie deutlich weniger Brennholz benötigen, sinkt auch die Brennholzentnahme. Durch die leichte Bauweise dieser fortschrittlichen Geräte soll es den Anwohnern ermöglicht werden, selbst einen solchen Ofen zu bauen. Diese Methode stärkt die eigene Wirtschaft und reduziert die Entnahme von Holz.

Weiterhin ist es notwendig, auch die ökonomischen und politischen Probleme der betroffenen Länder zu lösen, um eine wirksame und langfristige Bekämpfung der Desertifikation zu erreichen. Ein in der Entwicklungszusammenarbeit häufig diskutierter und vielversprechender Ansatz sind agrarforstliche Maßnahmen. Dabei werden auf Ackerflächen Bäume gepflanzt. Diese bremsen einerseits die Erosionswirkung des Windes und andererseits mindern sie aufgrund ihrer Schattenwirkung die Verdunstungsverluste und steuern so der Austrocknung des Bodens entgegen.

Siehe auch

Literatur

  • Helmut Geist: The Causes and Progression of Desertification. Abingdon, Ashgate 2005, ISBN 0-7546-4323-9.
  • Bernhard Lucke: Demise of the Decapolis. Past and Present Desertification in the Context of Soil Development, Land Use, and Climate. Vdm Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-639-00613-1 (PDF 143 MB online – Kurzfassung deutsch und englisch).
  • Horst G. Mensching: Desertifikation. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-02238-6.
  • Zafar Adeel: Ecossytems And Human Well-being: Desertification Synthesis Report of the Millennium Ecosystem... Hrsg.: Millennium Ecosystem Assessment. World Resources Institute, Washington (DC) 2005, ISBN 978-1-56973-590-9 (36 Seiten 3 MB PDF).
  • Kayode Salau (Hrsg.): Bildkorrekturen. Der Desertifikation auf der Spur. Wie der Entwicklung der Boden entzogen wird. Internationale Weiterbildung und Entwicklung (InWEnt), Bonn 2005, ISBN 3-937235-95-7.
  • United Nations Environment Programme (Hrsg.): Global Deserts Outlook. United Nations, Nairobi 2006, ISBN 978-92-807-2722-7 (8,6 MB-PDF-Version als 5,6 MB-Zip-File-online – englisch und französisch).
  • Jonas V. Müller, Maik Veste, Walter Wucherer, Siegmar-W. Breckle: Desertifikation und ihre Bekämpfung - eine Herausforderung an die Wissenschaft. In: Naturwissenschaftliche Rundschau. Band 59, Nr. 11, 2006, ISSN 0028-1050, S. 585–593.
  • Uwe Holtz: Implementing the United Nations Convention to Combat Desertification from a parliamentary point of view - Critical assessment and challenges ahead. Bonn 2007 (Online-Version; pdf-Datei; 276 kB – Zwischenbericht der ersten zehn Jahre der UN-Konvention zur Bekämpfung der Desertifikation).
Wiktionary: Desertifikation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Definition nach UNCCD; auf der Homepage des UN-Umweltprogrammes, abgerufen am 29. Dezember 2007